Deutsche Oper Berlin zieht Esel aus geplanter Rossini-Aufführung ab

Deutsche Oper Berlin zieht Esel aus geplanter Rossini-Aufführung ab  Deutsche Oper Berlin, 8. September 2023

Deutsche Oper Berlin, 8. September 2023 (Bild ©)

von Kirsten Liese, Berlin

Es kann für mich keine schönere Nachricht geben, als wenn wachsame Tierschützer bewirken, dass ein Opernhaus oder Theater davon absieht, Tiere als Akteure auf einer Bühne zu benutzen so wie aktuell die Deutsche Oper Berlin im Fall eines Esels.

Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. (DJGT) hatte sich vor wenigen Tagen zusammen mit sieben Tierschutzorganisationen in einem offenen Brief an das Opernhaus und die Regisseurin Katharina Thalbach gewandt und dazu aufgefordert, keinen Esel in der Wiederaufnahme von Rossinis Produktion „Der Barbier von Sevilla“ auf die Bühne zu bringen. Aus internen Kreisen des Opernhauses war bekannt geworden, dass der Esel im Backstage-Bereich eine Treppe bewältigen sollte, die er scheute und daraufhin drangsaliert worden war.

Der Brief, den klassik-begeistert veröffentlichte und auch hier unter zahlreichen Leserinnen und Lesern für Empörung und kontroverse Diskussionen sorgte, hat erfreulicherweise schnell Wirkung gezeigt: Wie mir die Pressestelle der Deutschen Oper Berlin schon tags zuvor auf Nachfrage versicherte, wollte man den Esel nicht mehr auf die Bühne stellen. Zuschauer der betroffenen Vorstellung am 6. September haben das gegenüber der DJGT bestätigt.

Wir gratulieren der Deutschen Oper Berlin zu dieser Entscheidung! Es ist der zweite Fall seit dem Kaninchen-Skandal im Herbst vergangenen Jahres an der Staatsoper Unter den Linden, Berlin, der sich deutlich zäher gestaltete, aber zum Glück nach längeren Verhandlungen dazu führte, dass das Haus auf Plüschtiere umstellte.

Eine Pressemitteilung hat die Deutsche Oper Berlin zu dem Esel leider nicht veröffentlicht, aber wir hoffen, dass auch in künftigen Aufführungen weder Esel noch andere Wildtiere an diesem Haus und anderen Opernhäusern zu Bühnenauftritten genötigt werden.

Immerhin zeigt der Fall, wie wichtig Wachsamkeit ist und dass es sich lohnt, mit vereinten Kräften für die Tiere zu streiten und eine Öffentlichkeit zu schaffen. Sie selbst sind den Menschen hilflos ausgeliefert.

Als Patin diverser Schweine, Kühe, Schafe und Esel von Gnadenhöfen wie Hof Butenland, Erdlingshof oder Land der Tiere erfreue ich mich immer, wenn mir Videos zugehen, die demonstrieren, wie geschundene Tiere aufblühen, wenn sie liebevoll behandelt und gestreichelt werden. Das sollte nicht nur das Privileg von Hunden und Katzen sein.

Auch unter Künstlern gibt es einige Persönlichkeiten, die sich geradezu vorbildlich unseren Mitgeschöpfen widmen wie allen voran Riccardo Muti, der in Italien auf seinem großen Anwesen zwei Esel hält, die ihre Freiheit genießen, von ihm geliebt und gekrault werden.

Wie schön wäre es doch, wenn endlich auch Regisseure mehr Empathie für die Fellnasen zeigen würden, anstatt sie für etwas Aufsehenerregendes auf der Bühne leiden zu lassen. Wer das nötig hat, ist – mit Verlaub – kein guter Regisseur.

Kirsten Liese, 8. September 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Pressemitteilung der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V. (DJGT)

Erfolg für den Tierschutz – Deutsche Oper Berlin zieht Esel aus der Vorführung ab

Berlin, 8. September 2023

Tiere auf der Bühne – das ist nicht mehr zeitgemäß und zeugt von mangelndem Respekt gegenüber dem Tier. Nach der Mitteilung des Chefdramaturgen der Deutschen Oper in Berlin, Jörg Königsdorf, in dem Stück „Der Barbier von Sevilla“ einen lebenden Esel einsetzen zu wollen, hat die Deutsche Oper nunmehr in der Vorstellung am 6. September 2023 auf den Einsatz des lebenden Esels verzichtet.

Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht hatte zwei Tage vor der Aufführung zusammen mit sieben andere Tierschutzorganisationen, die in Berlin tätig sind, in einem offenen Brief an die Verantwortlichen der Deutschen Oper sowie an Katharina Thalbach, die das Stück inszeniert, appelliert, keinen lebenden Esel in dem Stück „Der Barbier von Sevilla“ einzusetzen.

Zuschauer berichteten nunmehr, dass die Aufführung am Mittwoch, den 6. September 2023, ganz ohne lebenden Esel durchgeführt worden sei. Ein offizielles Statement der Deutschen Oper, warum letztendlich auf den lebenden Esel verzichtet wurde, gibt es nach unserer Kenntnis nicht.

„Im Fall des Esels wurde uns bereits vor einigen Monaten mitgeteilt, dass dieser im Rahmen von Proben für das Stück „Der Barbier von Sevilla“ in Dunkelheit eine Treppe hinabsteigen sollte, dies aber nicht tun wollte und daraufhin arg drangsaliert wurde“, so Patrick Merkle, Vorstandsmitglied der DJGT. „Wir können nur vermuten, dass die Verantwortlichen der Deutschen Oper eingesehen haben, dass der Einsatz eines Esels auf der Bühne absolut instinktwidrig für das intelligente Tier ist und Leid bedeutet, und den Einsatz deswegen abgesagt haben“, so Merkle weiter.

Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht wird eventuelle weitere Einsätze des Esels im Auge haben und, wenn nötig, im Rahmen des in Berlin für Tierschutzorganisationen bestehenden Verbandsklage- und -beteiligungsrechts gegen etwaige weitere artwidrige und leidvolle Auftritte des Esels vorgehen.

In der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V. mit Sitz in Berlin setzen sich Juristen aus allen Rechtsgebieten und Berufsgruppen gemeinsam für eine Stärkung und Weiterentwicklung des Tierschutzrechts ein.

Keine echten Kaninchen mehr in Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“ Berlin, 9. April 2023

Kaninchen-Skandal in der Berliner Staatsoper – der letzte Akt klassik-begeistert.de, 27. Oktober 2022

Offener Brief „Esel sind keine Opernsänger“ klassik-begeistert.de, 4. September 2023

„Richard Wagner wollte keine Kaninchen auf der Bühne“, Berliner Staatsoper klassik-begeistert.de, 21. Oktober 2022

 

 

11 Gedanken zu „Deutsche Oper Berlin zieht Esel aus geplanter Rossini-Aufführung ab
Deutsche Oper Berlin, 8. September 2023“

  1. Klassik begeistert, vielen Dank für diesen Beitrag. Und Klassik kann ja durchaus auch – und gerade – ohne lebende Tiere begeistern. Ich denke, auch ohne lebenden Esel war die Vorführung gut besucht und die Menschen voll positiver Kritik – nunmehr auch die Menschen, die es zu Recht kritisieren, Kunst und Theater auf dem Rücken lebender Tiere zu machen. Für den Esel freue ich mich am allermeisten.

    Barbara Felde

  2. Die Einsicht der Deutschen Oper ist sehr erfreulich und man kann nur hoffen, dass Kulturschaffende in Zukunft von sich aus darüber nachdenken, ob sie wirklich lebende Tiere für ihre Zwecke instrumentalisieren müssen oder sich nicht lieber auf ihre eigene Kreativität verlassen wollen.

    Carolin Dörr

  3. Als Mitglied in der DJGT und aktiver Jurist/Anwalt, der sich für Tierschutz einsetzt, freue ich mich über den erfolgreichen Einsatz und – besonders – für den Esel.
    Schade ist, dass solche Aktionen notwendig sind. Peinlich auch, dass es wohl keine Pressemeldung des Veranstalters gibt. Was sagt denn Frau Thalbach dazu, so mit Tieren umzugehen?

    Jürgen Kutzki

  4. Und was wird nun aus dem Esel? Wird er geschlachtet? Aus den Augen aus dem Sinn, Hauptsache wir sehen etwas nicht, was sonst unser Gemüt beschweren könnte.

    Wolfgang Schulta

  5. Auch ich beglückwünsche den Esel zu seiner vorzeitigen Entlassung und danke allen, die sich für sein eselwürdiges Leben eingesetzt haben!

    Im Landschaftstierpark Arche Warder kann man die freundlichen Langohren übrigens als Landschaftspfleger bestaunen. Das kommt ihnen mehr entgegen als das Theaterleben.

    Grischa Merkel

  6. Ich habe Verständnis für die Tierschützer.
    Auffällig ist hier die Menge der Meldungen zu diesem Artikel.
    Ebenfalls die „Kaninchen-Affäre“ im Berliner „Ring“ hatte diese starke Beteiligung mit Kommentaren.
    Lieber wäre es mir aber, es würden sich ebenfalls so viele Leser melden, über das weinende Kind in der Elbphilharmonie, worüber hier noch nicht berichtet wurde. Hier wurde das Publikum erheblich gestört und es findet hier keinerlei Erwähnung.

    Jürgen Schemetat

    1. Lieber Herr Schemetat,
      herzlichen Dank, ich war leider dabei, als der SÄUGLING in der Elphi plärrte, aber der Elphi-Chef (ein Wiener) lässt leider alle rein, auch mit klatschnasser Funktionskleidung in den schönen Großen Saal.
      Leider wird in diesem Konzerthaus von den Lenkern vergessen, dass es die Hamburger Steuerzahler waren, die diesen fast-Milliarden-Euro-Bau finanziert haben. Und die wollten mit Sicherheit keine Funktionskleidung und keine plärrenden Säuglinge an Mutters Brust. Aus pseudodemokratischer Gesinnung wird hier leider gestattet, dass eine lärmende und filmende Minderheit der Mehrheit – die ein Konzert gesittet erleben möchte – immer wieder – nicht immer! – den Abend vermiest.

      Herzlich,

      Andreas Schmidt, Herausgeber

      1. Ach, in Hamburg verplärren Babys auch schon die Vorstellung? Und ich dachte, das gehört nur in Bonn zum (nicht ganz so) guten Ton. Da hat auch erst vor Kurzem ein schreiendes Baby Beethovens Neunte zerstört. Beim BEETHOVEN-FEST, dem größten kulturellen Event von Beethovens Geburtsstadt! Besonders verstörend: Die Mutter offenbarte sich als Inkarnation der Ignoranz und ließ das Baby einfach plärren, während Intendanz und Personal wohl durch Untätigkeit glänzten:
        https://rp-online.de/kultur/musik/vorfall-in-bonn-muessen-babys-beim-beethoven-konzert-draussen-bleiben_aid-97118545

        Wäre ich dabei gewesen, ich hätte Schadensersatz verlangt. Man weiß gar nicht, was man trauriger finden soll: Den himmelschreienden Egoismus der Mutter oder die völlige Inkompetenz der Veranstalter. So gräbt sich unsere Kultur jedenfalls ihr eigenes Grab.

        Daniel Janz

  7. Vielen Dank für den Artikel und herzlichen Dank an die engagierten Personen, die erwirkt haben, dass der Esel nicht mehr ausgenutzt wird!

    Caroline

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