Berliner Philharmonie © Heribert Schindler
Das Publikum zeigt sich am Ende ehrlich begeistert, und überschüttet Grosvenor mit ausdauerndem Applaus. Dem bleibt am Ende nichts Anderes übrig, als Schumanns „Abendlied“ als Zugabe zu spielen. Mit dem Busoni-Konzert hat sich Grosvenor nachdrücklich in die Berliner Konzert-Annalen eingetragen!
Ethel Smyth
Ouvertüre zu The Wreckers
Robert Schumann
Symphonie Nr. 3 „Rheinische“
Ferruccio Busoni
Konzert für Klavier und Orchester
mit Männerchor
Benjamin Grosvenor Klavier
Herren des Rundfunkchores Berlin
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Robin Ticciati Dirigent
Philharmonie Berlin, 24. Februar 2024
von Peter Sommeregger
Ein in seiner Vielfalt ungewöhnliches Konzertprogramm hatte Robin Ticciati für diesen Abend zusammengestellt. Erfreut registriert man, dass die britische Komponistin Ethel Smyth allmählich, immerhin 80 Jahre nach ihrem Tod, häufiger auf Spielplänen erscheint. Ticciati hatte in London und vor Ort 2022 bereits konzertante Aufführungen der „Wreckers“ zum Erfolg geführt, an diesem Abend macht die Ouvertüre erneut Appetit auf das gesamte Werk.
Etwas verstolpert dagegen der Einstieg in Schumanns „Rheinische“. Immer wieder gab es da Momente mangelnder Koordination, auch die Tempi erschienen mehrfach mehr gehetzt als beschwingt. Es dauerte bis zum letzten Programmpunkt, bis eine wirkliche Harmonie zwischen dem durchaus gut disponierten Orchester und dem Dirigenten spürbar wurde.
Der wesentliche Programmpunkt fand allerdings auch erst nach der Pause statt. Der junge britische Pianist Benjamin Grosvenor wagte sich an Ferruccio Busonis Klavierkonzert mit Männerchor, einem der ungewöhnlichsten und herausforderndsten seiner Gattung. Grosvenor hatte das gewaltige Stück erst für diese Konzerte einstudiert, so wurde man Ohrenzeuge eines fulminanten Debüts.
Busonis unmittelbar nach der vorletzten Jahrhundertwende entstandenes Werk ist schon von seiner Dauer von deutlich über einer Stunde ein Prüfstein für jeden Solisten. In fünf Abschnitte gegliedert, verlangt es neben dem schieren Kraftaufwand auch äußerste Konzentration und Flexibilität vom Solisten. Grosvenor wirkt ungemein sicher in seiner Beherrschung des Klavierparts, man kann kaum glauben, dass er es in diesen Konzerten zum ersten Mal öffentlich spielt. Mit scheinbarer Gelassenheit bewegt er sich durch die komplizierten Passagen des Werkes, immer bestens abgestimmt mit Ticciati, dem dieses Stück auch am Herzen zu liegen scheint, und dem Orchester, das im Einklang mit dem Solisten glänzte.
Die Herren des Rundfunkchores Berlin setzen mit der kurzen, aber markanten Passage des Chores ein weiteres Highlight in diesem an Höhepunkten reichen Ausnahmewerk. Trotz, oder gerade wegen seines Schwierigkeitsgrades würde man dem Werk gerne häufiger im Konzertsaal begegnen.
Das Publikum zeigt sich am Ende ehrlich begeistert, und überschüttet Grosvenor mit ausdauerndem Applaus. Dem bleibt am Ende nichts Anderes übrig, als Schumanns „Abendlied“ als Zugabe zu spielen. Mit dem Busoni-Konzert hat sich Grosvenor nachdrücklich in die Berliner Konzert-Annalen eingetragen!
Peter Sommeregger, 25. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
CD-Rezension: Benjamin Grosvenor, Schumann & Brahms klassik-begeistert.de, 22. April 2023
Buch-Rezension: Ethel Smyth, Paukenschläge aus dem Paradies klassik-begeistert.de, 20. August 2023