Ohne Liebe gibt es keine Zukunft

Richard Wagner (1813 – 1883), Die Walküre  Hessisches Staatstheater Wiesbaden, 29. März 2024
Walküre, Staatstheater Wiesbaden, Gerd Grochowski © Karl und Monika Forster
Der Ring des Nibelungen | Erster Tag


Richard Wagner (1813 – 1883)
Die Walküre                                                                                                                                    In deutscher Sprache mit Übertiteln.

Libretto vom Komponisten
Uraufführung 1870 in München

Hessisches Staatstheater Wiesbaden, 29. März 2024

von Dr. Bianca Maria Gerlich

Vom Nomadenzelt ins Militärzelt – so könnte man den Schritt vom „Rheingold“ zur „Walküre“ von Laufenberg im Staatstheater Wiesbaden zusammenfassen. Ging es im „Rheingold“ noch halbwegs archaisch zu, indem sich die Götter um das Lagerfeuer zur Beratung zusammenscharrten, wartete die „Walküre“ mit Militäruniformen auf und zeigte Kriegsbilder in Videoeinspielungen. Das Lagerfeuer ist zum Gewehrfeuer geworden.

Energisch dirigierte Michael Güttler sein Orchester, gleich die ersten Streicher-Passagen in der Einleitung stachen mit so viel Wut hervor, dass man fühlte, das werde ein stürmischer Abend werden. Deutlich war ihm beim Schlussapplaus ins Gesicht geschrieben, wie sehr echauffiert er gewesen sein muss. Er hatte gut damit zu tun, dass Orchester und die Sänger zusammenzuhalten. Manchmal verspielte sich das Blech, leider mitten in Sieglindes schöner Erzählung von ihrer traurigen Hochzeit. Doch insgesamt war es eine wirklich gelungene Leistung vom Orchester.

Deutlich mehr als am vorigen Abend hatte Güttler nun zu tun, die Sänger anzuleiten. Sein massives Kopfschütteln verriet selbst dem Laien, wenn die Sänger den Einsatz verpatzt hatten. Sie hatten sich im Vergleich zum „Rheingold“ allerdings deutlich gesteigert, so als ob sie für die „Walküre“ Reserven aufgehoben hatten. Abgesehen von den Rollen des Wotan und der Fricka, deren Sänger dieselben waren, waren einige andere doppelt besetzt.

Die Walküre, Staatstheater Wiesbaden, Richard Furman, Sabina Cvilak © Karl und Monika Forster

Ein Highlight war für mich Betsy Horne als Sieglinde. Sie hätte am Abend zuvor die Freia singen sollen, war aber erkrankt. Vor dem dritten Aufzug der „Walküre“ wurde dementsprechend angesagt, dass sie etwas indisponiert sei. Doch davon war wenig zu hören. Sie sang eine wunderbare, ausdrucksstarke Sieglinde. Ihre Töne strahlten, ihre Hochzeits-Erzählung gelang hervorragend und ebenso im dritten Aufzug der Jubel über ihr empfangenes Kind. Schön zu sehen, wie alle Walküren die Arme dabei weit ausbreiteten. Das ist sehr passend, denn es erklingt ja nur an dieser Stelle schon einmal die Musik, mit der der ganze Ring enden wird und uns jetzt schon verheißt, dass es ohne Liebe keine Zukunft gibt.

Sehr gesteigert hat sich Simon Bailey als Wotan. Das war expressiv, stimmlich und von der Spielfreude wunderbar. Ein wirklich guter Wotan! Chapeau! Ebenso gesteigert hat sich Young Doo Park als Hunding. Vielleicht lag es auch daran, dass er hier deutlich mehr zu singen hatte und demnach mehr von sich präsentieren konnte denn als Fafner im „Rheingold“. Dort hatte er schon sehr finster gewirkt, das kam ihm jetzt als böser Ehemann zugute. Die Stimme gefällt mir in dieser Rolle wirklich außerordentlich gut. Ihn und Bailey kann ich mir gut in Bayreuth und anderen großen Bühnen vorstellen. Auch Aaran Cawley war doppelt eingesetzt: im „Rheingold“ mit der relativ kleinen Rolle des „Froh“, jetzt als tragischer Held „Siegmund“.

Walküre, Staatsheater Wiesbaden, Margarete Joswig © Karl und Monika Forster

Manuela Uhl überzeugte als jugendliche Brünnhilde. Sie beherrschte und spielte die Partie sehr gut, viel ließ sich an ihrer Mimik ablesen. Das war auch der Fall bei ihrer Stiefmutter Freia, wie schon im „Rheingold“ wunderbar gesungen und interpretiert von Katrin Wundsam. Eine wahrhaftig souveräne Göttergattin, sie wirkte dabei auch gar nicht unsympathisch, wie das manchmal bei Fricka so ist, die ja doch zur Spielverderberin von Wotans Plänen wird.

Das Team der „Walküren“ harmonierte gesanglich, was nicht selbstverständlich ist und dementsprechend hier gewürdigt wird, es komplettierte ein gut aufgestelltes Ensemble.

Außer einem Militärzelt hatte das Bühnenbild eine Gaststätte anstelle von Hundings Wohnzimmer zu bieten, natürlich mit Baum im Raum, wie sich das gehört. Brünnhildes „Felsen“ stand im Pferdestall, leider ohne Pferde, dafür mit großem Denkmal als Felsen für Brünnhilde, in das sie prompt am Ende eingesperrt wurde und in undankbarer Pose schlafen muss, inmitten Feuerzauber mittels Feuerschalen, feurigen Bodenfontänen und loderndem Feuer und Bombardement als Videoeinspielung. Da steht sie nun, die imposante Statue der eigentlichen Heldin des Rings, und wartet auf ihren Erwecker.

Dr. Bianca Maria Gerlich

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