Dresdner Philharmonie: Spätromantischer Ohrenschmaus

Dresdner Philharmoniker, Bertrand de Billy, Maria Bengtsson,  Philharmonie Dresden

Foto: © Marco Borggreve

Philharmonie Dresden, 22. Juni 2018
Dresdner Philharmoniker, Dirigent: Bertrand de Billy
Solistin: Maria Bengtsson, Sopran

von Peter Sommeregger   

Eingeleitet wurde das – erschreckend schlecht besuchte – Konzert mit dem Notturno für Streicher und Harfe (ohne Opuszahl) von Arnold Schönberg. Hatte ein Teil des Publikums beim Namen Schönberg schwer verdauliche Zwölftonmusik erwartet, so sah es sich mit einem ganz der Spätromantik zuzuordnenden kurzen, aber sehr effektvollen Stück konfrontiert. In seiner frühen Schaffensperiode hatte der Komponist ja bekanntlich noch tonal komponiert.

Mit Spannung wurde der zweite Programmpunkt erwartet: die so genannten Vier letzten Lieder von Richard Strauss. Als Solistin für die Lieder nach Texten von Hermann Hesse (3) und Joseph von Eichendorff (1) trat die international geschätzte, in Dresden durch Auftritte an der Semperoper bekannte schwedische Sopranistin Maria Bengtsson hervor. Leider konnte sie an diesem Abend die in sie gesetzten Erwartungen nicht ganz erfüllen. Zwar konnte man in den höheren Lagen den Farbenreichtum und die Schönheit des Timbres ihres technisch gut ausgebildeten Soprans bewundern, in der Mittellage und Tiefe fehlte es ihr aber – zumindest an diesem Abend – am nötigen Volumen, was sich doch stark auf Kosten der Hörbarkeit auswirkte. Trotzdem dankte ihr das Publikum mit lange anhaltendem, verdientem Applaus.

Nach der Pause wurde mit Erich Wolfgang Korngolds Sinfonie Fis-Dur op.40 ein weiteres, zu seiner Entstehungszeit 1947 – 1952 schon anachronistisch spätromantisches Werk gegeben. Korngolds Karriere, die als gefeiertes Wunderkind mit seiner ersten Oper „Die tote Stadt“ begonnen hatte, und mit der Machtergreifung der Nazis ein jähes Ende gefunden hatte, setzte der Komponist erfolgreich in Hollywood als Filmkomponist fort, was ihm nicht nur einen Oscar, sondern auch bleibenden Nachruhm beschert hat. Mit diesem Stück, das zumindest in seiner Einleitung zum Modernsten gehört, was Korngold je geschrieben hat, versuchte Korngold nach dem Krieg wieder in Wien an seine alten Erfolge anzuknüpfen. Dem einleitenden Moderato folgt ein geschickt inszeniertes Scherzo mit wirkungsvollen Hörnerfanfaren, das breit ausladende Adagio enthält auch das Hauptthema aus Korngolds mit dem Oscar ausgezeichneten Filmmusik zu „Anthony Adverse“. Das abschließende schwungvolle Finale mit Soli von Querflöten und Piccoli gibt dem Orchester Gelegenheit, seine Qualität nachhaltig unter Beweis zu stellen. Die 1954 beim Österreichischen Rundfunk stattgefundene Uraufführung führte allerdings zu keinem bleibenden Erfolg. Die musikalische Entwicklung in Europa hatte eine ganz andere Richtung genommen.

Der Dirigent Bertrand de Billy, seit 2014 erster Gastdirigent der Dresdner Philharmonie, scheint eine starke Affinität zur Musik der Spätromantik zu haben und entlockte dem ihm willig folgenden Orchester den ihm eigenen satten Klang. Einmal mehr konnte man feststellen, dass Dresden mit seiner neuen Philharmonie im alten Kulturpalst  optisch und akustisch ein großer Wurf gelungen ist. Das nicht sehr zahlreiche Publikum dankte dem Orchester mit lange anhaltendem Applaus.

Peter Sommeregger, 24. Juni 2018, für
klassik-begeistert.de

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