Semperoper Dresden: Ein Fest für Schostakowitsch

Dmitri Schostakowitsch, Sonderkonzert, Yuri Temirkanov, Sächsische Staatskapelle,  Semperoper Dresden

Foto: IMG Artists (c)
Sonderkonzert am Vorabend der Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch

Semperoper Dresden, 21. Juni 2018

von Peter Sommeregger

Bereits zum neunten Mal finden in diesem Jahr im kleinen Ort Gohrisch in der Sächsischen Schweiz die Internationalen Schostakowitsch Tage statt. Der Komponist hatte dort mehrmals Urlaub gemacht, das erklärt die Wahl des Ortes für das jeweils dreitägige Festival. Tradition ist bereits auch, dass jeweils am Vorabend in der Dresdner Semperoper stattfindende Sonderkonzert.

In diesem Jahr wurde das Konzert von Yuri Temirkanov geleitet, dem international renommierten Chefdirigenten der Sankt Petersburger Philharmoniker. In Dresden ist er kein Unbekannter, hat er doch seit den 1970er-Jahren immer wieder die Staatskapelle dirigiert. Auf dem Programm standen drei sehr anspruchsvolle Werke. Eröffnet wurde das Konzert mit der Festlichen Ouvertüre A-Dur op. 96, einem vergleichsweise späten Werk. Der beinahe schneidende Klang der hervorragenden Blechbläser der Sächsischen Staatskapelle eröffnet das kurze, sehr pointierte Stück, das tatsächlich als Auftakt und Einstimmung auf den Abend sehr geeignet ist.

Der Ouvertüre folgte das häufig gespielte Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester Nr. 1 c-Moll op.35. Den Klavierpart übernahm der diesjährige „Artist in Residence“ der Staatskapelle, Denis Matsuev, die Solotrompete spielte das Orchestermitglied Helmut Fuchs. Das traditionell viersätzige Werk ist in seiner stilistischen Vielfalt bemerkenswert, die mit dem Klavier zeitweise schroff kontrastierende Solotrompete setzt durchaus ironisch gemeinte Akzente. Die hervorragenden Solisten und die in dem Stück besonders geforderten Streicher der Staatskapelle werden zu Recht bejubelt. Nicht jedermanns Geschmack ist das zuweilen doch sehr martialisch auftrumpfende Spiel des Pianisten Matsuev, der auch noch eine (nicht angesagte) Zugabe gibt, wohl eine Improvisation, mit der er seine technische Brillanz einmal mehr unter Beweis stellt und das Publikum förmlich von den Sitzen reißt.

Nach der Pause folgt die Symphonie Nr.5 d-Moll op.47, die den Untertitel „Das Werden der Persönlichkeit“ trägt. Diese Symphonie entstand als erstes größeres Werk des Komponisten nach der ideologisch bedingten scharfen Kritik der „Prawda“ an der Oper „Lady Macbeth von Mzensk“, die Schostakowitsch in große persönliche Gefahr gebracht hatte. Dies dürfte wohl der Grund dafür sein, dass der Komponist uns hier mit einem etwas vereinfachten musikalischen Vokabular begegnet. Trotzdem meint man förmlich den Widerstreit zwischen individueller Schöpfung und einer ideologisch vorgegebenen Formenstrenge zu spüren. Aber gerade diese Zerrissenheit macht vielleicht den Reiz dieser großen Symphonie aus, deren peitschendes Finale die Sächsische Staatskapelle mit der ihr eigenen Virtuosität ausführt.

Am Ende tosender Applaus des festlich gestimmten Publikums für „seine“ Kapelle und den in Dresden sehr beliebten Yuri Temirkanov.

Peter Sommeregger, 24.Juni 2018, für
klassik-begeistert.de

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