„Ich gehör nur mir“ – Die selbstbewusste „Kaiserin“ beehrt Berlin im Theater des Westens

ELISABETH, Das Musical  Theater des Westens, 6. März 2025

Das Musical „Elisabeth“ © Zheng Tianran

ELISABETH

Das Musical von Sylvester Levay (Musik) und Michael Kunze (Buch und Gesangstexte)

Schönbrunn-Version, Halbszenische Aufführung

Inszenierung: Gil Mehmert
Es spielt ein Orchester unter der Leitung von Ratan Jhaveri

Theater des Westens, Berlin, 6. März 2025

von Ralf Krüger

Am Ende finden sie doch zueinander. Durch die schrecklichen Ereignisse in Genf sind sie ein Paar. Doch schon einen Großteil ihres Lebens buhlt Er um Sie. Und spätestens als Sie ihren Sohn verliert und nur noch in schwarzer Kleidung durchs Leben geht, gefallen Ihr die gelegentlichen Flirts mit IHM, dem ganz in Weiß stolzierenden Herrn.

Elisabeth, Kaiserin von Österreich, und der TOD sind in einer Musicalversion, die für den Schlosspark von Schönbrunn entstand, für rund einen Monat wieder zurück in Berlin.

Der Opernregisseur Harry Kupfer, der nicht nur die Uraufführung des Originals 1992 im Theater an der Wien verantwortete, inszenierte auch die Berliner Version, die ab April 2008 für mehrere Monate die Musical-Welt ins Theater des Westens lockte. Wer Glück hatte, konnte Pia Douwes nochmal in ihrer Rolle als Elisabeth erleben, die meisten sahen ihre würdige Nachfolgerin Annemieke van Dam.

Meine Frau und ich besuchten das Musical dann erneut einige Jahre später in Wien am Raimund-Theater. Wir wandelten fortan parallel auf den Spuren der wahren Sisi. Von der Hermesvilla im Lainzer Tiergarten bis zum Schloss Gödöllő in Ungarn besuchten wir fast alle Museen, die sich mit der Monarchin beschäftigten. Bücher und Biografien ergänzten das erlangte Wissen.

Lohnt es sich da, nach so vielen Jahren, dieses Musical noch einmal aufzuwärmen? Kann es gegen wunderbare Erinnerungen bestehen, mit pulsierenden Theaterabenden konkurrieren?

Elisabeth – Das Musical ist eine Tourneeproduktion, die großflächig in der Stadt beworben wird, aber nur wenige Informationen im Vorfeld herausgibt und gar keine in Bezug auf Orchester und Darsteller.

Werden wir enttäuscht sein?

Wenn man Roberta Valentini und Lukas Mayer singen hört, kann von Enttäuschung keine Rede sein. Beide Darsteller gehören zur Berliner Premieren-Besetzung und sind auch einen Tag später zu erleben.

Als Elisabeth nach all den Erniedrigungen ihrer Schwiegermutter und der Erkenntnis, dass sie doch eine Fehlbesetzung als Kaiserin sei, endlich aufbegehrt, da entfaltet sich das wahre Potenzial Roberta Valentinis.

„…denn ich gehör nur mir“ ist ein Ruf nach Selbstbestimmung und Emanzipation und die letzten Noten, den letzten Text des Ohrwurms singt sie gegen das 20-köpfige Orchester an, mit Kraft, mit Ausdruck und der Überzeugung, dass der Weg, den sie gehen will, der richtige sei.

Lukas Mayer als der TOD, einer Figur, die Elisabeth vom Autor Michael Kunze als den wahren Partner an die Seite gestellt wird, ist ein junger Mann, den ich als aalglatt und eiskalt charakterisieren würde. Also so, wie man sich den TOD als Person eben vorstellt. Auf Frauen scheint er noch eine andere Wirkung zu haben. Meine Frau schwärmt in der Pause von seiner enormen Stimmleistung. Ja natürlich, der „Typ“ spielt mit seiner Stimme (und seiner sportlichen Eleganz) und kommt Elisabeth, je älter diese wird, immer näher.

Robin Reitsma spielt, singt und moderiert Luigi Lucheni. Der Mann, der Kaiserin Elisabeth im September 1898 am Genfersee ermordet, ist dazu verdammt, das Publikum durchs Programm zu führen. Mit ihm gehen wir zurück nach Possenhofen, in Sisis Reich der Kindheit und nach Bad Ischl zur ersten Liebelei mit dem jungen Kaiser. Mit ihm erleben wir aber auch den größten Fehler der Kaiserin. Sie versagt ihrem Sohn Rudolf Hilfe und Unterstützung, als er diese von seiner Mutter am dringendsten benötigt. Das Schicksal des Kronprinzen danach ist hinreichend bekannt. Im Stück nimmt sich der TOD des jungen Mannes an…

Luigi Lucheni legt sich im Schlussbild selbst die Schlinge um den Hals. Doch vorher verkauft er noch den „Kitsch“ der Monarchie und meint vielleicht auch die Hochglanz-Filmserie mit Romy „Sissi“ Schneider aus den Fünfzigern, deren „Wahrheiten“ dieses Musical schon 1992 hinfort wehte.

Elisabeth – Das Musical kann aus bekannten Gründen kein gutes Ende finden. Obwohl es hier viel um die dunklen Seiten des Lebens (auch um die dunklen Seiten der Habsburger Monarchie) geht, so erlebt das Berliner Publikum alles andere als ein Trauerspiel. Fröhliche zweieinhalb Stunden mit viel Witz in den Texten und einem temperamentvollen und gut kostümierten Ensemble sind zu erleben. Und all sie, die Damen und Herren der Sanges- und Tanzkunst, werden von einem modernen, teils rockig aufspielenden Orchester mächtig auf Trab gehalten. So wie sich das gehört in einem Musical, das niemals Staub ansetzen kann, weil es sich über die Jahrzehnte hinweg und dank der Erfahrungen vieler Auslands-Tourneen immer wieder neu erfunden hat.

Ich könnte jetzt schließen mit den Worten: Berlin hat für gut einen Monat wieder den Glanz alter Musical-Zeiten am Theater des Westens aufpoliert. Gehet hin, schaut es euch an, denn im April ist alles wieder vorbei.

Doch das wäre ungerecht gegenüber den eigentlichen Hausherren, dem Team um Peter Plate. Diese versuchen seit einiger Zeit mit Eigenproduktionen, wie Kudamm 59, Romeo & Julia oder Die Amme, dieses ganz besondere und alt-ehrwürdige Haus mit frischem Musiktheater am Laufen zu halten. Möge ihnen der Glamour des Elisabeth-Gastspiels ein wenig in die Kassen spielen.

Ralf Krüger, 7. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

KU’DAMM 59 Musical von Peter Plate, Ulf Leo Sommer und Joshua Lange Theater des Westens, 10. August 2024

Wazn Teez? Musical Theater an der Parkaue, Bühne 1, 16. Dezember 2024

Sommereggers Klassikwelt 202: Die ewige Sissi- Kaiserin Elisabeth zum 125. Todestag klassik-begeistert.de, 12. September 2023

Ein Gedanke zu „ELISABETH, Das Musical
Theater des Westens, 6. März 2025“

  1. 9.3.25 19 Uhr, Elisabeth im Theater des Westens
    Grandioser Abend! Die halbkonzertante Aufführung überwand schon nach wenigen Augenblicken unsere Skepsis, keine Kulisse macht das Musical frischer und jünger…
    Elisabeth begleitet uns 33 Jahre von Wien bis Berlin …und Lukas Mayer kann Uwe Kröger jederzeit das Wasser reichen und Sofie de Schryver ist eine phantastische Elisabeth!
    Das gesamte Ensemble war mehr als überzeugend und begeisterte uns in jeder Hinsicht!
    Für jeden Musicalfan ist diese Aufführung ein Sahneschnittchen.
    Wir waren zu viert dort – die Wiederholung ist teils schon gebucht.
    ES WAR WUNDERBAR ERGREIFEND UND EINFACH NUR SEHR SCHÖN !!

    Günter Krug

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