Tobias Kratzers erste Saison als Intendant an der Hamburgischen Staatsoper

Report: Spielzeit 2025/26  Staatsoper Hamburg, 7. März 2025

In der Zusammenschau des Programms fehlt es aber doch weitgehend an den großen Namen, die den internationalen Tourismus ins Haus locken würden wie z.B. die Tenöre Benjamin Bernheim, Pene Pati oder Jonathan Tetelman, ganz zu schweigen von Anna Netrebko, Nadine Sierra oder Elīna Garanča. Trotzdem gibt es eine Reihe gut besetzter Aufführungen, die den Besuch lohnen.

Eitel sind sie offenbar nicht: Das Leitungsteam der Hamburgischen Staatsoper Demis Volpi, Omer Meir Wellber und Tobias Kratzer (Foto: Matthias Baus, Spielzeitheft 2025/2026)

Eine Betrachtung von Dr. Ralf Wegner

376 Seiten füllen das neue Spielzeitbuch der Hamburgischen Staatsoper, gefühlt sind es weniger, denn die Graphiker haben wieder zugeschlagen und den Inhalt nach optischen Kriterien und weniger nach sachlichen gestaltet. Gute Lesbarkeit geht anders. Hinzu kommt eine als übergriffig empfundene Verwendung von Doppelpunkten in allen nicht eindeutig weiblich konnotierten Begrifflichkeiten.

Nun zum Inhaltlichen: Die Anzahl der Opernaufführungen der Säulenheiligen des Repertoires wurde weiter reduziert, statt 5 Opern von Verdi werden wenigstens noch vier aufgeführt (Falstaff, La Traviata, Il Trovatore und Luisa Miller), von Puccini gibt es nur noch Tosca und Madama Butterfly, Mozart kommt statt auf fünf nur noch auf zwei Stücke (Così fan tutte, Zauberflöte) und bei Wagner bleibt es bei drei (Holländer, Lohengrin, Tristan und Isolde).

Also wieder kein Ring des Nibelungen, was Tobias Kratzer in einem aktuellen Interview mit dem Argument abtat, sein Hamburger Gegenkonzept sei spektakulärer als jeder Ring. Was er damit meinte, erläuterte er allerdings nicht, verwies nur auf die gedruckte Form, also das graphisch mit verschiedenen Schriften und Farben überladene Spielzeitbuch.

Danach soll es sechs Premieren im Großen Haus geben, darunter allerdings nur zwei bekannte Opern: Ruslan und Ljudmila von Michail Glinka unter der musikalischen Leitung von Ben Glassberg und Rossinis Il barbiere di Siviglia unter Teresa Riveiro Böhm. In beiden Opern werden neu engagierte Ensemblemitglieder tragende Rollen verkörpern. So die Mezzosopranistin Raffaella Lupinacci als Rosina, der Tenor Jonah Hoskins als Graf Almaviva und der Bass Ilia Kazakov als Ruslan sowie Basilio.

Von den anderen Premieren erscheint noch der Dreiteiler Frauenliebe und -sterben am interessantesten. Zum einen wegen Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg mit Johan Reuter und dem ebenfalls neuen Ensemblemitglied Annika Schlicht, die auch noch als Brangäne besetzt ist, zum anderen wegen vorausgehender acht Lieder für Singstimme und Klavier (Robert Schumann opus 42), die an unterschiedlichen Terminen von Kate Lindsey, Annette Dasch, Marlis Petersen und Elsa Dreisig interpretiert werden. Abgeschlossen wird der Dreiteiler mit Alexander Zemlinskys Eine Florentinische Tragödie.

Der neue Generalmusikdirektor Omer Meir Wellber wird sich einer Schumann Komposition namens Das Paradies und die Peri mit Vera-Lotte Boecker als Peri sowie einem auf Kompositionen von Mozart basierenden Musiktheaterprojekt Die Große Stille annehmen und im Februar 2026 gibt es eine Uraufführung einer Grand Guignol Opera von Olga Neuwirth nach einem Libretto von der Komponistin und Elfriede Jelinek. Titus Engel wird dirigieren, Tobias Kratzer inszenieren. Das Stück nennt sich Monster’s Paradise.

Dem Repertoire erhalten bleiben Dmitri Tcherniakovs Strauss-Opern mit Asmik Grigorian als Salome, Anja Kampe als Ariadne und Nadezhda Pavlova als Zerbinetta sowie Aušrinė Stundytė als Elektra und Jennifer Holloway als Chrysothemis. Joseph Calleja singt Cavaradossi, Liv Redpath Pamina, Enea Scala Manrico sowie Eleonora Buratto Leonora, Klaus Florian Vogt Lohengrin sowie Yulia Matochkina Ortrud, George Petean Miller und, vielleicht das wichtigste, Elbenita Kajtazi ist aus der Mutterschaft zurück und wird im Oktober 2025 als Mrs. Alice Ford (Falstaff: Wolfgang Koch), im Januar und Februar 2026 siebenmal in ihrer Paraderolle als Violetta Valéry sowie im Mai und Juni als Luisa Miller zu erleben sein. Und Dovlet Nurgeldiyev singt neben Tamino in der inszenatorisch grausligen Zauberflöte erstmals den Max im Freischütz.

Omer Meir Wellber übernimmt neben den beiden Premieren auch noch die Repertoireaufführungen von Salome und Così fan tutte (Oktober 2025), von Donizettis Liebestrank (Dezember/Januar), Lohengrin (März/April 2026) sowie von Tristan und Isolde (Juni 2026 mit Samuel Sakker als Tristan und Allison Oakes als Isolde).

In der Zusammenschau des Programms fehlt es aber doch weitgehend an den großen Namen, die den internationalen Tourismus ins Haus locken würden wie z.B. die Tenöre Benjamin Bernheim, Pene Pati oder Jonathan Tetelman, ganz zu schweigen von Anna Netrebko, Nadine Sierra oder Elīna Garanča. Trotzdem gibt es eine Reihe gut besetzter Aufführungen, die den Besuch lohnen. Und hoffen wir, dass die neu hinzugewonnenen Ensemblemitglieder den Abgang der Sopranistin  Katharina Konradi und des Baritons Alexey Bogdanchikov zumindest ausgleichen können.

Dr. Ralf Wegner, 7. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Die Hamburgische Staatsoper: Aufbruch zu neuen Ufern, Spielzeit 2025/26 Hamburg, 5. März 2025

Ein Abend mit Tobias Kratzer, dem neuen Chef der Hamburger Staatsoper, Gespräch mit Florian Zinnecker, Ressortleiter der Zeit Universität Hamburg, 8. Juni 2024

 

2 Gedanken zu „Report: Spielzeit 2025/26
Staatsoper Hamburg, 7. März 2025“

  1. Kaum zu fassen! Das Programm 2025/2026 ist noch öder die Programme der Vorgänger!!! Soll theoretisch das Publikum in die Staatsoper Hamburg locken… Man sagt: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Mir scheint jedoch, die Hoffnung war eine Stillgeburt und wurde bereits unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu Grabe getragen!

    Sheryl Cupps

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