Frank Zappa
Ensemble Modern /
Jonathan Stockhammer
Ulrich Poser berichtet über das Konzert des Ensemble Modern in der Elbphilharmonie vom 22. Februar 2020
Der Autor bezweifelt diese Einstufung und schlägt eher vor, dem Meister ein Genre sui generis anzuerkennen. Zappa – der auch ein begnadeter Rockgitarrist war (er wird von „Kennern“ oft in einem Atemzuge mit Jimi Hendrix genannt) – schuf Rocksongs, die mancherlei kurze und meist kuriose Geschichten erzählen: Dass man keinen von Hunden verdreckten gelben Schnee essen soll, dass man beim Sex das Sofa nicht bekleckern soll oder schlicht, dass man nicht zur Army eingezogen werden möchte.
Darüber hinaus schuf Zappa – kompositorisch betrachtet – anspruchsvolle und sehr unterhaltsame Rock-Musicals wie „Joe’s Garage“. Gute und vor allem zeitkritische Unterhaltung zu kreieren war Zappas Hauptanliegen. Für Sex, gegen den Krieg. Sein größter Clou gelang ihm 1979 mit Veröffentlichung der Single „Bobby Brown“ vom Album „Sheik Yerbouti“. Dieser melodiöse, eingängige und fast schlagerartige Titel wurde und wird deutschlandweit von allen – auch den öffentlich-rechtlichen – Rundfunkstationen gesendet, obwohl der Text hanebüchen ordinär ist und den Song bei entsprechender Würdigung sofort auf den Index der verbotenen Werke katapultieren würde.
Zappa, ein bekennender Liebhaber der Neuen Musik und den Werken von Edgar Varèse, hat schon früh moderne bzw. neue E-Musik fernab vom Rock geschaffen. Rein exemplarisch sei auf die phantastische Einspielung von Zappas Werken mit dem London Symphonie Orchestra unter Kent Nagano (1983) oder das „Boulez conducts Zappa“-Album (1984) verwiesen.
Das Ensemble Modern aus Frankfurt am Main präsentierte an diesem Abend im ausverkauften Großen Saal der Elbphilharmonie im 1. Teil Auszüge aus „The Yellow Shark“, des letzten Werkes von Frank Zappa aus dem Jahre 1992. Zappa, der 1993 viel zu früh verstarb, nannte das Ensemble Modern übrigens seine „letzte Band“.
Die Musik des „Gelben Hais“setzt sich aus mehreren einzelnen Instrumental-Kompositionen für Orchester zusammen, die „Dog / Meat“ oder „G-Spot Tornado“ heißen. Die einzelnen Teile sind vor allem rhythmisch hoch komplexe 12-Ton-Kompositionen, die aufgrund der teils eingängigen Melodien das Wunder vollbringen, auch den Einsteiger in die Welt der „Neuen Musik“ mitzureißen und zu begeistern. Über weite Teile klingen die Kompositionen wie höchst assoziative Filmmusik. Die zahlreich erschienenen Zappafans erkannten im „Gelben Hai“ natürlich auch das eine oder andere musikalische Motiv oder Zitat aus den populären Rockalben des Meisters.
Dieser Wiedererkennungseffekt stellte sich noch mehr im 2. Teil des Konzertes ein: Die Geschichte über ein Schwein „Greggery Peccary & Other Persuasions“.
Das Ensemble Modern unter Jonathan Stockhammer war an diesem Abend bestens disponiert. Mit höchster Präzision wurden die avantgardistischen Kompositionen von Zappa mit großer Spielfreude dargeboten. Besonders positiv hervorzuheben sind die virtuosen Leistungen der drei Schlagzeuger und Schlagzeugerinnen Rumi Ogawa, David Haller und Rainer Römer. Es war eine pure Freude zuzusehen und zuzuhören, wie diese drei Musiker ständig zwischen einer großen Anzahl von Instrumenten (Keyboards, Pauken, Schlagzeug, Trommeln, Vibraphon, Xylophon, Röhrenglocken und eine Art Hackbrett) hin und her wieseln, um stets punktgenau und präzise einzusetzen.
Am Ende großer verdienter Jubel und lautstarke Zugaberufe für alle Mitwirkenden.
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at