Mozart, schwarz und weiß: Isabelle Faust lässt ihre Geige singen

Ensemble Resonanz, Isabelle Faust, Joseph Bologne, W.A. Mozart  Elbphilharmonie

 

Foto: C. Höhne (c)
Joseph Bologne, Le Chevalier de Saint-George (1745-1799), Symphonie op. 11, Nr. 2 G-Dur
Oscar Strasnoy (*1970), Automaton, Uraufführung
Mauricio Kagel (1931-2008), Die Stücke der Windrose – Südosten
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550
Ensemble Resonanz
Isabelle Faust, Violine und Leitung
Elbphilharmonie, Kleiner Saal, 14. April 2017

Von Sebastian Koik

Das erste Stück des Abends kommt von Joseph Bologne, dem Chevalier de Saint-George, einer unfassbar schillernden Persönlichkeit. Vom amerikanischen Präsidenten John Adams wurde er als der vollkommenste Mann Europas bezeichnet. Er war nicht nur der erste dunkelhäutige Komponist in der klassischen Musik und einer der besten Violinisten seiner Zeit, sondern auch als Spitzenathlet im Schwimmen, Laufen, Eiskunstlaufen bekannt. Hervorragend war er auch im Tanzen und Schießen und berühmt als einer der besten Fechter in ganz Europa.

Bologne war Musiklehrer der französischen Königin Marie Antoinette – vielleicht auch mehr –, äußerst beliebt an den Höfen und bei den Frauen, leitete eines der besten Orchester und hatte sehr hohe militärische Positionen. Er bekam später den Titel der „Schwarze Mozart“ und hat den jüngeren und damals wohl neidischen Wolfgang Amadeus Mozart, mit dem er eine kurze Zeit lang in Frankreich unter dem selben Dach lebte, vermutlich dazu angeregt, den bösen Monostatos in der Zauberflöte als dunkelhäutige Figur anzulegen. Mit einem Gefängnisaufenthalt und Verarmung kamen später noch unglücklichere Kapitel zu dieser einmaligen Biografie dazu – der Kanadier Raymond Saint-Jean hat dieses vielfältige und ereignisreiche Leben im Jahre 2003 unter dem Titel „Le Mozart Noir“ verfilmt.

Nicht nur das bunte Leben von Joseph Bologne begeistert: Die 2. Sinfonie G-Dur dieses Tausendsassa ist wirklich enorm entzückende Musik von sehr großer Fröhlichkeit und Leichtigkeit. Das wunderbare Ensemble Resonanz und die großartige Violinistin Isabelle Faust spielen das Werk an diesem Abend so stark, mit solch großer Spielfreude und Spritzigkeit, dass es die pure Freude ist. Besser kann diese Musik nicht gespielt werden! Auch die Akustik des Kleinen Saales der Elbphilharmonie begeistert und erinnert stark an die Qualitäten des gefeierten Großen Saals: Es ist ein sehr analytischer, transparenter, brillanter Klang, in dem man gut die einzelnen Instrumente heraushören kann und der eine sehr schöne Wärme in sich trägt. Herrlich.

Auch in der Uraufführung von Oscar Strasnoys Automaton überzeugen die Musiker, die Komposition selbst im ersten und dritten Satz aber weniger. Am spannendsten ist der langsam-leise zweite Satz. Er kommt sehr geheimnisvoll daher, und Isabelle Faust gefällt mit extrem gefühlvollen Geigenspiel.

Bei Südosten aus Die Stücke der Windrose von Mauricio Kagel scheinen auch die Musiker wieder mehr Spaß an der Musik zu haben als bei der Uraufführung zuvor. Das Ensemble spielt mit sehr großer musikalischer Spannung und Intensität.

Das letzte Stück des Programms ist die Sinfonie Nr. 40 g-Moll von Wolfgang Amadeus Mozart, deren Beginn sicher zu den bekanntesten Passagen der Klassik überhaupt gehört. Doch so schön und mitreißend wie heute wurde diese Musik wohl selten gespielt! Das Orchester zelebriert diese wunderbare Musik mit enormer Spritzigkeit; mit großer Eleganz, Zartheit und Elan. Auch als es in der zweiten Hälfte des Schlusssatzes sehr schnell wird, meistern die Musiker jede Situation extrem souverän und technisch sauber. Es ist eine wunderbar lebendige Interpretation, die großen Spaß macht.

Als Zugabe gibt es noch einmal Mozart, und es ist beeindruckend wie herrlich Isabelle Faust ihr Instrument singen lässt, mit extrem viel Gefühl, mit großer Tiefe und einem Hauch darüber schwebender Abgründigkeit.

Sebastian Koik, 16. April 2017 für
klassik-begeistert.de

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