"Don Carlo": Verdi in einem alten Sägewerk in Schweden

Giuseppe Verdi, Don Carlo,  Opera på Skäret, Kopparberg

Foto: Andreas Hylthén (c)
Giuseppe Verdi, Don Carlo
Opera på Skäret, Kopparberg, Schweden, 25. August 2018

von Yehya Alazem

15 Jahren nach der Gründung ist „Opera på Skäret“ nun eine international etablierte Operngesellschaft und eine der populärsten Sommeropern in Schweden. Der Ort ist ein 1967 stillgelegtes Sägewerk am See mitten im Wald. „Opera på Skäret“ hat auch ihren eigenen Zug, der von Stockholm aus direkt zur Oper fährt. Das Gebäude hat eine gute Akustik, ist aber vom Wetter sehr abhängig: Wenn es heiß ist, schwitzt man, und wenn es kalt ist, friert man.

2018 war es Zeit für ein gewaltiges Werk: Giuseppe Verdis „Don Carlo“ (italienische Fassung in vier Akten). Der Regisseur William Relton und sein Team sorgen für eine ausgezeichnete Inszenierung mit phantasievollem Bühnenbild und tollen Kostümen; sie geht in jeder Hinsicht vom Libretto aus und harmonisiert mit der Partitur in hohem Maß. Die Inszenierung ist konventionell, aber nicht traditionell, die Personenregie ist teilweise dürftig, und die Chemie zwischen den Künstlern stimmt nicht immer.

Im Chor gibt es anfangs einige Unklarheiten und Verirrungen, es wird aber im Laufe der Zeit besser und klingt viel präziser und klarer. Das Orchester unter dem deutschen Dirigenten Michael Balke liefert ein herrliches Spiel voller Energie und Leidenschaft und holt das Schwarze und das Schicksalshafte aus Verdis Partitur hervor. Balke gelingt es auch, eine optimale Balance zwischen Sänger und Orchester zu finden.

Für Verdis „Don Carlo“ braucht man fünf Weltklassesänger: Keine der fünf Hauptrollen ist als einfache Aufgabe zu bewältigen. Das größte Problem bei diesen Rollenbesetzungen sind die mangelhaften Differenzierungen zwischen den Stimmen. Die Elisabetta darf keine dunklere Stimme als die Eboli haben, und der Rodrigo darf auch keine dunklere Stimme als der Don Carlo haben.

Den Don Carlo singt der spanische Tenor Alejandro Roy. Sein metallsolider Spinto-Tenor ist vor allem in den dramatischen Momenten ganz hervorragend, nicht zuletzt beim Hervorheben des Schwerts gegen seinen Vater am Ende des zweiten Akts. Aber eine insgesamt überzeugende Verkörperung des Don Carlo gelingt ihm nicht, dafür hat er zu wenig Nuancierungen und zu wenig Stimmkontrolle.

An seiner Seite liefert der südkoreanische Bariton Matteo Jin eine wunderschöne Leistung in der Rolle des Rodrigo. Er singt einen sympathischen Rodrigo mit seinem warmen Bariton, der aber ein wenig zu hell ist, was keinen guten Kontrast zu der Stimme von Don Carlo bildet.

Als Filippo II überzeugt der ukrainische Bass Taras Konoshchenko. Sein Bass hat einen schönen, sanften Klang, und er besitzt sowohl die Autorität als auch ein Zartgefühl, das für den Monolog von Filippo II am Anfang des dritten Akts notwendig ist.

Auch in den Stimmen von Charlotta Larsson als Elisabetta und Siv Oda Hagerupsen als Prinzessin Eboli findet man keinen guten Kontrast, und leider kann keine von den beiden Frauen vollends überzeugen.

Larsson hat eigentlich eine passende, warme lyrisch-dramatische Sopranstimme, hört sich aber nur in der Mittellage sicher an. In der Höhe klingt sie zu scharf und unangenehm, und in der Tiefe klingt sie zu instabil.

Hagerupsen ist eine absolute Fehlbesetzung, sie hat gar nicht die Stimme für die Eboli. Ihr Mezzo ist einfach zu hell und zu eng. Sie hat zwar die Höhe (Eboli ist eine ziemlich hohe Rolle für eine Mezzosopranistin), es fehlt ihr aber an Volumen und Tiefe.

Obwohl die Sängerbesetzung viel besser sein könnte, begeistert die „Opera på Skäret“. Ein so großes Werk wie Verdis „Don Carlo“ aufzuführen, ist eine große Herausforderung für diese Sommeroper – trotzdem schafft sie es.

Yehya Alazem, 29. August 2018, für
klassik-begeistert.de

Orchester und Chor der „Opera på Skäret“
Michael Balke, Dirigent
William Relton, Inszenierung
Sigyn Stenqvist & Caroline Romare, Bühnenbild
Alejandro Roy, Don Carlo
Taras Konoshchenko, Filippo II
Charlotta Larsson, Elisabetta
Siv Oda Hagerupsen, Eboli
Matteo Jin, Rodrigo

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert