Lortzings Waffenschmied: Ein Weltklassebass, ein teilweise hoffnungsvoller Nachwuchs und ein genialer Habjan

Gustav Albert Lortzing, Der Waffenschmied, Theater an der Wien21. Oktober 2021

Foto: Theater an der Wien © Peter M. Mayr

Konzertante Aufführung am 21. Oktober 2021 im Theater an der Wien

Gustav Albert Lortzing: Der Waffenschmied

Günther Groissböck, Miriam Kutrowatz, Juliette Mars, Timothy Connor, Andrew Morstein, Ivan Zinoviev, Jan Petryka, Jörg Espenkott
Nikolaus Habjan & Charlotte
Arnold Schoenberg Chor
ORF Radio-Symphonie-Orchester Wien
Dirigent: Leo Hussain

von Herbert Hiess

Beim Hören von Lortzings Musik werden Jugenderinnerungen an die Wiener Volksoper wach; dort führte man in den 70ern noch fleißig diese „Deutschen Spielopern“ auf, die irgendwie leider in eine Art Dornröschenschlaf versunken sind.

Wenigstens im Theater an der Wien bemühte man sich, mit einer konzertanten Aufführung an die frühere Tradition zu erinnern.

Der Berliner Gustav Albert Lortzing war ein Zeitgenosse von Franz Schubert, Felix Mendelssohn usw.; er schrieb auch in der Tradition und Stil dieser Komponisten. Seine Musik ist genial instrumentiert; leider aber sehr oft „gefällig“ und „beiläufig“ und selten genial. Das mag natürlich auch einer der Gründe für das Verschwinden seiner Werke aus dem Repertoire der führenden Häuser sein.

Dabei haben doch viele seiner Werke irgendwelche „Hadern“ (Anm.: Wienerisch für einen Schlager) komponiert bekommen; sei es der Holzschuhtanz im „Zar und Zimmermann“ oder eben hier im „Waffenschmied“ „Auch ich war ein Jüngling mit lockigem Haar“. Aber das macht allein halt dann doch kein Werk für die Ewigkeit aus.

Diese Aufführung im Theater an der Wien war dann recht speziell, zumal der Puppenspieler vom Dienst Nikolaus Habjan hier seinen Auftritt hatte. Großartig, wie er mit seiner Charlotte (Puppe) diese Aufführung moderierte. Mit Witz, Charme, Esprit führten sie auch mit ironischen Seitenhieben durch die teils banale Handlung. Wenn man bedenkt, was hier ein anderer „Moderator“, dessen Namen man hier geflissentlich verschweigen muss, angerichtet hätte, dann kann man froh sein, dass man den superben Herrn Habjan für diese Rolle gewann. Zumal er ja nicht nur Puppenspieler ist. Er hat im gleichen Haus schon mit einer großartigen Regie überzeugt („Salome“).

„Der Waffenschmied“ erzählt in einer äußerst banalen Handlung von einem amourösen Verwirrspiel rund um Hans Stadingers Tochter Marie und spielt im deutschen Worms. Die Musik ist vielfach zwar schön und gefällig, doch absolut nicht einprägsam. Bis eben auf Stadingers Jüngling-Arie im 3. Akt; interessant, dass Lortzing in dem Werk mit einem Lied von Georg ein Couplet fast im Offenbachschen-Stil brachte und einen Hochzeitsmarsch komponierte, der sehr an den von Mendelssohn aus dem „Sommernachtstraum“ erinnert.

Die Sänger waren dieses Mal interessant besetzt, denn Günther Groissböck war eigentlich der einzige „Star“ in der Besetzungsliste, während fast alle anderen Sänger aus der Riege des „Jungen Ensembles Theater an der Wien“ kamen.

Wirklich positiv davon fielen Miriam Kutrowatz, die Tochter des Pianisten-Zwillings Eduard Kutrowatz, und der Bass Ivan Zinoviev auf. Ivan Zinoviev verfügt über einen profunden Bass, den man hoffentlich in Zukunft noch öfters hören wird können. Und Miriam Kutrowatz hat eine wunderschön klingenden Sopran; sie sollte aber noch intensiv am Thema Interpretation feilen. Ihre Stimme ist tatsächlich sehr schön – aber auch sehr linear mit wenig Modulation. Wenn sie einmal erreicht, die sinnmäßigen Zwischentöne der Werke stimmlich hören zu lassen und darüber hinaus ein gehauchtes Piano – dann steht kein Hindernis mehr am Weg zur Weltspitze.

Günther Groissböck ließ natürlich seinen mächtigen Bass orgeln, der in dem relativ kleinen Haus totale Wirkung erzeugte – er ist heute einer der wenigen führenden deutschen Bässe. Ein Wermutstropfen war leider die mangelnde stimmliche Interpretation. Gerade in der „Jüngling“-Arie hätte es viele Passagen gegeben, wo er auch mit einem Piano und überhaupt mehr Interpretation hätte überzeugen können. So war er kein großes Vorbild für Miriam Kutrowatz und die anderen jungen Sänger.

Ein Riesenkompliment natürlich dem Schoenberg Chor und dem hervorragenden ORF Orchester, das unter der profunden Leitung von Leo Hussain ein regelrechtes Klangfest veranstalteten. Der unprätentiöse und hochmusikalische Dirigent sollte viel öfters in Wien eingesetzt werden; und nicht nur im Theater an der Wien.

Auf alle Fälle war diese Produktion ein interessanter Meilenstein im Abschiedsjahr des Intendanten Roland Geyer. Und vorbildhaft, dass er eine Aufführung fast nur mit jungen Leuten besetzte.

Herbert Hiess, 21. Oktober 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Emilio de‘ Cavalieri: Rappresentatione di Anima et di Corpo, klassik-begeistert.de

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