Hauters Hauspost 6: Der Jazz-Hund und das Gardinen-Design

Hauters Hauspost 6: Der Jazz-Hund und das Gardinen-Design

Foto: Jazz-Hund Drops.

„Im Jazzclub hat Drops ihren Stammplatz, unterm Tisch hinter der ersten Säule rechts. Nur ein einziges Mal hat sie in ein Konzert eingegriffen: Da war ihr das Impro-Battle zwischen einem Trompeter und einem Saxophonisten zu aggressiv. Sie wollte gehen. Ein Wunsch, den wir ihr gerne erfüllt haben. Jazz muss cool klingen, findet der Hund.“

von Barbara Hauter

Drops ist ein musikalischer Hund. Unsere Havanerserdame ist schon 13 und wahrscheinlich hört und sieht sie nicht mehr vollständig. Das erklärt vielleicht, warum sie sich immer begeistert zu uns gesellt, sobald wir die Instrumente auspacken. Kaum kommt der Kontrabass aus seiner gepolsterten Hülle, kuschelt sie sich da hinein und dreht sich entspannt auf den Rücken. Sie erwartet so ihr persönliches Hauskonzert. Und das, obwohl das zweite Instrument eine Trompete ist, ein musikalisches Werkzeug, das Töne in einem Frequenzbereich produziert, das Hunde eigentlich mit Flucht und/oder heftigem Jaulen quittieren. Nicht aber unsere Drops. Ob Klassik, Latin, Jazz-Standards oder Weltmusik – sie bleibt cool und relaxt und vor allem dicht bei uns. Dabei könnte sie problemlos in einen anderen Raum wechseln. Vielleicht empfindet sie mit uns das fröhlich entspannte Zusammensein, wenn wir gemeinsam musizieren.

Am deutlichsten wird das bei unseren Bandproben. Alle zwei Wochen dienstags trifft sich Pink Sushi, eine ziemlich durchgeknallte Formation bestehend aus Klavier, Bass, Trompete und Saxophon. Durchgeknallt, denn wir widmen uns ausschließlich der freien Improvisation. Einer fängt an, die anderen reagieren, übernehmen, variieren, bis wir uns fast in Trance gespielt haben. Drops hat ihren festen Zuhörerplatz in der überlangen Gardine des Wohnzimmerfensters. Da liegt sie lässig zusammengerollt und ihre Pfötchen zucken ab und an, als wenn sie im Takt mitgingen.

Foto: Barbara Hauter (Kontrabass), Petra Spelzhaus (Trompete)

In den Tiefen des Netzes finde ich eine Studie dazu: Forscher der Uni Glasgow haben zusammen mit der schottischen Tierwohlfahrt herausgefunden, dass auch Hunde gerne Musik hören. Dabei wurden Hunden in Tierheimen unterschiedliche Genres vorgespielt, unter anderem klassische Musik, Reggae, Soft Rock und Pop, während mit einem EKG der Herzschlag und somit das Stress-Niveau der Hunde gemessen wurde. Auf diese Weise konnten sie feststellen, dass die Hunde, während die Musik abgespielt wurde, ruhiger wurden. Wer seiner Fellnase etwas Gutes tun will, macht Musik. Aber aufgepasst:

Laut dieser Studie mögen nicht alle Hunde alle Musikgenres gleich gern. Reggae und Soft Rock werden allgemein am liebsten gehört. Es gibt inzwischen sogar CDs zu kaufen mit Musik, die speziell auf das Hundeohr zugeschnitten ist, um den besten Freund des Menschen auf Autofahrten oder an Silvester zu beruhigen. Und auch auf Youtube finden sich Beiträge wie 10 Stunden Entspannungsmusik für Bello. Der Musikgeschmack der Vierbeiner scheint aber sehr individuell zu sein. Drops reagiert auf Musik aus der Konserve gar nicht. Sie zieht Live-Musik vor und zudem steht sie eindeutig auf Klassik und Jazz.

Drops Musikgeschmack hat durchaus praktische Auswirkungen: Sie muss mit zum Trompetenunterricht. Zusätzlich zur Musik gefällt ihr dort wohl das dortige Bespaßungsprogramm. Die Mutter des Trompetenlehrers übernimmt den Hund während der Unterrichtsstunde – zum Kraulen und Leckerchen-Verfüttern.

Im Jazzclub hat Drops ihren Stammplatz, unterm Tisch hinter der ersten Säule rechts. Nur ein einziges Mal hat sie in ein Konzert eingegriffen: Da war ihr das Impro-Battle zwischen einem Trompeter und einem Saxophonisten zu aggressiv. Sie wollte gehen. Ein Wunsch, den wir ihr gerne erfüllt haben. Jazz muss cool klingen, findet der Hund. Und auch das Raumdesign unserer Pink Sushi Pianistin ist geprägt von unserem Vierbeiner: Die geplante Kürzung der Gardinen muss ausfallen. Sie behalten ihre Überlänge, damit der Hund von dort lauschen kann.

Barbara Hauter, 13. Mai 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Hauters Hauspost 5: Das Schlüsselbundtrauma und die Entdeckung meiner Stimme klassik-begeistert.de

Ladas Klassikwelt (c) erscheint jeden Montag.
Frau Lange hört zu (c) erscheint jeden zweiten Dienstag.
Schweitzers Klassikwelt erscheint jeden zweiten Dienstag.

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Hauters Hauspost (c) erscheint jeden zweiten Donnerstag.
Lieses Klassikwelt (c) erscheint jeden Freitag.
Spelzhaus Spezial erscheint jeden zweiten Samstag
Ritterbands Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Sonntag.
Posers Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Sonntag.

Die Journalistin Barbara Hauter lebt in München.

Barbara Hauter

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert