Grafenegg Festival-Tagebuch: Alain Altinoglu demonstriert exzellent seine orientalischen Wurzeln

HR-Sinfonieorchester, Alain Altinoglu, Dirigent, Hanna-Elisabeth Müller, Sopran  Grafenegg, 25. August 2025

Alain Altinoglu © HR Ben Knabe

Es ist schon interessant, wenn man ohne Vorurteil und mit wenig Erwartungen in ein Konzert geht – und dann mehr als positiv überrascht wird. Maestro Alain Altinoglu ist immer etwas unterrepräsentiert und wird durch sogenannte „Shooting-Stars“ immer überlagert. Letztlich war der Abend ein brillantes Konzert; das Orchester des Hessischen Rundfunks bewies sich als erstklassig und die Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller war mehr als erstklassig.

Wolfgang Amadeus Mozart:

Ouvertüre zum Singspiel “Die Entführung aus dem Serail“
Arie „Ah, lo previdi“
Ouvertüre zur Oper „Le nozze di Figaro“
Rezitativ und Arie der Contessa (Le nozze di Figaro) „E Susanna non vien“
Rezitativ und Arie der Elettra (Idomeneo) „Oh smania“

Nikolaj Rimskij-Korsakow: „Scheherezade“

Hanna-Elisabeth Müller, Sopran

HR-Sinfonieorchester
Alain Altinoglu, Dirigent

Wolkenturm, Grafenegg, 25. August 2024

von Herbert Hiess

Alain Altinoglu bleibt in Erinnerung durch die peinliche politisch motivierte Absage von Prokofjevs „Alexander Newskij“ im Wiener Musikverein (Kommentar von Herbert Hiess – zur Absage von Sergej Prokofjews Kantate „Alexander Newskij“ klassik-begeistert.de 17. Oktober 2022 – Klassik begeistert), die er offenbar sang- und klanglos akzeptierte.

Und an diesem Konzertabend bewies sich das Phänomen, dass entweder Weltspitzenorchester wie das Concertgebouworchester oder die finnischen Exportschlager (Mäkelä, Peltokoski) beziehungsweise große Dirigiergiganten gastieren müssten, um die Publikumsreihen zu füllen.

Gestern war es zu maximal ¾ besucht; eigentlich eine Schande – noch dazu, wo das Konzert ganz hervorragend war.

Das Programm mit orientalischem Anstich lag dem Maestro mit armenischen Wurzeln offenbar sehr am Herzen; begann es schon mit einer exzellenten „Entführung“-Ouvertüre, wo der Dirigent und die Musiker alle Nuancen hören ließen; so schön hat man die Wellenbewegungen bei den Streichern noch selten gehört und noch seltener hörte man so eine delikate Piccoloflöte. Und auch das Schlagwerk (Janitscharen!) blieb hier nicht im Hintergrund.

Nach diesem gelungenen Vorspiel trat die deutsche Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller mit der gewaltigen Konzertarie Mozarts „Ah, lo previdi“ aufs Podium und demonstrierte ihre gewaltige und beeindruckende Stimme. Dieses 1777 komponierte Werk hat alle Schwierigkeiten für Sängerin und Orchester; Frau Müller und Maestro Altinoglu machten ein wahres Fest daraus. Und in der abschließenden Kavatine „Deh, non varcar“ erzeugten der Spitzen-Oboist und die Sopranistin Gänsehaut.

Danach kam eine spritzige „Figaro“-Ouvertüre und danach die Gräfin-Arie aus der gleichen Oper. In dieser Oper verwertete Mozart kunstvoll das wunderschöne „Agnus Dei“ aus der „Krönungsmesse“ (1779). Auch hier überzeugte die phantastische Sopranistin. Und bei der abschließenden Elettra-Arie aus „Idomeneo“ ihre schon fast ins dramatische Fach übergehende Stimme.

Hanna-Elisabeth Müller © Chris Gonz

Als Zugabe überraschten die Sopranistin und Orchester, Dirigent das Publikum mit einem phantastischen „Csardas“ aus Strauß’ „Fledermaus“.

Nach der Pause erzählten das Orchester und Dirigent mit Korsakows „Scheherezade“ Sindbads Abenteuer auf hoher See und mit seiner Geliebten. Das Werk ist eigenartig instrumentiert; sehr kammermusikalisch mit vielen solistischen Einlagen und mit dann doch wieder hochdramatischen Elementen.

Spitzenmäßig die Orchestersolisten (Violine, Cello und auch alle anderen), die gemeinsam mit ihren Kollegen eine farbenreiche Version dieses Werkes hören ließen.

Als Zugabe gab es Debussys „Clair de Lune“ in einer interessant instrumentierten Version.

Alles in allem ein hervorragendes Konzert, das weit mehr Besucher verdient hätte; schade, dass das Publikum offenbar nur den „Event-Charakter“ sucht.

Und schön zu hören und zu sehen, wenn sich ein Dirigent von sogenannten „Oberflächenkratzern“ abhebt. Mit der Zeit werden diese Unterschiede auch anderen klar werden!

Mag. Herbert Hiess, 26. August 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

European Union Youth Orchestra, Gianandrea Noseda, Dirigent Auditorium, Grafenegg, 18. August 2024

Grafenegg: Janine Jansen,Violine, Gstaad Festival Orchester, Jaap van Zweden, Dirigent Grafenegg, 17. August 2024

Rudolf Buchbinder, Klavier, Tonkünstler Orchester – Niederösterreich, Yutaka Sado, Dirigent Grafenegg, Wolkenturm, 6. August 2024

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