Moritzburg Open Air: Auf dem Spitzenniveau großer Häuser

Italienischer Belcanto und französische Belle Epoque, Moritzburg Openair, Oper Halle,  Hof der Moritzburg, Halle (Saale)

Foto: Staatskapelle Halle im Hof der Moritzburg (c) Falk Wenzel
Hof der Moritzburg, Halle (Saale)
, 28. und 30. Juni 2018
Moritzburg Openair, Oper Halle
Staatskapelle Halle, Michael Wendeberg und Peter Schedding, Dirigenten

Italienischer Belcanto und französische Belle Epoque. Gaetano Donizetti, Anna Bolena und Pariser Bohème sowie Musik der Belle Epoque

Von Guido Müller

Im Rahmen des Moritzburg Openair der Oper Halle fanden zum Ende der Spielzeit  bei herrlichem Sommerabendwetter zwei Highlights statt: die italienische Belcanto-Oper „Anna Bolena“ von Donizetti in drei konzertanten Aufführungen und ein Abend zum Thema Pariser Bohème und Musik der Belle Epoque.

Musikalisch geleitet wurde die Staatskapelle Halle bei „Anna Bolena“ in glänzender Form von Michael Wendeberg, der mit sichererem Stilgefühl für die notwendige Italianità mit Präzision und Feuer das Werk von 1830 dirigierte. Hier zeigt sich, wie wertvoll es ist, wenn sich ein Spezialist für zeitgenössische Musik eines solchen Werkes liebevoll und werkgetreu annimmt, als wäre es eine Uraufführung. Zu Recht zählte Donizettis Oper zu den Hits des 19. Jahrhunderts, geriet dann in Vergessenheit und feierte erst 1957 dank Maria Callas seine Wiedergeburt in Mailand.

Melodien und Belcantoseligkeit durchziehen das abwechslungsreiche Werk bis zur berühmten Wahnsinnszene der Anna Bolena. KS Romelia Lichtenstein gestaltete die anspruchsvolle Koloraturpartie souverän, lyrisch und sicher.

In nichts stand ihr die Konkurrentin in der Handlung nach, die königliche Geliebte Giovanna Seymour, hervorragend und tief berührend gesungen von Svitlana Slyvia, einer der Stützen des Hallenser Opernensembles. Das Duett mit der Königin gestalten die beiden dramatischen Sängerinnen zu einem der Höhepunkte des Abends.

Der Spintotenor Konstaninos Latsos ist ein gern gesehener Gast an der Oper Halle. Seine Stimmkultur ist beeindruckend stilsicher bis in die höchsten Lagen.  Der Bariton Ki-Hyun Park ist ein bewährtes Ensemblemitglied in Halle und singt an der Oper Halle Rollen in Werken von Händel bis Puccini.  Sein balsamischer Bassbariton verströmt die königliche Eleganz Heinrichs VIII. ebenso wie er der Dämonie der Macht kraftvoll Ausdruck verlieh.

Nachhaltig  in Gesang und Spiel beeindruckt die junge, charismatisch elegante  Yulia Sokolik als Gast in der leider nur kleinen Rolle des Pagen Smeton. Von ihr wäre gerne mehr an der Oper Halle zu hören. Der Bass Vladislav Solodyagin singt den Lord Rochefort solide, ebenso Du Wang als Signor Hervey.

Das Publikum dankte allen Solisten, dem hervorragenden Chor unter Rustam Samedovs Leitung, der Staatskapelle Halle und dem Kapellmeister mit lang anhaltendem Beifall.  Eine konzertante Aufführung hat die Vorzüge, dass eine höhere Konzentration auf die musikalische Seite möglich ist, die hier an das Spitzenniveau großer Häuser heranreichte.

Ähnlich galt dies für das französisch inspirierte Konzert mit Ausschnitten aus Werken von Puccini (La Bohème), Claude Debussy (Prélude á l‘aprés-midi d‘un faune), Jules Massenet (Thais, Werther), Auber (La Muette de Portici), Berlioz (Le bal aus der Symphonie fantastique), Gounod (Faust), Delibes (Lakmé), Saint-Saens (Samson et Dalila), Bizet (Carmen) und Offenbach (Les Contes de Hoffmann).  Die geschmackvolle Programmauswahl und die musikalische Leitung lag in den Händen des jungen Dirigenten  Peter Schedding, der mit schwelgerischer Eleganz ebenso wie mit großem Stilgefühl für die Klangfarben und Rhythmik (Berlioz und Saint-Sains!) durch das französische Programm führte.

Dabei galt es zu entdecken, wie gut die Sopranistinnen Anke Berndt und vor allem Ines Lex im französischen Repertoire zu Hause sind. Ines Lex berührte als Bizets Micaela, bezirzte mit der Juwelenarie Gounods bis in die höchsten Spitzen und zeigte vor allem mit Massenet was für eine wunderbare Manon sie wäre. Anke Berndt sang sinnlich die Cavatine aus der heute leider kaum mehr aufgeführten Oper  „La muette de Portici  Aubers“. Besonders gut harmonierten beide Sängerinnen im Blumenduett aus Lakmé und der Barcarole aus „Les Contes de Hoffmann“ von Offenbach.

Ihnen zur Seite stand der Tenor Edouardo Aladren, der bereits in Tosca und Adriana Lecouvreur als Gast an der Oper Halle das Publikum zu Beifallsstürmen hingerissen hatte. Seine Hits aus La Bohème oder Werther  gestaltete er tonschön und schwelgerisch. Sein Duett mit Ines Lex als Micaela aus Bizets Carmen wurde einer der Höhepunkte des Abends.

Durch das Programm führte informativ und launig der Schauspieler Martin Reik, der es sich nicht nehmen ließ, mit einem durch Edith Piaf berühmt gewordenen Chanson von 1951 – Sous le ciel de Paris – in den Abend einzuführen. Reik ist der geborene Entertainer und ein unterhaltsamer Moderator mit unerschöpflichen Möglichkeiten, die immer wieder verblüffen. Bei  Reik ist immer gute Laune mit einer Prise Tiefgang und einer guten Portion Information garantiert.

Die Staatskapelle Halle zeigte sich in guter Spiellaune und überzeugte besonders mit den in der französischen Musik immer wichtigen zwei Soloharfen und den Holzbläsern. Peter Schedding und die Musiker dankten dem begeisterten Publikum mit der Zugabe des berühmten Offenbachschen Can Can.

Guido Müller, 1. Juli 2018, für
klassik-begeistert.de

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert