Klassik Open Air im Kloster Ettal – ein vollkommener Abend mit kleinen Schwächen

Richard Strauss Festival 2018, Brno Philharmonic Orchestra, Alexander Liebreich, Lisa Batiashvili,  Kloster Ettal

Foto: © Sammy Hart
Richard Strauss Festival 2018, Kloster Ettal, 
30. Juni 2018

Brno Philharmonic Orchestra
Dirigent: Alexander Liebreich
Violine: Lisa Batiashvili
Sergej Prokofjew, Orchestersuite aus dem Ballett Romeo und Julia op. 64
Violinkonzert Nr. 2 g-Moll op. 63
Richard Strauss, Also sprach Zarathustra op.30

von Shari Berner

Das zweite Klassik Open Air im Rahmen des Richard Strauss Festivals 2018 im wunderschönen Hof des Klosters Ettal findet vor einigen leeren Reihen statt. Die Atmosphäre ist trotzdem ausgezeichnet. Ein schöner Sommerabend, kühl, aber nicht unangenehm, vor der Kulisse des eindrucksvollen Klosters. Sergej Prokofjew lebte und arbeitete zwischen 1922 und 1923 in der Gemeinde Ettal. Deshalb ist es ein besonderer Genuss, zwei seiner Werke an diesem Ort zu hören.

Mit einer beinahe zärtlichen Geste eröffnet Alexander Liebreich die Auszüge aus Prokofjews Romeo und Julia, die das Brno Philharmonic Orchestra dynamisch fein nuanciert darbietet. Gestört wird das Klangerlebnis durch die herunterfallenden Noten des ersten Cellisten, die hektische Aufräumaktion danach sowie ein immer wieder zu hörendes Krachen im Mikrofon der ersten Violinen, das sich durch das gesamte erste Stück zieht. Die Unruhe im Orchester wirkt sich hörbar auf das rhythmische Zusammenspiel aus und bedingt ungenaue Einsätze bei den Streichern. Spätestens jedoch mit dem Einsatz der Bläser im zweiten Auszug finden die Musiker wieder zusammen. Diese Gruppe der Bläser versteht es, ihre Spielfreude auf das gesamte Orchester zu übertragen. Getragen von dieser Stimmung steigert sich die Leistung der Streicher deutlich. Mal lieblich, mal hart, klanglich immer ein Genuss. Prokofjews Romeo und Julia verklingt schließlich, begleitet von dem fernen Klingen der Allgäuer Kuhglocken und den Schreien der Schwalben, die im Klosterhof zu Hause sind.

Es folgt der Auftritt der georgischen Violinistin Lisa Batiashvili. Sie spielt das Violinkonzert von Sergej Prokofjew, das der Weltbürger unter anderen in Frankreich und Russland komponierte. Mit einem hingebungsvollen Gefühl für Phrasen übernimmt Batiashvili an den passenden Stellen die Führung des Orchesters, beschleunigt das Tempo und reißt alle Musiker mit. Ihre energische Körpersprache, die nie übertrieben wirkt, sorgt zu Beginn bei so manchen älteren Herrschaften für irritierte Blicke, die jedoch am Ende durch viele Bravo-Rufe wieder gut gemacht werden.

Der zweite Satz ist vor allem durch die Akkordbrechungen der begleitenden Holzbläser ein Höhepunkt des Abends. Luftig, leicht und locker geht das von den Lippen, und Batiashvili nimmt diesen Eindruck dankbar entgegen. Sie versteht es, feinste Akzente zu setzen und jeder Note höchste Aufmerksamkeit zu widmen. Im dritten Satz fehlt im Zusammenspiel des Orchesters wiederum die rhythmische Präzision. Trotzdem bringen Liebreich und Batiashvili das Konzert souverän zu Ende.

Mit ihrer Zugabe zeigt Lisa Batiashvili ihre technische Versiertheit. So leise und doch so klar lässt sie die schnellen Tonrepetitionen erklingen ohne in Hektik zu verfallen. Alexander Liebreich ist so begeistert, dass er sich abseits der Bühne den Taktstock zwischen die Zähne klemmt, um ungehindert applaudieren zu können.

In der Pause ist dem Publikum allgemein anzuhören, dass nun das eigentliche Hauptwerk des Abends folgt. Richard Strauss‘ Also sprach Zarathustra war aber nicht nur für die Zuhörer der erwartete Höhepunkt des Abends. Das Brno Philharmonic Orchestra zeigt ein Zusammenspiel, das so zuvor nicht hörbar war. Unter dem dunkler werdenden Himmel im beleuchteten Klosterhof setzen die Trompeten mit perfekter Intonation ein, bauen die Spannung auf und machen das Fortissimo zu einem Gänsehautmoment. Der Streicherapparat greift diese Dramatik auf, und fortan gibt es keine Sekunde mehr, die nicht aufregend wäre. Die Bläser haben Spaß an den Dissonanzen und der Möglichkeit, lautstärketechnisch alles zu geben. Das Schlagwerk darf sich ebenfalls austoben, nur der erste Hammerschlag setzt zu früh ein. Das ist allerdings der einzige Patzer in diesem Kaleidoskop der Klangfarben. Das Publikum honoriert dieses Juwel mit lang anhaltendem Applaus, der leider nicht von einer Zugabe belohnt wird.

Alles in allem ist es ein unvergesslicher Sommerabend. Die Kulisse trägt ihren Teil dazu bei. Was jedoch in Erinnerung bleiben wird, sind drei passend ausgewählte Werke, die sich in ihrer Dramaturgie wundervoll ergänzen. Trotz oder vielleicht gerade wegen der leichten Schwächen in einigen Passagen wirkt der Abend vollkommen abgerundet.

Shari Berner, 1. Juli 2018, für
klassik-begeistert.de

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