Foto: Janine Jansen (c) Marco Borggreve
Berückend zart und verführerisch leise: Janine Jansen und Paavo Järvi mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen in Köln
Ludwig van Beethoven (1770-1827) – Violinkonzert D-Dur op. 61
Franz Schubert (1797-1828) – Sinfonie Nr. 4 c-Moll D 417 „Tragische“
Janine Jansen, Violine
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Paavo Järvi, Dirigent
Kölner Philharmonie, 7. Mai 2025
von Brian Cooper
Gerade einmal zehn Tage ist es her, da die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen unter dem sehr eleganten Dirigat von Duncan Ward ein famoses Konzert in Köln gab, mit einer 2. Sinfonie von Beethoven, die lange im Gedächtnis bleiben wird.
Am 7. Mai 2025, dem Vorabend zu einem besonderen Tag der Befreiung, an dem obendrein noch ein „Habemus papam“ ausgerufen wurde, waren sie wieder in Köln. Wieder mit Beethoven, diesmal dessen Violinkonzert, mit der Solistin Janine Jansen, die erst vor gut einem Monat in einer kammermusikalischen Sternstunde zu erleben war, und unter Leitung von Paavo Järvi.
An diesem Abend flossen viele Linien zusammen, und das ist beileibe nicht nur musikalisch gemeint. Beethovens Sinfonien sind es, die unter Järvi vor etlichen Jahren völlig zu Recht von Kritik wie Publikum gefeiert wurden und die Kammerphilharmonie trotz ihres einigermaßen sperrigen Namens weltweit bekannt machten. Der gesamte Zyklus klingt modern, durchhörbar, straff, frisch, überhaupt nicht aggressiv.

Ähnliches kann man auch über Järvis Schubert sagen. Offenbar bahnt sich ein Schubert-Zyklus der Bremer an – im Dezember kommen sie wieder, dann mit Schuberts Sechster, und man wünscht sich ein besser besuchtes Haus als gestern bei der Vierten. Am liebsten ausverkauft. Denn was hier an Frische, fein austarierter Schärfe und musikantischen Qualitäten zu erleben war, war schlichtweg großartig.
Vom ersten Satz an hatte das so einen Drive, dass man gebannt lauschte. Das relativ klein besetzte Orchester (8 erste, 7 zweite Violinen) klang nahezu perfekt disponiert, abgesehen von ein paar kleinen Schwächen in den Hörnern und kleinsten Intonationsproblemen in den ersten Geigen.
Das Andante, in einem perfekten Tempo genommen, nämlich eben „gehend“, war voll Schubert’scher Wehmut. Der dritte Satz, ein trunken-burlesk anmutendes Menuett, hatte zugleich sehr viel Charme, insbesondere im Trio.
Der letzte Satz war es dann aber, der wirklich so aufregend daherkam wie weiland Järvis Beethoven-Sinfonien. Wunderbar gespielte „zittrige“ Nervosität zu Beginn, begeisternde Ausbrüche ins Forte und eine den gesamten Abend über fantastisch aufspielende Holzsektion markierten das, was dann in der quirligen C-Dur-Zugabe weiterging.
Der Konzertabend begann jedoch mit Beethovens Violinkonzert und fünf exquisit vorgetragenen Paukentönen, gespielt von Nick Woud, der hauptberuflich im Concertgebouw die Pauken bedient, und das jahrelang neben seinem Kollegen und Freund Marinus Komst tat. (Beim Schreiben dieser Zeilen erfahre ich, dass meneer Komst am 7. Mai verstorben ist. Allein an seinem blonden Haarschopf konnte man stets erkennen, welches Orchester auf der Bühne war. Eine sympathische Persönlichkeit, eine schillernde Figur, ein großer Paukist. Ich hatte mal die Ehre, ihm nach einem Bruckner-Konzert mit Mariss Jansons im März 2014 vor der Salle Pleyel Feuer zu geben und kurz mit ihm zu sprechen. Ob Nick Woud auf der Bühne schon von seinem Tod wusste?)

Dieser Beethoven hat an diesem Abend so berückend zarte, verführerisch leise Stellen. Pianissimo ist genau so gemeint und gewollt, wie es zu hören ist, nämlich fast nicht. Die Streicher spielen mit sparsamem Vibrato. Klarheit, Reinheit im Klang. Es ist aufregend und zugleich geheimnisvoll, was Jansen und der hin- und mitreißend dirigierende Järvi da miteinander zaubern, die das Werk übrigens bereits vor über 16 Jahren gemeinsam eingespielt haben, mit den Bremern. Keine Aufführung dieser Menschen, dessen bin ich mir sicher, ist Routine, und keine gleicht der anderen.

Janine Jansen ist eine der bedeutendsten Geigerinnen unserer Tage. Ihr blühender, singender Ton, ihr im besten Sinne kompromissloses Spiel, berühren immer wieder aufs Neue. Souveräne Läufe, Doppelgriffe, Akkorde, eine spannend vorgetragene Kadenz: All das bewegt ihr Publikum. Der langsame Satz aus Bachs C-Dur-Solosonate als Zugabe lässt auf eine Gesamteinspielung der Sonaten und Partiten hoffen.
Wie innigstes Liebesspiel mutet es an, wenn im langsamen Satz die Melodie von der Oboe und später vom Fagott gespielt und von Begleitfiguren des eigentlichen Soloinstruments unterlegt werden. Die Spielfreude innerhalb des Orchesters und bei Dirigent und Solistin liest sich auch in der Mimik der Beteiligten ab, die dargebotene Musikalität machte dieses brillante Konzert sehr besonders. Auch, weil das Publikum mit nur wenigen Abstrichen aufmerksam lauschte.
Dr. Brian Cooper, 8. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Kammermusik mit Janine Jansen und Denis Kozhukhin Kölner Philharmonie, 1. April 2025
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