Brahms' Ein deutsches Requiem: ein Kunstwerk der Hoffnung und der Freude

Johannes Brahms, Ein deutsches Requiem, op. 45,  Goldener Saal des Musikvereins, 4. April 2022

Foto: (c) Wolf-Dieter Grabner

Goldener Saal des Musikvereins, 4. April 2022

Johannes Brahms  Ein deutsches Requiem, op. 45

City of Birmingham Symphony Orchestra
Mirga Gražinytė-Tyla musikalische Leitung
Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien

Im Teil II mit der Anweisung „Etwas bewegter“:

So seid geduldig, liebe Brüder,
bis auf die Zukunft des Herrn.
Siehe, ein Ackermann wartet
auf die köstliche Frucht der Erde
und ist geduldig darüber,
bis er empfahe den Morgenregen und Abendregen.
So seid geduldig.

(Jakobus 5,7)

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Und wie der „Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien“ (künstlerische Leitung Johannes Prinz) das singt! Die Soprane wie mit einer Stimme. Das erinnert an eine TV-Serie von und mit dem Bassisten der Wiener Staatsoper, Oskar Czerwenka, der von den Höhen der Stimme immer tiefer ging, bis er bei den Bässen ankam, um in seiner letzten Sendung den Chor wie eine Person – kommt von per sonare aus der Theatersprache, durch den Trichter (der Maske) tönen –  wohl jedoch in seiner Vielfältigkeit zu behandeln.

Bei Janáčeks Glagolitischer Messe und bei Verdis Requiem spüren wir das Fehlen des inneren Bezugs zur katholischen Messe, Brahms will hier gar keine Vertonung der lateinischen Liturgie. Als freireligiös Suchender, gestützt auf Worte aus der Hebräischen Bibel und dem Neuen Testament, gelingt ihm in seinem Deutschen Requiem ein Kunstwerk der Hoffnung und der Freude.
Die vorjährige Clara in Porgy and Bess an der MET und die Liù des nächsten Jahres in Denver (Colorado), Janai Brugger, war dem Singverein eine ebenbürtige Ergänzung, eine wunderschöne Stimme des Trostes. Ohne das beherzte Einspringen von Adrian Eröd wäre der denkwürdige Abend nicht zustande gekommen. Etwas verhaltener klangen seine Töne.

Janai Brugger © Janai Brugger

Es müssen nicht immer die Wiener Philharmoniker sein. Mirga Gražinyté-Tyla, schon vom Namen her erkennbar als eine Tochter Litauens, leitete ihr City of Birmingham Symphony Orchestra als wären beide mit Brahms aufgewachsen.

Mirga Gražinyté-Tyla, Foto: Astrid Ackermann

Johannes Brahms wie auch Richard Wagner werden zur Hochromantik gezählt. In diese Zeit fällt die Demokratisierung in der Kunstszene. Das Mäzenatentum des Adels wird abgelöst, das Großbürgertum gewinnt an Einfluss. Aber es entstehen Entzweiungen, das Entweder-Oder, zwei Parteien: die Wagnerianer und die Brahmsianer stehen einander gegenüber, als hätten nicht beide begnadeten Musiker Erhabenes für uns geschaffen.

Die Bedeutung der Musik für Eucharistiefeiern war in Pfarrgemeinderatssitzungen schon immer ein kontroverses Thema. Und in der Seelsorge, ob das Lesen der Heiligen Schrift zum Glauben führt oder ob durch Schlüsselerlebnisse im Leben das Verständnis für die Bibel steigt. Ein deutsches Requiem, op. 45 ist analog einer Choroper zu sehen. Engelsgleich (griechisch angelos ist wörtlich mit Bote zu übersetzen) brachte der Chor gemeinsam mit SolistInnen und Orchester die Botschaft des Glaubens herüber. Die Worte der Schrift steigerten sich zum Ereignis.

Lothar und Sylvia Schweitzer, 6. April 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Grafenegg Schlossklänge 21-22, Johannes Brahms, Ein deutsches Requiem, Tonkünstlerorchester Niederösterreich, Ivor Bolton, Grafenegg, Auditorium, 5. März 2022

Ladas Klassikwelt 67: Das Traumrequiem, Teil 1 (Ein deutsches Requiem, Johannes Brahms) klassik-begeistert.de

Ladas Klassikwelt 68: Das Traumrequiem, Teil 2

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