Foto: Jonas Kaufmann © Gregor Hohenberg / Sony-Classical
Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 22. Dezember 2021
Jonas Kaufmann, Great Voices
Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz
Jochen Rieder, Dirigent
von Jürgen Pathy
Jonas Kaufmann vs. Michael Bublé. Sieger des weihnachtlichen Schmalzgefechts: die Kassen beider Künstler. Während der kanadisch-italienische Grammy-Preisträger aus der Konserve herhalten muss, gibt sich der zurzeit gefragteste Tenor der Welt ein Stell-Dich-Ein im Wiener Konzerthaus. Mit im weihnachtlichen Rucksack: eine Menge traditioneller Weihnachtslieder in deutscher Sprache, aber ebenso einige Arrangements bekannter Lieder aus den angelsächsischen Breitengraden.
Der Grund ist schnell gefunden. Immerhin, so ist dem Programmheft zu entnehmen, steigen bei Jonas Kaufmann zu dieser Zeit viele Erinnerungen hoch. Denke er an Weihnachten, dann nicht nur an „O Tannenbaum“ oder „Stille Nacht“, sondern auch an die Plattensammlung seines Vaters. Die sei bestückt gewesen mit swingend-amerikanischen Liedern von Bing Crosby, Frank Sinatra, Ella Fitzgerald und Co. Gleich vorweg: Hier sollte Kaufmann seinen amerikanischen Kollegen das Feld räumen. In diesem Metier wird er niemals Fuß fassen.
Obwohl Kaufmann, der sich der Solidarität seiner Fans sicher sein kann, sich nicht komplett blamiert, es wirkt einfach nicht glaubwürdig und authentisch. Hier macht Bublé auf CD ganz klar das Rennen. Da hilft es auch nichts, wenn im prächtigen Großen Saal des Wiener Konzerthauses optisch großes Geschütz aufgefahren wird. Schwarze Lackschuhe und Gold verziertes Sakko, die den verjüngt aussehenden Startenor schmücken, sind zwar schön anzusehen, mehr allerdings nicht. Selbst das Schlagzeug und der E-Bass, die die deutsche Staatsphilharmonie bei diesen amerikanischen Evergreens verstärken, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Jonas Kaufmann ein Opernsänger ist und kein Entertainer im klassischen Stile der verruchten Vegas-Bühnen.
Mikrophon stützt tenorale Schwächen
Großes Ärgernis zusätzlich: ein Mikrophon, das Kaufmanns geschundene Stimme unterstützt. Das mag zwar zu Weihnachtsliedern passen, wie eine Dame um die fünfzig bemerkt, lässt allerdings den Gedanken keimen: Vielleicht nimmt Jonas Kaufmann alles auf die leichte Schulter. Möchte einfach Mal im Flug die Jahreskasse aufbessern und sich selbst ein lukratives Weihnachtsgeschenk bescheren. Immerhin ist der Auftritt im Wiener Konzerthaus der fünfte innerhalb der letzten zehn Tage. Bei Kartenpreisen, die in der höchsten Preiskategorie in Wien bei 284 € liegen, sicherlich ein gutes Geschäft.
Dabei hätte es der fesche Startenor doch gar nicht unbedingt nötig. Das beweist er bei einigen Liedern, die vor allem im unteren und mittleren Register beheimatet sind. Solange er sich nicht übers Passaggio hinauswagt, verströmt Jonas Kaufman baritonalen Schmelz, der einsame Klasse wirkt. Das wirkt authentisch und ehrlich. Gepaart mit seinem einzigartigen Timbre, würde Jonas Kaufmann einen ausgezeichneten Bariton geben. Damit würde er nicht nur seine treuen Fans erfreuen, die ihrem Liebling sowieso alles verzeihen, sondern auch alle anderen Opernliebhaber. Gute Verdi-Baritone sind bekanntlich sowieso Mangelware. Dem im Wege steht vermutlich nur das Management, das Ego und das Eingeständnis, eine Stufe tiefer zu „sinken“.
Der überschwängliche Jubel mag allerdings jetzt schon nicht aufbranden. Zwar ringt das Publikum, das zahlreich erschienen ist, dem Superstar der Klassik-Szene ganze sieben Zugaben ab, Bravo ist allerdings kein einziges zu vernehmen. Vielleicht auch unpassend bei so fragilen und besinnlichen Kleinodien wie „Still, still, still“ oder „Es wird scho glei Dumpa“. Zwei äußerst versöhnliche Interpretationen, bei denen durchaus ein wenig weihnachtliche Stimmung aufkommen mag. Damit holt er Bublé auf der Zielgeraden zwar nicht mehr ein, bleibt allerdings auch nicht weit zurück.
Jürgen Pathy (klassikpunk.de), 23. Dezember 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Diese Kritik ist einfach lächerlich, Sie sollten beim nächsten Mal jemand hinschicken, der es nicht an den Ohren hat !!!
Edith Hofmann
Musste aus beruflichen Gründen dahin. Freiwillig ginge ich nicht. Ist er nun ein Bariton oder Tenor? Jedenfalls ist die Flucht ins Falsett offensichtlich. In der Oper offenbarte er zu oft, dass er kein echtes brustgestütztes hohes C besitzt. Das Ganze war ein Schmarrn, so sagt man wohl. Kitsch as kitsch can. Der am meisten überbewertete ‚Tenor‘ unserer Zeit. In London sang ihn der 64-jährige Gregory Kunde als Otello glatt an die Wand. Usw … Aus allem Crèmeschnitte machen, da ist er sich mit Sony einig. Mankos allenthalben.
Franco Bastiano, Paris V-ième
Grüße Sie, Herr Bastiano.
Bei einigen Liedern hat die Höhe eigentlich gepasst. Bei anderen wiederum gar nicht. Wo ich mich allerdings etwas ungenau ausgedrückt habe: Probleme hat ihm meistens direkt das Passaggio bereitet, der Übergang von der Bruststimme zur gemischten Stimme. Da hatte er ordentlich zu kämpfen. Teilweise wirklich erschreckend, wie schwer er sich dabei getan hat. Vor allem, wenns leise war, piano, mezza vocce und so. Ironie bei der ganzen Sache: Um das zu verschleiern, wäre es wohl besser gewesen, das Mikrophon außen vor zu lassen.
Frohes Fest
Jürgen Pathy