Joyce DiDonato in der Elbphilharmonie: Keine stirbt schöner! Und majestätisch bläst das alte Blech

Joyce DiDonato, Sir John Eliot Gardiner, Orchestre Révolutionnaire et Romantique,  Elbphilharmonie Hamburg

Foto: Claudia Höhne (c)
Elbphilharmonie Hamburg
, 2. September 2018
Orchestre Révolutionnaire et Romantique
Joyce DiDonato, Mezzosopran
Sir John Eliot Gardiner, Dirigent
Hector Berlioz
Le Corsaire / Ouverture op. 21
La mort de Cléopâtre / Scène lyrique für Mezzosopran und Orchester
Chasse royale et orage / aus »Les Troyens«
Je vais mourir / Monolog und Arie der Dido aus »Les Troyens« op. 5
Symphonie fantastique / Episode de la vie d’un artiste op. 14

von Sebastian Koik

Der Dirigent des zweiten Teils der Elbphilharmonie-Saisoneröffnung ist Sir John Eliot Gardiner, ein legendärer Pionier der historischen Aufführungspraxis. Zu Beginn, bei der Ouvertüre aus “Le Corsaire”, spielen die Musiker vom Orchestre Révolutionnaire et Romantique im Stehen – außer den Kontrabassisten, Cellisten und Paukisten. Es wird auf alten Instrumenten gespielt, so auch auf Blechblasinstrumenten ohne Ventile. Das muss man können, und solche Könner in Sachen altes Blech hat man selten gehört! Der Klang ist majestätisch und macht großen Spaß! Die alten Holzblasinstrumente machen ebenfalls Freude, die Paukisten spielen präzise auf den Punkt.

Und dann kommt sie auf die Bühne, in einem überaus glamourösen schulterfreien, schwarzen Glitzerkleid: Joyce DiDonato. Nicht minder schön sind die inneren Werte der US-amerikanischen Mezzosopranistin, die als eine der Besten ihres Stimmfachs gilt. Sie trifft jeden Ton, verfügt über herrliche Höhen, mit Ausbrüchen, die Gänsehaut erzeugen. Sie singt sehr dramatisch und legt bemerkenswert viel Gefühl und Ausdruck in ihren Gesang. Mit langem Atem singt sie den Kummer, die Verzweiflung und Welt-Anklage der Figur heraus.

Ihre Performance berauscht. Sie braucht keine Bühnenpartner, keine Kostüme, kein Bühnenbild und auch keine sichtbare Handlung auf der Bühne. Sie braucht nichts. Auch so ist diese große Sängerin ganz in ihrer Rolle. Zusätzlich mit beeindruckendem Mienenspiel, aber eigentlich nur mit der Kunst ihrer Stimme wird sie auf der Bühne zu ihrer Figur: Kleopatra.

Sie singt und verkörpert die lyrische Szene “La mort de Cléopâtre”, “Der Tod der Kleopatra”. Joyce DiDonato als Kaiserin am Ende ihres Lebens ist aufgewühlt, voller Unruhe, wilder Panik, hysterisch und außer sich.

Mit dem letzten Wort, „César“, haucht sie ihr Leben aus. Wahnsinn!!! Kaum je ist jemand auf der Bühne schöner und mitreißender gestorben als Joyce DiDonato in der Elbphilharmonie. Und das nur mit der Macht des Gesangs!

Und wie schön das Programm zusammengestellt ist! In ihrem zweiten Auftritt des Abends stirbt Frau DiDonato gleich noch einmal. Weil es so schön war! „Je vais mourir“, „Ich werde sterben“ heißen der Monolog und die Arie der Dido aus der Oper „Les Troyens“.

Joyce Di Donato singt mit ergreifender Leidenschaft und mit Feuer. Auch hier: Trauer, Anklage, Abschied und Schmerz, und das Ganze in vollendeter Schönheit. Frau DiDonato kann Töne scheinbar ewig halten und singt mit unfassbarer Natürlichkeit und Souveränität in jeder geforderten Tonlage und jeder Situation. Mit diesem zweiten Bühnentod beweist Frau DiDonato vollends: Keine stirbt schöner als sie!

Diese beiden Auftritte der sympathischen Star-Mezzosopranistin sind ein wunderbares Erlebnis und die Höhepunkte einer überaus gelungenen Saison-Eröffnung.

Und auch an diese majestätisch-edel klingenden Blechbläser vom Orchestre Révolutionnaire et Romantique auf ihren historischen Instrumenten wird man sich noch lange erinnern!

Sebastian Koik, 4. September 2018, für
klassik-begeistert.de

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