Klein beleuchtet kurz 45: Auch beim zweiten Konzert des Pittsburgh Symphony Orchestra nimmt der Jubel kein Ende

Klein beleuchtet kurz 45, Pittsburgh Symphony Orchestra  Elbphilharmonie, 4. September 2024

Yefim Bronfman und das Pittsburgh Symphony Orchestra; Foto PK

Auf der großen Welttournee des Klangkörpers aus Übersee darf die Elbphilharmonie Hamburg nicht fehlen – mit dem brillanten israelisch-amerikanischen Starpianisten Yefim Bronfman erklingt das dritte Klavierkonzert Rachmaninows und ein Reigen orchestraler Leckerbissen – berauschend!

von Patrik Klein

Der Jubel des ersten Konzerts war noch nicht ganz verklungen, als die rund 90 Musiker des Pittsburgh Symphony Orchestra erneut ihre Klasse zeigten. Mit John Adams’ „Short ride in a fast machine“, welches der Klangkörper einst sogar zur Uraufführung brachte, katapultierte man das Publikum aus dem Stand in eine wilde Achterbahnfahrt der entfesselten Fliehkräfte. Ein geschlagener winziger, blau eingefärbter Holzblock gab den unerbittlichen Takt vor, der einen fast aus den Sitzen riss. Entladen in einer gewaltigen Fanfare entließ man die gebannte Zuhörerschaft in die scheinbar ewige Schwerelosigkeit des Kosmos.

Die technischen Anforderungen für einen Pianisten bei Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 3 sind gewaltig und waren mit dem israelischen Amerikaner Yefim Bronfman wohl in allerbesten Händen. Der mehrfach ausgezeichnete Künstler nahm sich des „Konzerts für Elefanten“, dem Konzert mit den meisten Noten pro Sekunde an, als wäre es ein Kinderspiel. Volksliedhaft mit einer schlichten Melodie behaftet, begann das Werk, als würde es von einem großen Sänger artikuliert. Das letzte große romantische Klavierkonzert der Geschichte nahm nun Fahrt auf mit technischer Virtuosität, verstand sich aber auch auf leise Phrasen mit gefühlvollen und weichen Tastenanschlägen, emotionaler Ausgestaltung mit tiefen, tragischen Elementen sowie höchst dramatischen Momenten. Doch auch intime Lyrik, frühlingshafte Aspekte aus des Komponisten Kindheit waren eingeflochten in das Seil der dramatischen Gegensätze. Bronfman spielte sich und das Orchester in einen wahren Rausch der Gefühle und der zauberhaften Klänge.

Selbst ganz mitgenommen und völlig mit der Musik in Einklang war es für ihn trotz ewig langem, rasendem Jubelorkan des verzückten Publikums nicht mehr möglich und wohl auch kaum sinnvoll, eine Zugabe zu geben.

Die Ballettsuite „Der Feuervogel“ des jungen Komponisten Igor Strawinsky machte ihn mit nur 27 Jahren weltbekannt. Vertont wurde das Märchen von Alexander Afanajew: „Ein Baum mit merkwürdig goldenen Früchten steht im Garten des russischen Magiers Kastschej. Darin bewegt sich ein glitzernder, leuchtender Vogel aufgeregt hin und her. Thronfolger Iwan Zarewitsch gelingt es, diesen phantastischen Vogel zu fangen. Der verspricht ihm für den Fall der Freilassung, in jeder Notlage behilflich zu sein.“

Pittsburgh Symphony Orchestra mit Manfred Honeck; Foto PK

In den einzelnen Elementen „Der Feuervogel und sein Tanz“, „Pantomime“, „Pas de deux“, „Reigen der Prinzessinnen“, „Rondo“, „Höllentanz des Königs Kaschtschej“ und dem „Wiegenlied“, welche auch etwas an seinen Lehrer Rimskij-Korsakow erinnerten, wurden eine Vielzahl an musikalischen Neuheiten lebendig. Da hörte man Glissando-Effekte, sirrende und flirrende Phrasen durch Verknüpfungen von Streichern, Glockenspiel und Bläsern, die das Orchester in grellbunten Farben erblühen ließ. Eine ungeheure Präzision bei den Schlägen des gesamten Orchesters im Höllentanz, butterweiche Streicherflächen im Rondo, leiseste Passagen wie ein atmender Organismus im Wiegenlied und ein orgiastisches Finale zeigten eindringlich, dass dieses Orchester wie gemacht ist für den Klang der Elbphilharmonie. Rasender Zuspruch des restlos ausverkauften Hauses.

Last but not least gab das himmlisch präzise intonierende Orchester noch eine musikalische Reise durch Puccinis letzter Oper Turandot, bearbeitet vom Dirigenten Manfred Honeck, zum Allerbesten. Purer Musikgenuß!

Als Zugabe gab es von Prokofjew noch den Liebestod aus „Romeo und Julia“ sowie von Griegs Peer Gynt die „Morgenstimmung“.

Eigentlich hätte man den Musikern aus Pennsylvania noch stundenlang zuhören können.

Pittsburgh Symphony Orchestra

Yefim Bronfman, Klavier

Dirigent: Manfred Honeck

John Adams
Short Ride in a Fast Machine / Fanfare für Orchester

Sergej Rachmaninow
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 d-Moll op. 30

Igor Strawinsky
L’oiseau de feu (Der Feuervogel) / Suite (Fassung von 1945)

Giacomo Puccini
Turandot-Suite / Bearbeitung von Manfred Honeck und Tomáš Ille

Zugaben:

Prokofjew: Liebestod aus Romeo und Julia
Grieg: Peer Gynt Morgenstimmung

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