Schon wieder Bock auf Béla Bartók

Klein beleuchtet kurz Nr.: 14 NDR mit Herzog Blaubarts Burg  Elbphilharmonie, 9. Februar 2024

NDR Elbphilharmonie Orchester Hamburg unter Alan Gilbert; Foto Patrik Klein

Klein beleuchtet kurz Nr.14:  NDR mit Herzog Blaubarts Burg

Vor rund einer Woche hatte ich Sie schon gefragt, ob Sie Bock auf Béla Bartók hätten. Es schien so, dass Sie tatsächlich Bock hatten, denn die Hütte war wieder voll, rappelvoll. Und das an beiden Abenden. Heute und morgen. Sagenhaft und zu recht. Vielleicht sind wir uns ja sogar begegnet und haben es gar nicht bemerkt. Beim nächsten Mal grüßen Sie doch bitte wenigstens, denn ich mag Leute, die Bock auf Bartók haben.

Die beiden Abschlusskonzerte des Bartók Reigens diese Woche hatten es in sich. Ich gehe mal davon aus, dass das Wiederholungskonzert morgen Abend genauso großartig sein wird wie das von eben. Da kann man sogar das dritte Klavierkonzert mit Igor Levit ein zweites Mal hören.

Das dritte Klavierkonzert wurde 1945 im Exil in den USA geschrieben. Es enthält autobiographische Züge, denn es entstand in Bartóks Todesjahr 1945. Hoffnung auf Genesung und zarteste Melodik eines altersmilden und todkranken Komponisten werden in ihm zu Klängen geformt. Der Pianist, Weltstar und politische Aktivist Igor Levit ließ im Saal jeden den Atem anhalten, als er mit halsbrecherischer furioser Technik und feinster Zartheit über die Tasten huschte, und dabei sein kleines Notennotebook immer wieder perfekt umblätterte. Standing Ovations und Brahms als Zugabe.

Aber dann nach der Pause die konzertante Oper Herzog Blaubarts Burg mit dem radikalen Libretto von Béla Balázs. Musik und Drama gingen hier bei diesem Stück eine intensive Synthese ein. Das Orchester hatte eine szenische Sinfonie zu spielen mit einem Vulkanausbruch fast am Ende der Oper. Sieben Facetten im Leben des Herzogs wurden musikalisch berauschend vor das menschliche Ohr gehebelt. Das war düster, unheimlich und eiskalt. Judith liebte ihren Herzog und wollte ihn befreien, sie wollte Licht ins Dunkel bringen. Judith ließ alle Türen öffnen und wandelte sich in eine Traumgestalt. Dass das schief ging, war klar. Nacht bleibt es nun ewig.

Michelle DeYoung und Gerald Finley; Foto Patrik Klein

Orchester und Solisten liefen zu Höchstform auf. Die Mezzosopranistin Michelle DeYoung und der Bassbariton Gerald Finley gestalteten ihre Partien mit Souveränität, Durchschlagvermögen und Glaubhaftigkeit. Die Wucht des Orchesters mit separaten Bläsergruppen in den oberen Rängen ließ einen jeden Zuhörer erzittern. Die Bühne mit Lichteffekten passend zu den Geschehnissen hinter den Türen machten den Abend zu einem Spektakel.

Wer hier keinen Bock auf Bartók hatte, dem war nicht mehr zu helfen.

NDR Elbphilharmonie Orchester

Michelle DeYoung, Mezzosopran
Gerald Finley, Bariton

Igor Levit, Klavier
Dirigent: Alan Gilbert

Béla Bartók
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 Sz 119


Herzog Blaubarts Burg / Oper in einem Akt Sz 48
Konzertante Aufführung in ungarischer Sprache

© Patrik Klein

Klassik-begeistert-Autor Patrik Klein ist ein leidenschaftlicher Konzert- und Opernfreak, der bereits über 300 Konzerte (Eröffnungskonzert inklusive) in der Elbphilharmonie Hamburg verbrachte, hunderte Male in Opern- und Konzerthäusern in Europa verweilte und ein großes Kommunikationsnetz zu vielen Künstlern pflegt. Nicht immer nimmt er sich Pressekarten im offiziellen Modus, sondern lauscht oder schaut privat, zwanglos und mit offenen Augen und Ohren. Die daraus entstehenden meist emotional noch hoch aufgeladenen Posts in den Sozialen Medien folgen hier nun auch regelmäßig bei klassik-begeistert – voller Leidenschaft –ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aber immer mit großem Herzen!

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