Ladas Klassikwelt 106: Hans Frank war zu Tränen gerührt vom Spiel der polnischen Musiker

Ladas Klassikwelt 106: Hans Frank war zu Tränen gerührt vom Spiel der polnischen Musiker  klassik-begeistert.de, 24. April 2023

Foto: Hans Frank und Elly Ney nach dem Konzert mit ihrer Teilnahme am 28. April 1941 in Krakau  

Die Philharmonie des Generalgouvernements in Krakau 1940-1945 und ihre Dirigenten – Teil 1.

 von Jolanta Łada-Zielke

Jahrelang war die Existenz dieser Philharmonie ein Tabuthema. Diese Institution gründete nämlich der Gouverneur Hans Frank – ein Kriegsverbrecher und ein großer Kunst- und Musikliebhaber zugleich, der selbst die Stücke von Frédéric Chopin auf dem Klavier spielte. Als offizielles Gründungsdatum der Krakauer Philharmonie galt der Februar 1945. Man verschwieg ihren Vorgänger aus der Nazizeit aus etlichen Gründen.
Erstens: scheinen die Krakauer einem Völkermörder ihre eigene Philharmonie zu verdanken. Zweitens: nach dem Krieg verfolgten die Kommunisten die polnischen Musiker, die dort angestellt waren. Drittens: selbst ihre KollegInnen, die weniger Glück hatten und während der Besatzung nicht musizieren konnten, sondern körperlich arbeiten mussten, behandelten die ehemaligen Mitglieder des GG-Orchesters abweisend.

Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte Krakau weder eine eigene Philharmonie noch ein Stammsymphonieorchester. Die Musiker vor Ort versammelten sich extra für alle musikalische Ereignisse, wie Konzerte und Opernaufführungen. Es gab ebenfalls ein Konservatorium, von dem Komponisten Władysław Żeleński gegründet. Nach der Entstehung des Generalgouvernements (GG) mit der Hauptstadt in Krakau [1] beschloss Dr. Hans Frank dort ein philharmonisches Orchester zu organisieren, das das beste im Dritten Reich werden sollte. Das im Juli 1940 gegründete Orchester des Generalgouvernements bestand aus etwa 93 Musikern. Nur sein Konzertmeister, der 21-jährige Fritz Sonnleitner, war Deutscher. Neben ihm spielten die besten polnischen Instrumentalisten aus Warschau, Poznań, Kattowitz, Lwów, Tarnów und Kraków. Die Philharmonie hatte drei künstlerische Leiter nacheinander: Hans Rohr, Rudolf Hindemith und Hans Swarowsky.

„Das Logo“ der Philharmonie des Generalgouvernements

Nach der Anordnung vom Gouverneur Frank sollte das Orchester neben den populären „Volksinfoniekonzerten“, für die die Eintrittskarten günstiger waren, sechs bis acht „Philharmonische Konzerte“ in jeder Saison geben. Die Musiker traten zunächst für Deutsche auf, und dann wiederholten sie das gleiche Programm für das polnische Publikum. Die Eintrittspreise lagen zwischen 2,30 Zloty und 10,30 Zloty inklusive Garderobe. Die Philharmonischen Abonnementskonzerte fanden montags statt. Jedem von ihnen ging eine öffentliche Probe voraus, die nur für Wehrmachtssoldaten, SS- und Polizeivertreter bestimmt war. Das Ensemble spielte auch in Warschau, Radom (dort für polnische Arbeiter der Gewehrfabrik) und Lublin. In den fünf Jahren der Besatzung hatte die GG-Philharmonie insgesamt 210 Auftritte.

Polnische Musiker traten aus verschiedenen Gründen in die GG-Philharmonie ein: einige, um der KZ-Deportation oder der Zwangsarbeit zu entgehen. Andere zwangen die Deutschen dazu, wie die hervorragende polnische Harfenspielerin Helena Rostkowska-Smoczny. Sie musste von Warschau nach Krakau ziehen. Für ihre Familie hat sich diese Veränderung jedoch bewährt. Der Direktor Rohr holte ihren Bruder und ihren Stiefsohn aus Auschwitz heraus, und ihr Mann kehrte aus der Gefangenschaft zurück. „Helena Rostkowska und die anderen polnischen Solisten wünschten sich aber nicht, dass ihre Namen auf Plakaten erscheinen“, sagt Joanna Wnuk-Nazarowa. „Sie wollten nicht in den Verdacht geraten, freiwillig mit den Besatzern zu kollaborieren, die Nutznießer des Regimes zu sein.“

Hans Rohr, Foto: Borek

Das Eröffnungskonzert der Philharmonie des Generalgouvernements fand am 14. Oktober 1940 im Urania-Gebäude in Krakau statt. Auf dem Programm standen Werke von Bach, Beethoven und Brahms. In der lokalen Krakauer Zeitung erschien eine sehr gute Rezension, in der man insbesondere den stürmischen Beifall des Publikums hervorhob.

Die Krakauer Musik- und Kulturjournalistin Agnieszka Malatyńska-Stankiewicz interviewte 2010 zwei ehemalige Geiger dieses Orchesters.

„Im GG-Orchester habe ich weder einen Druck noch eine Demütigung gespürt. Dort herrschten nur Mozart, Beethoven und Haydn. Als es für ein Konzert keine Noten für mich gab, habe ich meine ganze Stimme abgeschrieben. So sehr wollte ich spielen. Diejenigen, die keine Musiker sind, werden das wahrscheinlich nicht verstehen können. Die Musik war das Wichtigste für uns“ – sagte Leszek Izmaiłow (1925-2019), der seit 1943 im Orchester als zweiter Konzertmeister fungierte.

„Ich dankte Gott, dass ich in einem so guten Orchester spielen und den Krieg dank Beethoven, Brahms, oder Haydn vergessen konnte. Schubert kannte ich auswendig“, erzählte Elżbieta Wysocka, die man als Dreizehnjährige in das Ensemble aufnahm. Sie spielte in der zweiten Geige zusammen mit ihrem Vater Kazimierz.

Foto: Elżbieta Wysocka und ihr Vater Kazimierz im Orchester

Manche Solisten lud man aus Deutschland nach Krakau ein. So trat im IV. Philharmonischen Konzert am 17. Februar 1941 die berühmte Wagner-Sängerin Marta Fuchs auf, die mit Orchesterbegleitung die 5 Wesendoncklieder von Richard Wagner aufführte. Sie war eine Gegnerin des Nationalsozialismus, während die Pianistin Elly Ney, die auch in Krakau auftrat, zu NSDAP gehörte.

Ankündigung des Konzerts mit Marta Fuchs als Solistin – Krakauer Zeitung

Das Repertoire des GG-Philharmonischen Orchesters bestand hauptsächlich aus Werken deutscher und österreichischer Komponisten: Bach, Beethoven, Brahms, Cornelius, Haydn, Mozart (vor allem im Mozartjahr 1941), Schubert, Schumann, Johann Strauß, Weber. Es gab auch französische sowie italienische Musik aus verschiedenen Epochen und sogar slawische Musik: Tschaikowsky und Smetana. Im Jahr 1942 hob man das Verbot der Aufführung von Werken polnischer Komponisten auf, so dass man auch Stücke von Kurpiński, Chopin, Moniuszko, Noskowski, Karłowicz und Żeleński aufführte, und zwar nicht nur in Konzerten für polnische Bürger. Der deutsche Pianist Wilhelm Kempff spielte Chopins Konzert in f-Moll in Krakau im Oktober 1941. Seine Interpretation des Werkes begeisterte sowohl das Publikum als auch die Orchestermitglieder.

Wilhelm Kempff und die Ankündigung des Konzerts mit seiner Teilnahme

Im Dezember 1941 besuchte Hans Rohr zu Weihnachten seine Familie in Deutschland, wo er unerwartet an einem Herzinfarkt starb. Es gab Gerüchte, dass die Gestapo ihn, wegen seiner freundlichen Einstellung gegenüber Polen, heimlich vergiftete. Nach seinem Tod schrieb Kazimierz Wysocki einen ihm gewidmeten Artikel, der in der Zeitschrift „Ilustrowany Kurier Polski“ erschien. Der Autor stellte fest, dass Hans Rohr durch die Kunst eine Brücke zwischen den beiden Nationen bauen wollte. „Als Mensch war Dr. Rohr sehr gut. Es gibt kein Mitglied unseres Orchesters, dem er in diesen schwierigen Zeiten nicht geholfen hat, sei es durch seinen Einfluss oder durch direkte finanzielle Unterstützung.“ Nach dem Krieg bestraften die kommunistischen Behörden Wysocki für diesen Nachruf mit einem sechsmonatigen Berufsverbot.

Beethoven bedeutete mehr als die Gestapo

Rudolf Hindemith

Nach dem Tod von Hans Rohr wurde Rudolf Hindemith, Cellist und Dirigent, der Bruder des Komponisten Paul, neuer künstlerischer Leiter der GG-Philharmonie. Leszek Izmaiłow erinnerte sich an einem Vorfall, als der Dirigent zur Probe kam und den Raum fast leer vorfand. Es stellte sich heraus, dass die Gestapo eine Razzia in einer benachbarten Straße durchführte und die Orchestermusiker, die gerade auf dem Weg zur Probe waren, in sie hinein geraten sind. Man sollte sie mit anderen zufällig geschnappten Personen zum Bahnhof und von dort nach Auschwitz bringen.

„Hindemith wirft den Taktstock weg, eilt zu dieser Stelle und begann mit den Soldaten einen heftigen Streit. Er holt seine Musiker aus der Menge und schreit, dass er wegen der Gestapo nicht proben könne, dass Beethoven der wichtigste sei. Und so rettet er viele.“, erzählte Izmaiłow.

Joanna Wnuk-Nazarowa erzählt von einer weiteren ähnlichen Aktion des Dirigenten:

„Hindemith fand heraus, dass es in Kraków-Płaszów ein Lager gab, dessen Insassen in den Steinbrüchen arbeiteten. Er zog eine Militäruniform an, ging zum Lagerkommandanten und forderte die Herausgabe von zwei Juden – wahrscheinlich einem Klarinettisten und einem Geiger – ein. Er brüllte den Kommandanten an: „Sie vergeuden hier gute Musiker, und ich habe keine vollständige Orchesterbesetzung!“ Man lieferte ihm diese Männer aus und sie spielten im GG-Orchester. Dank dessen überlebten sie den Krieg. Dies erzählte mir der Schwiegervater von Krzysztof Penderecki, Leon Solecki (1917-1999), der viele Jahre lang als Konzertmeister der Krakauer Philharmonie fungierte und während der Besatzungszeit im Orchester des Generalgouvernements spielte.

Hans Frank tolerierte solche Aktivitäten, weil die Philharmonie sein Lieblingsprojekt war. Er wollte, dass dort gute Musiker spielten und die richtigen Arbeitsbedingungen hatten. Er mischte sich sogar in die Kritiken der Krakauer Zeitung ein und verlangte, dass man nur positiv über das Ensemble schreibt. „Die Deutschen haben uns mit einem gewissen Respekt behandelt, keineswegs wie Eindringlinge gegenüber einem eroberten Volk”, so Izmaiłow. „Der Gouverneur Hans Frank war gerührt von unserem Chopin-Spiel. Er hatte Tränen in den Augen, als er unsere Musik hörte; was ihn jedoch nicht daran hinderte, die Hinrichtungen unserer Landsleute zu befehlen“.

 Elżbieta Wysocka äußert sich ähnlich zu diesem Thema:

„ Der Gouverneur Frank war nett zu uns. Man hat uns bezahlt, wir hatten eine Kantine in der Philharmonie, in der wir zu Mittag essen konnten, und bekamen Gutscheine, auch für Wodka. Alkohol war eine gute Ware, die wir gegen Lebensmittel eintauschen konnten. Unsere Ausweise mit dem Nachweis der Mitgliedschaft des Orchesters erlaubten uns, aus der Stadt zu verreisen und sich nach der Polizeistunde frei zu bewegen”.

Die Ankündigung eines Volkssinfoniekonzerts am 6. November 1941

Die Orchestermitglieder verdienten 500 Zloty im Monat, die Konzertmeister 680 Zloty. Im besetzten Polen gab es Schwierigkeiten mit der Versorgung von Lebensmitteln, deren Preise auf dem schwarzen Markt ziemlich hoch waren. Viele Polen fuhren auf dem Lande einkaufen. Die Musiker des Orchesters konnten sich solche Ausflüge nicht leisten, sonst hätten sie die Proben versäumt. Die Leitung der Philharmonie versuchte, die Existenz ihrer Angestellten zu verbessern.

Im zweiten Teil des Beitrags erzähle ich über den dritten und zugleich den letzten künstlerischen Leiter des GG-Orchesters Hans Swarowsky, den die polnische Komponistin Joanna Wnuk-Nazarowa persönlich kennengelernt hat.

Jolanta Łada-Zielke, 19. April 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Quellen:

  • Blog: https://deutscheskrakau.wordpress.com/
  • Agnieszka Malatyńska-Stankiewicz, „Koncert dla wrogów”, Dziennik Polski 2010
  • Anna Woźniakowska „65 lat Filharmonii im. Karola Szymanowskiego w Krakowie”
  • Mein Interview mit Joanna Wnuk-Nazarowa
  • Alle Bilder in dem Beitrag stammen aus dem Öffentlichen Bereich des Nationalen Digitalen Archiv Polens

[1] Nach der Besetzung Polens im September 1939 gliederten die Nationalsozialisten Schlesien, Großpolen und Pommern in das Dritte Reich ein und unterstellten die übrigen Gebiete dem so genannten Generalgouvernement. Krakau wurde dessen Hauptstadt, um die Bedeutung von Warschau zu mindern.

Jolanta Łada-Zielke, Jahrgang 1971, kam in Krakau zur Welt, hat an der Jagiellonen-Universität Polnische Sprache und Literatur studiert und danach das Journalistik-Studium an der Päpstlichen Universität Krakau abgeschlossen. Gleichzeitig absolvierte sie ein Gesangsdiplom in der Musikoberschule Władysław Żeleński in Krakau. Als Journalistin war Jolanta zehn Jahre beim Akademischen Radiorundfunksender Krakau angestellt, arbeitete auch mit Radio RMF Classic, und Radio ART anläßlich der Bayreuther Festspiele zusammen. 2003 bekam sie ein Stipendium vom Goethe-Institut Krakau. Für ihre  journalistische Arbeit wurde sie 2007 mit der Jubiläumsmedaille von 25 Jahren der Päpstlichen Universität ausgezeichnet. 2009 ist sie der Liebe wegen nach Deutschland gezogen, zunächst nach München, seit 2013 lebt sie in Hamburg, wo sie als freiberufliche Journalistin tätig ist. Ihre Artikel erscheinen in der polnischen Musikfachzeitschrift „Ruch Muzyczny“, in der Theaterzeitung „Didaskalia“, in der kulturellen Zeitschrift für Polen in Bayern und Baden-Württemberg „Moje Miasto“ sowie auf dem Online-Portal „Culture Avenue“ in den USA.  Jolanta ist eine leidenschaftliche Chor-und Solo-Sängerin. Zu ihrem Repertoire gehören vor allem geistliche und künstlerische Lieder sowie Schlager aus den zwanziger und dreißiger Jahren. Sie ist seit 2019 Autorin für klassik-beigeistert.de.

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7 Gedanken zu „Ladas Klassikwelt 106: Hans Frank war zu Tränen gerührt vom Spiel der polnischen Musiker
klassik-begeistert.de, 24. April 2023“

  1. Der Artikel, besonders mit dem Foto von Frank, ist widerlich, geschmacklos und rührselig: wen interessiert es schon, dass dieser Massenmörder Tränen in den Augen hatte und toll Chopin spielte; die Lobeshymnen, wie gut die Deutschen die Künstler behandelt haben, relativieren lediglich die grauenhaften Verbrechen des Hans Frank und suggerieren, dass sich Künstler im Dienste ihrer Kunst als dumm, taub und schamlos erweisen sollen, zumal wenn sie später noch Dank gegenüber den Verbrechern zeigen. Bitte nicht wieder solche Artikel.

    Eugenie Sonntag

    1. Liebe Frau Sonntag,

      pardon, Sie irren: Dies ist ein wichtiger, ein sehr guter Beitrag meiner Autorin Jolanta Łada-Zielke, geboren im polnischen Krakau.
      Sie schreibt mir: „Gut, dass es so verschiedene Meinungen dazu gibt. Aber wenn man diesen Beitrag wirklich gründlich gelesen hat, kann man mir nicht vorwerfen, dass ich die Nazizeit in Polen lobe. Ich kann nichts dafür, dass es Frank war, der die Krakauer Philharmonie gegründet hat.
      Ich verurteile das nicht, berichte nur, was die Zeitzeugen darüber sagten.“

      Liebe Frau Sonntag, in historisch-musikwissenschaftlichen Beiträgen geht es darum, zu eruieren, was die Wahrheit gewesen sei.
      Das ist Jolanta Łada-Zielke hervorragend gelungen. Das Leben ist nicht nur Schwarz-Weiß: Auch ein grausamer, perverser, kranker Massenmörder wie Hans Frank
      kann doch durchaus Emotionen gezeigt haben, wenn er klassische Musik gehört hat. Warum dürfen wir nicht erwähnen, dass er auf hohem Niveau Chopin spielte. Kandinsky hat einmal einen schönen Aufsatz geschrieben: „Und“. Das Leben ist UND, liebe Frau Sonntag. Massenmörder UND Klassikliebhaber! Gleich zu Anfang ihres Beitrages
      betont Jolanta Łada-Zielke die unmenschlichen Verbrechen dieses Nazi-Schergens. Ich sage: Bitte MEHR solcher Artikel – ein zweiter Teil folgt in Kürze. Wir sind gespannt auf Ihre Reaktion.

      Andreas Schmidt, Magister Artium der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
      Journalist / Autor
      Herausgeber

      1. Genau, sehr verehrter Herr Schmidt, zum „und“ gehört auch das „wie“, d.h. es sind nicht einfach die historischen Fakten, die in einem solchen Fall aufzuzählen sind, es kommt schon auf die Art der Darstellung an. Kunst ist nun einmal nie unpolitisch. Es fehlt in dem Artikel jeglicher Aspekt der rein politischen Absichten des H. Frank, d.h. des Missbrauchs der Kunst und der Propaganda sowie Beruhigung der Bevölkerung. Eine Steigerung stellt die spätere Schaffung der Mädchenorchester in den Vernichtungslagern dar. Die Gründung des Krakauer Besatzungsorchesters inmitten der ringsum stattfindenen Ermordungen und der Pläne zur Ausrottung bzw. Versklavung der slawischen Bevölkerung ist an Zynismus nicht zu überbieten, verbunden mit der ideologischen Umdeutung deutscher Künstler in Nationalsozialisten. Man erinnere sich, daß Elly als Namensgeberin der Bombardierung Coventry in „Mondscheinsonate“ dazu beigtragen hat – sämtlicher humaner Aspekt gerade bei Beethoven wurde somit auch mit Hilfe deutscher Musiker ausgetrieben. Um nicht mißverstanden zu werden: Dass polnische Künstler in dem Orchester mitspielten ist jeder Weise nachzuvollziehen, immerhin der letzte Rettungsanker, um Leben zu retten. Zu kritisieren ist aber das moralische Versagen der drei deutschen Dirigenten, ob sie nun aus Angepasstheit, Karrieregründen oder aus „Beethoven über alles“ gehandelt haben. Weil viele unserer Künstler so waren, hatten die Nazis leichtes Spiel; es gibt keinen Grund, das nachträglich wie in Ihrem Artikel geschehen, zu loben, bzw. das Verhalten „reinzuwaschen“.

        Mit freundlichen Grüßen,

        Eugenie Sonntag

    2. Widerlich? Rührselig? Geschmacklos?
      Ich kann Ihrem wohl eher emotionalen und weniger sachlichen Eindruck nicht folgen. Wo bitte sehr ist dieser Artikel denn irgendetwas anderes, als ein (gut recherchierter!) Bericht über die Zustände in Krakau zur Zeit um 1940 – 1945?

      Bevor ich diesen Beitrag gelesen habe, wusste ich so gut wie gar nichts über dieses Thema. Nun fühle ich mich doch deutlich bereichert und besser informiert. Und basierend auf diesem Bericht finde ich viel eher erschreckend, unter welchen Umständen die Künstler dort proben und spielen mussten. Der Schrecken und die Sorgen, die die Menschen damals hatten und die Motivation, warum sie trotz Kollaborationsvorwürfen in diesem Orchester gespielt haben, werden doch sehr plastisch und nachvollziehbar geschildert. Da ist überhaupt nichts romantisierend und Lobeshymnen oder ‚Dank gegenüber den Verbrechern‘ sehe ich auch nirgendwo. Nur Menschen, die um ihr Überleben gekämpft haben und dementsprechend pragmatisch waren. Was hätten diese Menschen denn sonst tun sollen? Protestieren? Sich auf offener Straße erschießen lassen? Oder in Ausschwitz zu Tode arbeiten?

      Also ich finde den Beitrag sehr gelungen und auch inhaltlich extrem gut recherchiert. Ihr Urteil, Frau Sonntag, kann ich leider überhaupt nicht nachvollziehen.

      Gruß,
      Daniel Janz

    3. Your criticism is correct. Hans Frank’s love of classical music just proves that this is irrelevant when it comes to moral and ethical behaviour. Hitler loved Bruckner.
      If you want to say nice things about Hans Frank, who was found guilty of war crimes and crimes against humanity at the Nuremberg trials and was sentenced to death and executed by hanging in October 1946 you should first read his son Niklas’s book:
      https://www.bitebackpublishing.com/books/the-father-a-revenge

      Alan P.

  2. Ein durchaus interessanter Artikel, jedoch einige allgemein zugängliche Informationen hat die Autorin offensichtlich übersehen. Ein professionelles Orchester wurde schon 1909 von dem polnischen Komponisten und Dirigenten Feliks Nowowiejski gegründet und existierte bis September 1939. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Ensemble von dem Dirigenten Bolesław Wallek-Walewski geleitet. Ausser ihn dirigierten dort solch bekannte Dirigenten, wie Zdzisław Górzyński, Piotr Stermich-Valcrociata, Bolesław Wallek-Walewski, Adam Dołżycki oder Walerian Bierdiajew. Und wenn es auch explizit keine Philharmonie war, ein Stammorchester war es auf jeden Fall. Darüber hinaus, 1937 r. hat der Vorstand der Krakauer Musikgesellschaft eine autonome Sektion unter dem Namen „Krakauer Philharmonie“ gegründet. Das „Krakauer Sinfonieorchester“ spielte die Konzerte bis Mai 1939. Bevor man also die Musikverliebtheit eines Gubernators Frank lobt (wenn die auch für manche Musiker eine Rettung bedeutete), sollte man zumindest diesen Teil der Geschichte nicht unerwähnt lassen.

    original Link: https://www.ebilet.pl/miejsce/filharmonia-krakowska

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