Ladas Klassikwelt 104: The Royal Opera House Muscat in Oman verbindet musikalisch Orient und Okzident

Ladas Klassikwelt 104: The Royal Opera House Muscat in Oman verbindet musikalisch Orient und Okzident

Foto: The Royal Opera House Muscat von Außen

von Jolanta Łada-Zielke (Text und Fotos)

Wie eine vom Grün umgebene Perle präsentiert sich das Royal Opera House Muscat, umkreist von orientalischen Gärten. Die Aussicht auf dieses wunderschöne Gebäude aus Marmor, Holz und Glas ist atemberaubend. Ich kam dorthin während einer Kreuzfahrt, entlang des südöstlichen Teils der Arabischen Halbinsel. Am fünften Tag erreichte unser Schiff die Hauptstadt von Oman, Muscat. Ohne Zögern habe ich eine Besichtigung der dortigen Königlichen Oper von allen Ausflugsangeboten gewählt.

An der Wand der majestätischen Arkaden sieht man das Logo dieser kulturellen Institution, wie zwei gegenüberliegende Violinschlüssel. Sein zentrales Element erinnert an einen omanischen Torbogen. Die welligen Linien an den beiden Seiten symbolisieren die fließende Bewegung, den Rhythmus und die Präzision eines Dirigentenstabs und verweisen damit auf die musikalische Bestimmung des Opernhauses. Sein Zweck ist „einen Dialog zwischen den Zivilisationen zu führen, den kulturellen Austausch zu bereichern, sowie die dauerhafte Freundschaft und Zusammenarbeit zu fördern“, wie sich Qaboos Bin Said, der Sultan Omans von 1970 bis zu seinem Tod im Jahr 2020, äußerte.

Die Geschichte des Royal Opera House Muscat (ROHM) reicht bis in die 1870er Jahre zurück, als Oman seine Renaissance-Ära erlebte. Um den Bürgern die klassische symphonische Musik näher zu bringen, ordnete der damalige Sultan die Gründung der Ersten Königlichen Kapelle für Musik und Kunst in Muscat (auf Deutsch: Maskat) und der Zweiten Königlichen Kapelle in Salalah. Darauf folgte die Entstehung des Royal Oman Symphony Orchestra, ebenfalls in Maskat. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts setzte man einen speziellen Ausschuss ein, der einen Wettbewerb für die Gestaltung des Opernhauses organisierte. Das Unternehmen, das den Wettbewerb gewonnen hatte, schlug vor, bei dem Bau einen historisch inspirierten omanischen Stil mit moderner Technologie zu verbinden. 2007 fingen die Bauarbeiten an.

Bühnenarbeiten

Bei der Eröffnung des Opernhauses im Juli 2011 fand ein Konzert des Royal Oman Symphony Orchestra, und im September eine Aufführung von Verdis „Rigoletto“ statt. Das ROHM lädt international renommierte Künstler, vor allem Dirigenten, Solisten, Oper- und Ballettensembles zu Auftritten ein. Unser Guide verweist darauf, dass Plácido Domingo hier gesungen hat.

Hauptfoyer

Die Architekten konzipierten das ROHM als ein Mehrzweckgebäude, in dem sowohl Opern, Konzerte und Theatervorstellungen, als auch Versammlungen jeder Art stattfinden können. Sein Baustil spiegelt traditionelle Elemente der islamischen Architektur wider, wie die Verwendung von massivem Stein und Holz (Mahagoni) mit feinen und komplizierten Schnitzereien. Während das Gebäude aus der Ferne an eine omanische Festung erinnert, hat das Innere einen Palast- und Tempelcharakter. Am auffälligsten sind Maschrabiyya [1]-Balkonschirme und Zonaq – eine Art der handgemalten Dekoration auf Holzoberflächen. In der Nähe der Haupttreppen gehen wir an einer Vitrine mit ausgestellten antiken Musikinstrumenten vorbei.

Unser Gastgeber, mit dem traditionellen Thawb (Gewand) bekleidet und einen Turban tragend, erzählt über die akustischen Eigenschaften des Opernhauses. Im Hauptfoyer hört man die Klänge verstärkter Musik, sieht aber nirgendwo einen einzigen Lautsprecher; die Erbauer versteckten alle innerhalb der hoch aufragenden Säulen. Genauso unauffällig sind die unterschiedlichen Einrichtungen an Schallabsorption und Nachhall an den Maschrabiyya-Leinwänden um die Logen herum. Schade, dass wir die Demonstration all dieser Einrichtungen persönlich nicht erfahren können. Um dies mitzuerleben, muss man zu einer Opernaufführung kommen. Leider sind wir auf einer Kreuzfahrt und an demselben Abend legt unser Schiff nach Dubai ab.

Logen

Das Hauptauditorium enthält 850 bis 1100 Sitzplätze, verfügt über ein Hauptgestühl, drei Balkone und die Theaterlogen, mit je vier Sitzplätzen. Die Eintrittskarten für den Zuschauerraum kosten 12 Dollar, für die Loge 600 Dollar, man kann jedoch diesen Preis durch die Anzahl der Plätze teilen. Auf der Rückseite des Auditoriums gibt es die prächtige Royal Loge, deren Eingangsbereich exquisit gefertigten Intarsien-Tafeln mit Auszügen aus Partituren und Bildern von Musikinstrumenten schmücken.

Die Werke singt man in den Originalsprachen. Die Untertitel in ausgewählten Sprachen erscheinen auf kleinen Bildschirmen, die an den Rückenlehnen der Sitze angebracht sind, wie in einem Flugzeug. Bei ROHM ließ man zum ersten Mal auf der Welt die Texte der Libretti ins Arabische übersetzen.

Wir stoßen auf eine Kuriosität: in den Hauptdeckenbalken des Auditoriums befinden sich codierte Puzzletafeln, die die Besucher lösen können. Jeder Balken enthält zwei bemalte Tafeln, die ein Bild von Musikinstrumenten mit einer Notation von einem Auszug aus einer Opernarie enthalten. Jede Note repräsentiert einen Buchstaben des Alphabets in einer Chiffre. Wenn man die Noten mit den Buchstaben zusammenkombiniert, rät man den Namen eines Komponisten, den Titel seiner Oper und das Jahr ihres Entstehens oder der Uraufführung.

Die Orgel

In der Tiefe des Konzertpavillons sehen wir eine prächtige Orgel, die von der Firma Klais aus Bonn stammt. Die Erbauer selbst nannten sie „eine Orgel wie aus tausendundeiner Nacht“. Das riesige Instrument verfügt über 4.542 Pfeifen, vier Manuale und 70 Register. Die längste Pfeife mit 9,75 Metern Länge erzeugt den tiefsten Ton, während die kleinsten von 3 cm fast unhörbar sind.

Zum Schluss betrachte ich die Fotos von Opernaufführungen im Ausstellungsbereich. Wie ich vermutet habe, stehen vor allem Verdi und Puccini auf dem Programm von ROHM. Das reiche und monumentale Bühnenbild sowie prachtvolle Kostüme von „Aida“ und „Turandot“ beeindrucken mich sehr. Wir sehen ebenfalls einen kurzen Film über die Vorbereitungen für „Carmen“ 2019, unter der Leitung von Antonello Allemandi, mit Elena Maximova und José Cura in den Hauptrollen. In dieser Saison gibt es im Repertoire Humperdincks „Hänsel und Gretel“ mit der Mezzosopranistin Karis Tucker. Am 22. März beginnt der Ramadan, währenddessen finden im Opernhaus nur besondere Sing- und Leseabende Namens Inshaad statt.

Auf einem Bild sehe ich Plácido Domingo während seines Liederabends. Ein anderes Foto stellt ein Teil des Orchesters dar. Frauen spielen auch darin, selbstverständlich verschleiert. Ihre Kleidung ist jedoch nicht schwarz, sondern in den Nationalfarben von Oman: weiß, grün und rot.

Ich kann mir eine Inszenierung von Richard Wagners „Sarazenin“ auf der Bühne des ROHMs gut vorstellen. Natürlich müsste jemand das Libretto vertonen. Das Werk kann man dort ebenso als Theaterstück aufführen, zumal die Botschaft der Titelfigur perfekt zum Charakter dieser Institution passt: „Ich verheiße euch herrliche Zeiten, da Christ und Muselmann Brüder werden sollen!“

Jolanta Łada-Zielke,13. März 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Jolanta Łada-Zielke, Jahrgang 1971, kam in Krakau zur Welt, hat an der Jagiellonen-Universität Polnische Sprache und Literatur studiert und danach das Journalistik-Studium an der Päpstlichen Universität Krakau abgeschlossen. Gleichzeitig absolvierte sie ein Gesangsdiplom in der Musikoberschule Władysław Żeleński in Krakau. Als Journalistin war Jolanta zehn Jahre beim Akademischen Radiorundfunksender Krakau angestellt, arbeitete auch mit Radio RMF Classic, und Radio ART anläßlich der Bayreuther Festspiele zusammen. 2003 bekam sie ein Stipendium vom Goethe-Institut Krakau. Für ihre  journalistische Arbeit wurde sie 2007 mit der Jubiläumsmedaille von 25 Jahren der Päpstlichen Universität ausgezeichnet. 2009 ist sie der Liebe wegen nach Deutschland gezogen, zunächst nach München, seit 2013 lebt sie in Hamburg, wo sie als freiberufliche Journalistin tätig ist. Ihre Artikel erscheinen in der polnischen Musikfachzeitschrift „Ruch Muzyczny“, in der Theaterzeitung „Didaskalia“, in der kulturellen Zeitschrift für Polen in Bayern und Baden-Württemberg „Moje Miasto“ sowie auf dem Online-Portal „Culture Avenue“ in den USA.  Jolanta ist eine leidenschaftliche Chor-und Solo-Sängerin. Zu ihrem Repertoire gehören vor allem geistliche und künstlerische Lieder sowie Schlager aus den zwanziger und dreißiger Jahren. Sie ist seit 2019 Autorin für klassik-beigeistert.de.

[1] Maschrabiyya (arabisch مشربية, DMG mašrabīya) nennt man in der traditionellen islamischen Architektur dekorative Holzgitter, die als Gitterschranken in Moscheen oder als Fenstergitter oder als Balkonverkleidungen in Wohnhäusern und Palästen zum Einsatz kamen.

RICHARD WAGNER, DIE WALKÜRE, Emirates Palace, ABU DHABI / VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE, 30. Januar 2019

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