Ladas Klassikwelt 35: Ohne Worte, aber mit viel Herz

Ladas Klassikwelt 35: Ohne Worte, aber mit viel Herz

Die CD „Ring ohne Worte“ von der Staatskapelle Weimar unter der Leitung von Hansjörg Albrecht (Label: Oehms Classics)

von Jolanta Łada-Zielke

Dieses Album wurde bereits vor zwei Jahren rezensiert, gleich nachdem es veröffentlicht worden war. Ich möchte demnach keine Analyse davon bringen, keine Bemerkungen zu den dynamischen Proportionen machen, welches Instrument an welchen Stellen zu sehr auffällt oder ob die vom Dirigenten verlangten Tempi angemessen sind; das hat schon Andrea Braun für das Portal „Das Orchester” gemacht. Ich brauche nicht daran zu erinnern, welches Instrument einen Charakter mit seinem Klang imitiert, da eine genaue Beschreibung dessen auf der Schott Music-Website veröffentlicht wurde. Ich genieße einfach den „Ring“ als ein gesamtes Stück in der erstklassigen Aufführung eines Orchesters mit langer Tradition unter der Leitung von Hansjörg Albrecht.

Diejenigen, die meine Liebe für Wagner kennen, werden wahrscheinlich denken, dass ich mich auf diese Weise zwinge, nach einem Ersatz für den echten „Ring des Nibelungen“ in Bayreuth zu suchen, dessen Premiere auf 2022 verschoben wurde. Warum nicht? Es ist angenehmer, diese von Lorin Maazel entwickelte „Wagner-Symphonie“ zu Hause zu hören, die nur 72 Minuten dauert und die wichtigsten Motive aus allen vier Teilen der Tetralogie enthält. Da gibt es ein „großes Es“, das die Tiefe des Rheins darstellt, im Satz „Fahrt in Nibelheims nächt‘ges Land“ kann man den Klang der Hämmer der arbeitenden Nibelungen hören, dann Flöte und Oboen-Spiel im Wald und Siegfrieds Horn. Alle Teile gehen attaca weiter, was dem Eindruck der von Wagner erfundenen „unendlichen Melodie“ entspricht.

Jolanta Lada-Zielke mit dem Regisseur und Dramatiker Tankred Dorst. Das Bild entstand im Jahr 2006 im Restaurant Bürgerreuth in Bayreuth.

Die zwei Aufführungen des „Ring ohne Worte“, aus denen diese Aufnahme stammt, fanden im Oktober 2016 in Weimar statt. Sowohl die Staatskapelle Weimar als auch der Ort des Konzerts wurden nicht zufällig ausgewählt. Im Schutzumschlag des Albums befindet sich ein Text von Dr. Eva Gesine Baur über die Beziehung Wagners zu der Stadt Weimar sowie zu ihrem damals berühmtesten Einwohner Franz Liszt. Es stellte sich heraus, dass es Pläne gab, das Wagner-Theater dort zu bauen, wobei dem Komponisten sein Kollege und zugleich zukünftiger Schwiegervater helfen sollte. Wagner hatte jedoch auch in Weimar starke Gegner, die diese Absicht vereitelten.

Einige meiner Freunde, die die CD gehört haben, haben gesagt, es sei wunderschöne Musik, sie würden aber die Opernvorstellung bevorzugen. Zwar stehen im Internet einige Aufführungen des „Ring“ zur Verfügung, aber ab und zu möchte ich mich mit der Musik ohne Gesang vergnügen. Während ich mir den „Ring ohne Worte“ anhörte, sah ich mir den Festivalkalender für das Jahr 2020 mit Postkartenfotos der Inszenierungen des „Rheingolds“ in Bayreuth an und zwar von der Premiere im Jahr 1876 (von damals gibt es noch kein Foto sondern nur einen Entwurf des Bühnenbildes) bis zu der letzten Produktion der Tetralogie von 2013.

Auf den Bildern sieht man die Burg Walhall in der Gestalt wie sie sich die jeweiligen Regisseure vorgestellt haben: Richard Wagner, Wieland und Wolfgang Wagner, Patrice Chereau, Sir Peter Hall, Harry Kupfer, Alfred Kirchner, Jürgen Flimm, Tankred Dorst und Frank Castorf. Die Fotos aus den 1950er- und 1960er-Jahren sind noch schwarz-weiß, sodass man die Farben der Regenbogenbrücke nicht sehen kann, über die die Götter in ihre Burg steigen sollen. Dafür kann man das Spiel der Lichter auf ihnen erkennen.

Bei den Klängen des Orchesters und den Bildern denke ich darüber nach, welchen Preis die Götter für ihr Walhall letztendlich zahlen mussten. Aber je mehr ich mir diese Aufführung anhöre, desto mehr gefällt sie mir. Bei der „Morgendämmerung“ und „Siegfrieds Tod und Trauermarsch“ in dieser Fassung kommen mir sogar die Tränen.

Jolanta Lada-Zielke, 07. Juni 2020. für
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© Jolanta Lada-Zielke

Jolanta Lada-Zielke, 48, kam in Krakau zur Welt, hat an der Jagiellonen-Universität Polnische Sprache und Literatur studiert und danach das Journalistik-Studium an der Päpstlichen Universität Krakau abgeschlossen. Gleichzeitig absolvierte sie ein Gesangsdiplom in der Musikoberschule Władysław Żeleński in Krakau. Als Journalistin war Jolanta zehn Jahre beim Akademischen Radiorundfunksender Krakau angestellt, arbeitete auch mit Radio RMF Classic, und Radio ART anlässlich der Bayreuther Festspiele zusammen. 2003 bekam sie ein Stipendium vom Goethe-Institut Krakau. Für ihre  journalistische Arbeit wurde sie 2007 mit der Jubiläumsmedaille von 25 Jahren der Päpstlichen Universität ausgezeichnet. 2009 ist sie der Liebe wegen nach Deutschland gezogen, zunächst nach München, seit 2013 lebt sie in Hamburg, wo sie als freiberufliche Journalistin tätig ist. Ihre Artikel erscheinen in der polnischen Musikfachzeitschrift „Ruch Muzyczny“, in der Theaterzeitung „Didaskalia“, in der kulturellen Zeitschrift für Polen in Bayern und Baden-Württemberg „Moje Miasto“ sowie auf dem Online-Portal „Culture Avenue“ in den USA.  Jolanta ist eine leidenschaftliche Chor-und Solo-Sängerin. Zu ihrem Repertoire gehören vor allem geistliche und künstlerische Lieder sowie Schlager aus den Zwanzigern und Dreißigern. Sie ist seit 2019 Autorin für klassik-beigeistert.de.

 

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