Kämpferisch präsentiert Lena Belkina ihre neue CD in Wien

Lena Belkina, Benefiz / CD-Präsentation „Spring Night“,  Mozarthaus, Wien, 19. März 2022

Foto: Lena Belkina ©

Mozarthaus, Wien, 19. März 2022

Benefiz / CD-Präsentation „Spring Night“
Lena Belkina,
Mezzosopran
Matthias Samuil,
Klavier

von Jürgen Pathy

Tief erschüttert. Dass Lena Belkina, die aktuellen Umstände in ihrer Heimat nicht kaltlassen, spürt man sofort. Nicht nur, weil die in der Ukraine aufgewachsene Sängerin zu Beginn ihrer CD-Präsentation schwer mit den Tränen zu kämpfen hat, sondern auch wegen der Programmauswahl, die sie anscheinend wegen der aktuellen Lage geändert hat. Eigentlich hätte ihre CD-Präsentation mit Mozarts Arie „Partoma tu ben mio“ des Sesto beginnen sollen – zumindest findet man das so im „Netz“. Geworden sind es aber andere Hosenrollen, mit denen sie Samstagabend im Wiener Mozarthaus dann beginnt.

Es sind drei Rollen, in die man einiges hinein interpretieren könnte. Zum einen die Anfangsarie aus dem „Rosenkavalier“, wo der blutjunge Octavian sich mit der Fürstin vergnügt. Zum anderen zwei Arien, die enormen Kampfgeist ausdrücken. Eine ist „Romeo“ aus Bellinis Oper „I Capuleti e i Monntechi“ und eine aus Rossinis opera seria „Tancredi“ – einem „anderen Helden“, wie Lena Belkina erklärt, die vor einigen Liedern und Arien eine kurze Ansprache hält.

Die, wie könnte es in ihrer Lage anders sein, besonders den Krieg in ihrer Heimat verurteilen – zumindest beim Prolog, den sie bei ihrer CD-Präsentation, die sie kurzerhand zum Benefiz erkoren hat, führt. Dabei gibt sich die junge Mutter in vielerlei Belangen siegessicher.

In schwarzer Guerilla-Montur in den Kampf

Oberflächlich ist es vor allem ihr Outfit, das an eine moderne Version der Jeanne d’Arc erinnert, die sie vor einigen Jahren auch sensationell im Theater an der Wien dargeboten hat. Von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt, strahlt Lena Belkina eine ungeheure Kampfeslust aus. Schuhe, Hose und Bluse, ja selbst die Haare, finster wie die Nacht.

Sogar ihre Augen, die tiefschwarz funkeln, können zwar bittere Trauer, aber genauso enormen Siegeswillen vermitteln. Tüpfelchen auf dem i: Die fingerlosen Handschuhe, die ihre mit Silberringen geschmückten Hände umhüllen und ihre eine Aura verleihen, als wäre sie eine Komposition aus Terminator und moderner Ritterin.

Stimmlich voller Farben

Tiefgründig ist es aber vor allem ihre Stimme, mit der sich Lena Belkinas Siegeszug manifestiert. Seit dem Gewinn des Boris-Gmyria-Gesangswettbewerbs lässt sich der sowieso nicht mehr stoppen. Auch wenn sie anfangs noch etwas beklemmt wirkt, aufgrund der Trauer, die sich nach ihrer einfühlsamen Rede niederschlägt, kann sich ihr recht hell timbrierter Mezzo im Laufe des Abends immer mehr befreien.

Vor allem die russischen Lieder sind es, mit denen sie beeindruckt. Einige von Tschaikowsky. Drei von Rachmaninoff, die auf Texten eines ukrainischen Dichters basieren und auch auf der CD zu hören sind. „Frühlingslieder“, wie Belkina betont. Spätestens hier kann sie all die Farbenpracht ins Rennen werfen, mit der sie ihren sowohl kräftigen als auch sanften Mezzo leuchten lässt.

Todtrauriges Klavier 

Unterstützt wird Lena Belkina dabei von Matthias Samuil. Der erweist sich nicht nur als aufmerksamer Begleiter, sondern auch als erstklassiger Solist mit Hang zur tiefsinnigen Romantik. Nachdem er schon zur Halbzeit mit einer melancholischen Nocturne von Chopin aufgezeigt hat, setzt er mit der cis-Moll Prelude von Sergei Bortkiewicz als Zugabe noch eines drauf.

Um diese lässt sich Lena Belkina auch nicht lange bitten. Ein ukrainisches Volkslied hat sie natürlich gewählt, wie könnte es anders sein. Um diesen Abend im intimen Kreis, zwei Stockwerke tief unter der Erde des Hauses, wo Mozart bis 1787 gelebt hat, gebührend zu beenden.

Jürgen Pathy (Klassikpunk.de), 24. März 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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