Martha Argerich, Foto:© Daniel Dittus
Laeiszhalle, Hamburg, 23. Juni 2021
Martha Argerich Festival, Konzert #5
von Dr. Holger Voigt
Die erste Botschaft der Freude war, dass dieses so ungemein einzigartige Festival überhaupt im großen Saal der Laeiszhalle in Hamburg vor einem leibhaftigen Publikum stattfinden konnte. Die zweite Botschaft der Freude war, dass sich Ausführende und Publikum wie eine große Familie empfanden, deren einziger Zweck der Zusammenkunft das Musizieren war. Musik als Bindeglied menschlicher Existenz – unbeeindruckt vom formalen Pandemiebeschränkungen. Musik findet jenseits von Regulation Gehör und es ist wichtig, sich dieser Tatsache immer wieder erneut bewusst zu werden.
Zahlreiche hervorragende Konzerte konnten auf diesem Martha-Argerich-Festival gehört werden und hinterließen abstrichlos hellste Begeisterung beim Publikum!
Dazu gehörte auch dieses denkwürdige Konzert #5 am 23. Juni 2021, das fast wie ein großes Familientreffen daherkam. Drei Kompositionen der Romantik bildeten den Programmrahmen. Sie wurden von zahlreichen meisterhaften Instrumental-Virtuosen vorgetragen, deren Auflistung allein staunen lässt. Und zum Abschluss kam mit Dmitri Schostakowitschs Sonate für Violoncello und Klavier, gespielt von Mischa Maisky und Martha Argerich, noch ein postromantischer „Hauch“ Moderne hinzu.
Für mich stand der Höhepunkt des Abends bereits ganz am Anfang. Die mit Martha Argerich seit vielen Jahren befreundete italienisch-deutsche Pianistin Sophie Pacini trug Franz Liszts Paraphrase nach Richard Wagners „Tannhäuser“ vor und zauberte dabei einen unnachahmlichen Opernklang aus dem Klavier hervor, der die Laeiszhalle quasi erbeben ließ: Bayreuth im Konzertsaal! Riesiger Beifall für die brilliante Pianistin!
Johannes Brahms’ Sonate für Klavier und Viola Nr. 2, vorgetragen von Gérard Caussé, Viola, und Nicholas Angelich, Klavier, ist ein anspruchsvolles romantisches Werk in drei Sätzen, dem die Solisten eine höchstsensible atmosphärische Stimmung entlockten, deren Wirkung sich wie ein tröstlicher Schleier auf die Zuhörer herabsenkte. Großer Beifall auch für die beiden Solisten, die einen weiteren Höhepunkt des Abends gesetzt hatten.
Das Septett in Es-Dur op. 65 von Camille Saint-Saëns ist ein nur selten zu Gehör gebrachtes Ensemble-Werk, dessen Besonderheit der Auftritt einer Solo-Trompete sein dürfte (hervorragend gespielt von Sergei Nakariakov). Aus musikalischen Ensemble-Abschnitten, oft dialogisch strukturiert und angeordnet, werden solistische Räume geschaffen, in denen die einzelnen Solisten ihre ganze Virtuosität offenbaren können. In friedlicher Klangharmonie kommt dieses interessante und ungewöhnliche Meisterstück zum Abschluss.
Den Abschluss stellte Dmitri Schostakowitschs Sonate für Violoncello und Klavier d-Moll op. 40 dar, die bei den beiden Solisten, Mischa Maisky und Martha Argerich, so innig mit der musikalischen Seele verknüpft erschien, dass man nur noch staunen konnte. Tief bewegt wurde dieses getragen und düster wirkende Werk vom Publikum aufgenommen, das seiner Begeisterung im Anschluss in tosendem Beifall Luft machte. Was für ein berührender Abschluss (inklusive der nachfolgenden Brahms-Zugabe)!
An diesem Abend – fast könnte man ihn „Martha Argerich & Friends“ betiteln – zeigte sich die Seele des Festivals und verdeutlichte, warum wir dieses Festival auch in Zukunft nicht mehr missen möchten! Danke an alle Mitwirkenden!
Dr. Holger Voigt, 04. Juli 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Anne-Sophie Mutter, Mischa Maisky, Martha Argerich Laeiszhalle Hamburg, 21. Juni 2021
Mitwirkende
Sergei Nakariakov, Trompete
Paweł Kisza, Violine
Lyda Chen, Viola
Gérard Caussé, Viola
Mischa Maisky, Violoncello
Eugene Lifschitz, Violoncello
Gregor Hammans, Kontrabass
Dong Hyek Lim, Klavier
Nicholas Angelich, Klavier
Sophie Pacini, Klavier
Martha Argerich, Klavier
Programm
Richard Wagner/Franz Liszt
Overtüre zu „Tannhäuser“. Konzertparaphrase für Klavier S 442
Sophie Pacini, Klavier
Johannes Brahms
Sonate für Klavier und Viola Es-Dur op. 120/2
Allegro amabile
Allegro appassionato
Andante con moto – Allegro – Più tranquillo
Gérard Caussé, Viola
Nicholas Angelich, Klavier
Camille Saint-Saëns
Septett für Trompete, Klavier und Streichquintett Es-Dur op. 65
Préambule
Menuet
Intermède
Gavotte et Final
Sergei Nakariakov, Trompete
Adrian Illiescu, Violine
Paweł Kisza, Violine
Lyda Chen, Viola
Eugene Lifschitz, Violoncello
Gregor Hammans, Kontrabass
Dong Hyek Lim, Klavier
Dmitri Schostakowitsch
Sonate für Violoncello und Klavier d-Moll op. 40
Allegro non troppo
Allegro
Largo
Allegro
Mischa Maisky Violoncello
Martha Argerich, Klavier