Maurizio Pollini – eine lebende Legende im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins

Maurizio Pollini, Klavier, Schönberg, Schumann, Chopin  Wiener Musikverein, Großer Saal, 15. Juni 2023

Der italienische Pianist Maurizio Pollini © Deutsche Grammophon / Christoph Riccius

Wiener Musikverein, Großer Saal, 15. Juni 2023

Maurizio Pollini, Klavier

Schönberg, Schumann, Chopin

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Bevor auch nur der erste Ton erklang überwältigte die visuelle Pracht dieses Bildes: Golden schien die sommerliche Abendsonne durch die Fenster des Großen Musikvereinssaals goldüberströmt, fast überirdisch leuchtend der Goldene Saal mit den unzähligen goldenen Karyatiden unter der mit Fresken reich geschmückten, goldenen Kassettendecke. Dann trat er auf, der 81-jährige Weltstar, längst eine lebende Legende – in einem legendären Raum. Maurizio Pollini zählt, darüber sind sich Musikkritiker einig, zu einem der größten Pianisten unserer Zeit – technisch perfekt wie kaum ein anderer. Zurückhaltend, ja bescheiden im Auftreten, entfaltet er expressive Kraft und entlockt dem Instrument herrliche Töne, sobald seine Hände die Tasten des Flügels berühren.

Nach Auftreten akuter Herzprobleme musste Pollini seine Auftritte im vergangenen Jahr absagen. Dass er jetzt wieder im Musikverein aufzutreten vermochte, war ein Segen – und ein überaus wertvolles Geschenk ans Publikum. Sein Gang zum Flügel war von der Krankheit gezeichnet: Gebeugt, mit schleppenden und zugleich fast allzu hastig bemühten Schritten. Er begann sein Konzert mit widerständigem – Arnold Schönbergs Klavierstücken Opus 19 – und forderte damit gleich von Anfang an die volle Konzentration seines Publikums ein. In der nachfolgenden C-Dur-Fantasie von Robert Schumann verlieh er dem Romantiker mit Fingern, die unübersehbar Widerstand zu leisten beginnen, überragende Strahlkraft.

(c) Dr. Charles Ritterband

Der zweite Teil des Konzerts nach der Pause, war Chopin gewidmet – eine weitere Steigerung dieses Abends. Pollini begegnete dem verführerischen Sinnesrausch des polnischen Komponisten mit unterkühlter Vornehmheit, Distanz und doch zugleich Empathie. Chopin war der unbestreitbare Höhepunkt von Pollinis Darbietung – diese meisterhaft dargebotenen Klänge werden uns als nachhaltige Resonanz in den Alltag begleiten und noch lange nachklingen. Doch vorerst die Ehrung: Minutenlange „Standing Ovations“ des dankbaren Publikums im Goldenen Saal.

Dr. Charles Ritterband, 18. Juni 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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