Mozarts „Zauberflöte“ überzeugt mit packender Darbietung

Musikfest Bremen: Die Zauberflöte  Bremer Konzerthaus Die Glocke, 27. August 2025

Zauberflöte/Andreas Conrad, Chorwerk Ruhr, Elsa Dreisig, Äneas Humm © Patric Leo

Musikfest Bremen: „Die Zauberflöte“

Wolfgang Amadeus Mozart  „Die Zauberflöte“ KV 620, Große Oper in zwei Aufzügen (halbszenische Aufführung)

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen

Mauro Peter  Tenor (Tamino)
Kathryn Lewek  Sopran (Königin der Nacht)
Elsa Dreisig   Sopran (Pamina)
Miriam Kutrowatz  Sopran (Papagena)
Äneas Humm  Bariton (Papageno)
Manuel Winckhler  Bass (Sarastro)
Andreas Conrad  Tenor (Monostatos)
sowie weitere Solisten

ChorWerk Ruhr (Einstudierung: Michael Alber)

Tarmo Peltokoski   Dirigent

Romain Gilbert   Regie

Bremer Konzerthaus Die Glocke, 27. August 2025

von Dr. Gerd Klingeberg

Sie ist geradezu verwirrend vielschichtig, changiert zwischen ausgelassen Komödiantischem und zutiefst ernsten, tragischen Partien. Liebe und Hass in heftiger Ausprägung, dazu ein erbitterter Kampf zwischen Gut und Böse finden sich ebenso wie tiefsinnige Lebensweisheiten in diesem genialen Werk.
Kurz gesagt: Mozarts Oper „Die Zauberflöte“, zweifellos ein grandioses Meisterwerk, lässt sich schwerlich einem spezifischen Operngenre zuordnen. Und dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – ist sie das wohl beliebteste, mutmaßlich am häufigsten aufgeführte Bühnenwerk Mozarts.

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen hat bereits wiederholt mit spektakulären Interpretationen (Beethoven, Haydn, Brahms u.a.) auf sich aufmerksam gemacht. Beim diesjährigen Musikfest Bremen, bei dem sich das Orchester regelmäßig miteinbringt, widmet sie sich Mozarts „Zauberflöte“.

Die Erwartungen seitens der Zuhörer sind selbstverständlich hoch, auch im Hinblick auf die exzellente Solistenriege und starke Choristen. Wie würde das Ensemble, das wieder einmal unter der Leitung seines jungen „Principal Guest Conductors“ Tarmo Peltokoski angetreten ist, mit der anspruchsvollen kompositorischen Vorlage umgehen?

Orchester als stimmige atmosphärische Klangkulisse

Die Ouvertüre der halbszenischen Aufführung im ausverkauften Saal der Bremer Glocke startet mit kraftvollen Eingangsakkorden, geht indes schnell über in ein getragen ernstes Metrum, nimmt dann langsam Fahrt auf, um fortan, bei energisch forciertem Vorandrängen, bei dem Peltokoski den Dirigierstab mitunter so rasant wie ein Florett führt, auf markante Kontraste zu setzen.

Vom Moment der einsetzenden Handlung an hält sich das Ensemble indes zumeist deutlich zurück; es bildet in sorgsamer Anpassung an das Geschehen und die vorgetragenen Gesänge eine klangvolle, atmosphärisch jeweils derart optimal abgestimmte Hintergrundkulisse, dass man einen entsprechenden klassischen Theateraufbau nicht vermisst. Die simple Abdunkelung des Saales sowie einige Licht- und Toneffekte reichen aus, um die Zuhörer mitzunehmen in die märchenhafte fantastische Welt der „Zauberflöte“

Der erste Gesangspart, der Auftritt des stimmlich bestens harmonierenden, dabei zickenmäßig um die Gunst des bewusstlosen Tamino (Mauro Peter) konkurrierenden Damenterzetts (Silja Aaalto, Iris van Wijnen, Marie Seidler) sorgt bereits für einen ersten Szenenapplaus. Der heiter buffoneske Papageno (mit großem Rucksack statt Kiepe) wird optimal von Äneas Humm verkörpert. Naturburschenhaft volkskomödiantisch spielt und singt er den stets gut gelaunten, locker-lustigen Vogelfänger, schiebt hier und da auch noch kleine Extra-Gags mit ein. Die Arie des Tamino „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ stimmt Peter im Gegensatz dazu volltönend mit sehnsuchtsstarker Inbrunst an. Ausdrucksvoll intonierend schildert Kathryn Lewek als Königin der Nacht das grausame Schicksal ihrer gefangen gehaltenen Tochter.

Zauberflöte/Elsa Dreisig, Äneas Humm © Patric Leo
Beeindruckende sangliche und schauspielerische Darbietungen

Sopranistin Elsa Dreisig lässt als Pamina aufhorchen beim Liebesduett mit Papageno „Bei Männern , welche Liebe fühlen“. Sie wird sich, wie auch Lewek und Peter, im Laufe des Abends sogar noch deutlich steigern.
Auch die weiteren Rollen imponieren mit ausgezeichneten Stimmen. So bringt sich etwa Manuel Winckhler mit würdevoll sonorem Bass als Sarastro ein, Andreas Conrad mimt überzeugend den bitterbösen Monostatos, Solisten der St.Florianer Sängerknaben präsentieren souverän die Partien der drei geheimnisvollen Knaben. Eher klamaukig wirkt der etwas ungelenke Cancan samt folgender Polonaise der durch die Zauberglöckchen friedlich gewordenen Sarastro-Bediensteten. Durchweg überaus beeindruckend kraftvoll ertönen hingegen die Chorgesänge des auf der Bühnenbalustrade positionierten ChorWerk Ruhr.

Zauberflöte/Elsa Dreisig, Kathryn Lewek © Patric Leo

Dass sämtliche Akteure nahezu ohne besondere, teils nur eben angedeutete Kostümierung quasi im legeren Alltags-Look auftreten, mag anfangs irritierend anmuten; sehr bald aber stehen nahezu ausnahmslos die ausgezeichneten sanglichen und schauspielerischen Leistungen sowie die zwar sparsame, aber dennoch sehr gelungene Choreografie im Vordergrund. Auch wenn manche gesprochenen Absätze (teils aufgrund fremdsprachlicher Akzente) etwas schwer verständlich sind, gerät die Aufführung insgesamt derart überzeugend gut, dass das Auditorium wiederholt mit Szenenapplaus seiner Begeisterung Ausdruck verschafft.

Dazu bietet der atmosphärisch deutlich veränderte 2. Aufzug sogar noch einiges mehr an Anlässen. Natürlich wartet man gespannt auf die Arie der Königin der Nacht. Und Lewek enttäuscht nicht: Hochdramatisch, mit starker gestischer Unterstreichung und ungezügelt wütend wie eine Furie, beschwört sie fortissimo kolorierend bis in höchste Höhen hinauf „der Hölle Rache… in meinem Herzen“.  Sarastro hält erhaben nachdrücklich dagegen mit seiner Arie „In diesen heil’gen Hallen“. Auflockernd, aber etwas absurd, bringt sich, abweichend vom Libretto, Papageno wieder ins Spiel, als er „Hello darkness, my old friend“ anstimmt.

Gänsehautpartien und imposantes Schlusstableau

Für intensive Gänsehaut sorgt indes Dreisig (Pamina): Von schmerzlichen Liebeszweifeln geplagt, bejammert sie ihr Schicksal in feinstem Sopran-Timbre mit „Ach, ich fühl’s“; die gleichermaßen ausnehmend nuancierte Begleitung des Orchesters betont die berührend melancholisch-elegische Atmosphäre.

Zu einer weiteren Entdeckung des Abends wird Miriam Kutrowatz: Erst erschreckt sie mit schrillem Tonfall als alte Hexe ihr Gegenüber, dann verwandelt sie sich zur jungen, bezaubernd schönen Papagena, die mit brillant erstrahlendem Sopran ihr Liebesduett mit Papageno anstimmt. Und natürlich finden auch Tamino und Pamina nach mancherlei Wirrnissen zueinander. Blitz und Donner und mehr noch die Strahlen der aufgehenden Sonne vertreiben schließlich alle bösen Mächte; Chor und Orchester formieren sich zum volltönend fulminanten Jubelhymnen-Finale; die beiden jungen Paare liegen sich liebestrunken in den Armen.

Zauberflöte/Schlussapplaus Ensemble © Patric Leo

Nach fast drei spannungsreichen, gleichwohl unterhaltsamen Stunden bilden alle Akteure ein grandioses Schlusstableau. Das restlos überzeugte Publikum feiert die von Peltokoski mit viel Umsicht und Einfühlungsvermögen angegangene, rundum gelungene Aufführung des Klassikers mit lange andauerndem frenetischem Beifall, Bravo-Rufen und Standing Ovations.

Dr. Gerd Klingeberg, 28. August 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Kinderoper Die Zauberflöte, Musik Wolfgang Amadeus Mozart Wiener Staatsoper, 28. Februar 2025

Wolfgang Amadeus Mozart, Die Zauberflöte Wiener Staatsoper, 30. Januar 2025

Wolfgang Amadeus Mozart, Die Zauberflöte Staatsoper Hamburg, 1. Januar 2025

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