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Philharmonie Berlin, 4. November 2018
Stéphane Denève Dirigent
Nikolaj Szeps-Znaider Violine
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Guillaume Connesson ›Flammenschrift‹ für Orchester (Deutsche Erstaufführung)
Jean Sibelius Violinkonzert d-Moll
Richard Strauss ›Eine Alpensymphonie‹
von Peter Sommeregger
Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin, im Ranking der Berliner Orchester „nur“ auf dem dritten Platz rangierend, überzeugt immer wieder durch ambitioniertes Repertoire, interessante Solisten und ein erfreulich hohes Niveau seiner Orchestermitglieder.
An diesem November-Wochenende präsentierte das Orchester ein interessant zusammengestelltes Programm. Als Einleitung erklang ein nur zehn Minuten dauerndes Stück des 1970 geborenen französischen Komponisten Guillaume Connesson. Wer anstrengende, sperrige Moderne erwartet hatte, sah sich angenehm enttäuscht. “Flammenschrift“ ist ein temperamentvolles, streicherdominiertes Stück, in dem ganz programmatisch zahlreiche musikalische Zitate etwa von Beethoven, Brahms und Strauss auftauchen. Eine gelungene Einstimmung auf zwei gewichtige Werke.
Sibelius‘ Violinkonzert ist wohl das populärste und häufigst gespielte Werk des finnischen Komponisten, dessen Werke nach wie vor nicht allzu oft auf den hiesigen Konzertprogrammen erscheinen. Der Komponist, der selbst konzertreif Geige spielte, gab seinem Konzert die traditionelle dreisätzige Form. Im ersten Satz führt er drei voneinander unabhängige Themen ein, im zweiten, langsamen Satz behandelt er den musikalischen Ablauf wie ein Lied ohne Worte, während er im Finalsatz tänzerische Elemente dominieren lässt. Der Solopart ist äußerst virtuos gestaltet, was dem Solisten des Abends, Nikolaj Szeps-Znaider ausgiebig Gelegenheit bietet, seine Meisterschaft zu demonstrieren. Znaider, der gegenwärtig auch vermehrt als Dirigent in Erscheinung tritt, verfügt über einen kräftigen, virilen Ton, den er seiner Guarneri in differenziertester Form entlockt. Das Instrument war in der Vergangenheit auch im Besitz des legendären Fritz Kreisler. Vielleicht ist ja mit dem Instrument auch etwas von der Brillanz des früheren Besitzers auf Znaider übergegangen. Schon die früh im ersten Satz platzierte Kadenz gelingt beeindruckend, die Solovioline behält über alle drei Sätze die Dominanz in den musikalischen Abläufen.
Im dritten Satz wird man an spanische Tanzrhythmen erinnert, was durchaus in der Absicht des Komponisten lag. Der Solist verfügt nicht nur über die für dieses Stück notwendige Virtuosität, er besitzt auch in hohem Maße eine charismatische Ausstrahlung, am Endes des Stückes wird er vom Publikum entsprechend gefeiert und spielt nach einer launigen Ansage ein kurzes Stück von Bach als Zugabe.
Letzter und umfangreichster Programmpunkt des Abends war Richard Strauss‘ monumentale „Alpensymphonie“. Hier konnte der Dirigent des Abends, Stephane Deneve seine Beherrschung des für dieses Stück in großer Besetzung aufspielenden Orchesters demonstrieren. Bis zur Wind-und Donnermaschine reicht das von Strauss geforderte Instrumentarium, auch ein hinter der Bühne befindliches Fernorchester wird eingesetzt. Diese letzte große Tondichtung des Komponisten ist mit deutlichem zeitlichen Abstand zu seinen anderen symphonischen Dichtungen entstanden.
Was äußerlich wie eine reine Naturschilderung wirkt, ist von höchster musikalischer Raffinesse. Praktisch alle Instrumentengruppen müssen wahre Höchstleistungen vollbringen, die Hörner beispielsweise sind beinahe im Dauereinsatz, auch die Flöten werden umfangreich beschäftigt, von den stark besetzten Streichern ganz zu schweigen. Dem Dirigenten gelingt es durchaus, über allen schönen und reizvollen Details der Partitur den Blick für den Zusammenhalt und die Struktur des eindrucksvollen Werkes nicht zu verlieren. Ausgewogenheit und durchgängig gehaltene Spannung charakterisieren sein Dirigat wohl am Treffendsten.
Peter Sommeregger, Berlin, 5. November 2018 für
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