Vokalensemble sirventes berlin © Ekko von Schwichow
Großartig ist in jedem Fall, dass alte und vergessene Werke für den NoonSong ausgewählt und gehört werden. Das ist wichtig, denn diese Werke bilden einen Grundbau für all die Musik, die folgte und die wir – zumindest die meisten von uns – immer gerne hören.
NoonSong – CONCERTS SPIRITUELS
sirventes berlin Vokalsolisten
lautten compagney BERLIN
Stefan Schuck Musikalische Leitung
Kirche am Hohenzollern-Platz, Gemeindehaus, 12. Januar 2023
von Greta Schlotheuber
Mit einem rollenden ‚R‘ bittet Stefan Schuck – er steht vor der Lautten Compagney Berlin und sirventes berlin – die Soprani das Fugenthema vorzusingen. Die Konzertmeisterin dreht sich zu ihrem Register und gibt einen letzten Tipp, bevor die Fuge im dem gesamten Ensemble erklingt.
Wir, die in dieser Arbeitsprobe sitzen, hören nach 300 Jahren (bis auf eine kleine Ausnahme eines italienischen Studierendenorchesters, wie uns im Nachhinein berichtet wird) das erste Mal Antonio Caldaras Vesper
in C-Dur.
Dem ca. 1670 in Venedig geborenen Komponisten wird ein außergewöhnlich großes Werkregister mit mehr als 3400 Kompositionen zugesprochen. Zudem gilt er aus der Sicht bedeutender Komponisten, wie J.S. Bach, als einer der „besten katholischen Komponisten“. Woran liegt das? Unter anderem komponierte Caldara neben der Kirchenmusik auch Opern. Dadurch ist ein enges Wort-Ton-Verhältnis erkennbar, vor allem, wenn man den Text mitverfolgt.
Was mir an alter Musik Freude macht, ist mit welch tiefer Überzeugung die Musizierenden spielen. Die Lautten Compagney Berlin sitzt an diesem Abend – und sicherlich nicht nur an diesem – auf der Stuhlkante. Alle haben große Lust miteinander zu musizieren, das Beste aus sich rauszuholen… und das spürt man. Sie sitzen keinen ‚Dienst‘ ab, vielmehr haben sie den Anspruch den Charme aus der Komposition hervorzuheben und uns im Publikum zu überzeugen. Und das ist dem Ensemble in dieser Probe in jedem Fall gelungen und macht Lust auf mehr.
Auch der aus Freiberuflern und Mitgliedern des RIAS-Kammerchors zusammengestellte Chor – das NoonSong-Vokalensemble sirventes berlin – war überaus motiviert. Es ist spürbar, dass die sirventes-berlin-Mitglieder trotz wechselnder Besetzung gut aufeinander eingesungen sind, auch wenn die Soprane in den Spitzentönen hin und wieder mehrstimmig waren. Gut gefallen hat mir der Solobass, der mit einer sonoren Tiefe den Raum durchdringen und das Publikum verzaubern konnte. Auch die Soloaltistin hatte Charakter und eine schöne Höhe in den doch schnellen Koloraturen. Leider fehlte es ihr in der Tiefe ein wenig an Kern. Die Solo-Sopran-Partie ist sicherlich keine leichte, diese interpretierte die Solistin mit zu viel Vibrato, vor allem für diese Art von Musik. Zudem war sie, zugegebenermaßen auch versteckt hinter der Orgel und dem Kontrabass, für mich schwer zu greifen – das Gesungene schwer zu verstehen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass der Kirchenraum den Solostimmen noch mehr Größe und Präsenz schenken kann als der trockene Probenraum.
Großartig ist in jedem Fall, dass alte und vergessene Werke für den NoonSong ausgewählt und gehört werden. Das ist wichtig, denn diese Werke bilden einen Grundbau für all die Musik, die folgte und die wir – zumindest die meisten von uns – immer gerne hören.
Greta Schlotheuber, 13. Januar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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