Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 11. Januar 2018
Wiener Symphoniker
Philippe Jordan Dirigent
Ludwig van Beethoven Symphonie Nr. 6 F-Dur op. 68 „Pastorale“
Symphonie Nr. 7 A-Dur op. 92
von Mirjana Plath
Die Wiener Symphoniker unter Philippe Jordan haben sich einen Meilenstein der Musikgeschichte vorgenommen. Zum Auftakt des neuen Jahres präsentieren sie alle neun Symphonien von Ludwig van Beethoven in einem Zyklus von vier Konzerten.
Wie kombiniert man diese Meisterwerke zu einer ausgeglichenen Reihe? Die Symphoniker stellen sie in einen anderen Kontext als noch zu Beethovens Lebzeiten. Dieser hatte seine fünfte und sechste Symphonie an einem Abend zusammen zur Uraufführung gebracht. Dieses Jahr treffen die sechste und siebte Symphonie im Konzert aufeinander. Beide haben einen lyrischen und freundlichen Charakter. Die bedrohliche Welt der fünften Symphonie erscheint hier sehr fern.
In chronologischer Reihenfolge eröffnet die „Pastorale“ das Konzert. Eine ländliche Idylle erscheint vor dem geistigen Auge. In Beethovens Partitur rufen sich die Instrumente gegenseitig Melodien zu, greifen Motive auf und übergeben sie fließend an das nächste Instrument weiter. Bei den Symphonikern gehen diese leichten Übergänge und Abwechslungen der Stimmgruppen im ersten Satz unter. Vor allem die ersten Violinen wirken zerstreut. Manch sanfter Übergang wird überspielt, einige der lieblichen Feinheiten gehen im allgemeinen Musizieren verloren. Jordan dirigiert dynamisch, er bewegt sich zielstrebig wie ein Athlet auf die nächsten Wendepunkte der Melodien zu.
Den zweiten Satz überschrieb Beethoven mit dem Titel „Szene am Bach“. Nun hat Jordan sein Orchester geeint. Wie samtige Katzenpfoten tupfen die Geigen ein Klangbett für die Soli der Holzbläser. Sie erschaffen ein feingliedriges Tongemälde. Die Sätze drei bis fünf spielt das Orchester in einem unaufhaltsamen Fluss, der die Zuhörer mitreißt. Jordan dirigiert den Übergang zum bedrohlichen Sturm im vierten Satz so unmerklich, dass er fast schon überraschend auf das Publikum niederbricht. Sein Gewitter ist herrlich stürmisch. Er lässt die Symphoniker laut aufbrausen und hat sichtlich Spaß an der Musik.
Die 7. Symphonie in A-Dur schließt nach der Pause an. Die tänzerische Musik sprudelt nur so aus dem Orchester heraus. Jordan füllt die geniale Notenvorlage von Beethoven mit Leben aus. Er lässt die Symphoniker pulsieren, springen, tanzen. Die Musik scheint sich wie von selbst zu spielen. Die Symphoniker musizieren mit einer Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht. Die Bläser brillieren vor allem im dritten Satz und posaunen triumphal ihre erhabenen Motive in den Konzertsaal.
Die zwei Symphonien des Abends treten zu einem facettenreichen Spannungsbogen zusammen. Eine gute Wahl, die Lust auf die noch folgenden Konzerte des Beethoven-Zyklus‘ macht. Jordan versteht es, seine Zuhörer mitzureißen. Voller Begeisterung summt ein Konzertbesucher einige Motive und dirigiert in kleinen Handbewegungen den Takt mit. „So muss Beethoven klingen“, murmelt er.
Mirjana Plath, 12. Januar 2018, für
klassik-begeistert.at
Foto: Johannes Ifkovits