Abbildung: Hintergrund von freepik.com/Zeichnung von Marco Nateri
Im beliebten Format der Soirée und öffentlichen Probe stellte das Theater Lübeck am 21. Februar die neueste Produktion vor: Der italienische Regisseur Pier Francesco Maestrini, der vor sechs Jahren mit großem Erfolg Rossinis „Barbier von Sevilla“ als Comic-Oper am Haus in der Beckergrube inszenierte, macht aus Donizettis „La fille du régiment“ nun eine Punk-Braut nach Art der Comic-Figur „Tank Girl“ aus den späten 80er Jahren.
Theater Lübeck, Soirée, 21. Februar 2024
von Dr. Andreas Ströbl
Dramaturg Sören Sarbeck stellte gemeinsam mit dem Regisseur den Inhalt, die historischen Hintergründe und das Konzept der aktuellen Inszenierung vor. Erster Kapellmeister und stellvertretender Generalmusikdirektor Takahiro Nagasaki informierte launig und kenntnisreich über die musikalische Gestaltung und Donizettis ganz eigene Art, Komödiantisches mit lyrischen, ja ernsten Aspekten zu verbinden, um den Humor noch stärker zur Wirkung zu bringen. Damit hat er die „opéra comique“ neu definiert.
Maestrini hat sich aufgrund der aktuellen Situation entschieden, alles Soldatische aus der Geschichte zu streichen; in einer dystopischen Zukunft kämpfen nach einem Atomkrieg Rebellen gegen das Establishment – das Ganze hat also nichts mehr mit französischen Truppen, die in Tirol stationiert sind, zu tun. Solche Änderungen habe es immer gegeben, je nach politischen Bedingungen habe man die Gruppen angepasst, irgendwo anders lokalisiert oder benannt. Nagasaki ergänzte, dass dies auch für die Musik gelte und legitimierte so eigene Änderungen, die seiner Meinung nach einfach stimmiger seien.
Auch die Sprache hat man grundlegend an die Moderne angenähert und da darf man gespannt sein, ob Wendungen wie „da ist die Kacke am Dampfen“ oder „der geht mir auf den Sack“ am Ende tatsächlich komödiantisch funktionieren werden.
Was mit Sicherheit gelingen wird, ist die musikalische Umsetzung. Nagasaki ist ein großartiger Kenner der Literatur und die Solistinnen Andrea Stadel, die in der Titelrolle zu sehen und hören sein wird, sowie Laila Salome Fischer als Marquise von Berkenfield bewiesen mit der Wiedergabe zweier markanter Arien bereits jetzt, dass sie die Rollen mit sattem Leben füllen werden.
Yoonki Baek spielt den Tonio; in der öffentlichen Probe legte er ein Zeugnis seines tenoralen Könnens ab, aber die berühmte Arie „Ah mes amis“ hebt er sich selbstverständlich für die Premiere auf. Mit den neun mörderischen hohen C’s gilt sie als unglaublich anspruchsvoll und da stehen solche Namen wie Pavarotti oder Flórez als Vergleichsgrößen im Raum.
Die Bühne wird von Video-Projektionen dominiert, überall liegen Atommüll-Fässer herum. In der Probe herrschte noch „un po’ di confusione“, aber das wird sich bis zur Premiere am 8. März um 19.30 Uhr sicher noch zurechtruckeln. Man darf sehr gespannt sein.
Dr. Andreas Ströbl, 22. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
„Enoch Arden“ von Alfred Lord Tennyson Theater Lübeck, 24. Januar 2024