Foto: Das Elektra-Ensemble mit Elena Pankratova in der Mitte als Elektra (Foto RW)
Die südafrikanische Sopranistin Johanni van Oostrum (Chrysothemis) zeigte gesanglich die beste Leistung des Abends. Ihre Stimme glühte in der Höhe, blieb rund und weich in den unteren Lagen und ließ sich auch nicht vom Orchester zudecken.
Richard Strauss
Elektra
Staatsoper Hamburg, 24. Januar 2023
von Dr. Ralf Wegner
Elena Pankratova hinterließ als Elektra einen zwiespältigen Eindruck. Blühenden Höhen stand eine eher fahle, wenig farbreiche und im Orchester häufig untergehende Mittellage gegenüber. Am Anfang, bei dem großen Agamemnon-Monolog, schien sie dynamisch auch noch nicht die innere Spannungslinie gefunden zu haben. Denn recht unvermittelt sang sie schallstark in den Raum, während andere Passagen kaum zu hören waren. Tiefenspannung baute sie so nicht auf. Pankratova schien noch zu sehr mit der ihr von der Regie übertragenen Aufgabe beschäftigt gewesen zu sein, einer Kiste Plüschtiere zu entnehmen, diese auf dem Tisch zu drapieren und außerdem eine Agamemnonpuppe auszusteifen. Eigentlich sollte eine Operndirektion darauf achten, dass Sängerinnen und Sänger während schwieriger Passagen nicht mit anderen, vom Gesanglichen ablenkenden Dingen belastet werden.
Die südafrikanische Sopranistin Johanni van Oostrum (Chrysothemis) zeigte gesanglich die beste Leistung des Abends. Ihre Stimme glühte in der Höhe, blieb rund und weich in den unteren Lagen und ließ sich auch nicht vom Orchester zudecken. Beim musikalisch überbordenden Schluss hörte man nur noch sie, so satt und schönstimmig lag sie über dem Orchester und auch über ihrer Bühnenpartnerin. Wie bei den vorhergehenden Aufführungen sang Violeta Urmana die schwierige Rolle der Klytämnestra, nicht so strahlend schönstimmig, wie man es sich vorstellen könnte, mit etwas zuviel Vibrato, aber genau richtig für eine sich am Ende ihrer Kräfte wiederfindenden, von bösen Träumen gemarterten Gattenmörderin. Darstellerisch überzeugte Urmana vollkommen.
Die anderen an dieser Oper beteiligten fielen nicht weiter auf, auch nicht Lauri Vasar als Orest. Für diese Rolle fehlte es ihm an Volumen und der sonst bei ihm vorhandenen Schönstimmigkeit. Aber vielleicht war auch dieses Manko der Regie geschuldet, die ihn am Schluss als gewöhnlichen Serienkiller entblößte. John Daszak war ein guter Aegisth und Hellen Kwon zeigte als fünfte Magd noch einmal schöne vibratofreie Spitzentöne.
Wir saßen in einer der Seitenlogen im zweiten Rang. Das Orchester (musikalische Leitung Kent Nagano) schallte kräftig nach oben. Mir fehlten die dynamischen Abstufungen, der Wechsel zwischen beinahe Kammermusikalischem und großem Orchesterrausch. Das Publikum feierte die Bühnenmutter Klytämnestra und ihre Bühnentöchter herzlich und mit großer Anteilnahme; das klang deutlich nach mehr, als es dem nur schütter besetzten Saal entsprach.
Das war die dritte von mir gesehene Aufführung dieser bis jetzt achtmal gespielten Inszenierung von Dmitri Tcherniakov in dem Bühnenbild einer großbürgerlichen Wohnung und einem Ende mit vierfachem Serienmord.
Bei der Premiere im November 2021 hatte mir die Interpretation bzw. Umdeutung noch zugesagt. Jetzt schloss ich manchmal die Augen, vor allem während des unsinnigen Mordens, am Ende selbst von Chrysothemis, und sah die alte, spartanische Everding’sche Inszenierung vor mir. Sie entsprach noch dem gesungenen Text (die Projektion der Übertitel, die man vom 2. Rang aus sehr gut sah, ließ übrigens handwerklich sehr zu wünschen übrig) und bot mehr Raum für den musikalisch-emotionalen Ausdruck.
Bei der letzten gesehenen Aufführung konnte die großartige gesangliche Gestaltung Catherine Fosters als Elektra noch über die sich mittlerweile bemerkbar machenden Schwächen der Tcherniakov-Inszenierung hinweg helfen.
Dr. Ralf Wegner, 25. Januar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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