„Tristan“ an der Deutschen Oper Berlin: 260 Lampen sind noch keine Inszenierung

Richard Wagner, Tristan und Isolde  Deutsche Oper Berlin, Premiere, 1. November 2025

TRISTAN UND ISOLDE, Premiere am 1.11.2025 in der Deutschen Oper Berlin © Bernd Uhlig

Am Ende werden Runnicles und die Sänger frenetisch gefeiert, lediglich das Regieteam wurde für hässliche Kostüme, ein ödes Bühnenbild und im Grunde fehlende Regie mit deutlichen Buh-Rufen abgestraft. 260 Lampen sind nun wirklich keine Inszenierung!

Richard Wagner
Tristan und Isolde

Eine Handlung in drei Aufzügen
Uraufführung am 10. Juni 1865 in München
Premiere am Grand Théâtre de Genève am 16. September 2024
Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 1. November 2025

Tristan  Clay Hilley
Isolde   Elisabeth Teige
König Marke   Georg Zeppenfeld
Kurwenal   Thomas Lehman
Brangäne   Irene Roberts

Dirigent   Sir Donald Runnicles
Orchester der Deutschen Oper Berlin

Inszenierung   Michael Thalheimer
Bühne   Henrik Ahr
Kostüme   Michaela Barth

Deutsche Oper Berlin, 1. November 2025

von Peter Sommeregger

Der Tristan-Inszenierung von Graham Vick trauert an der Bismarckstraße niemand ernsthaft nach, die Erwartungen an die Neuinszenierung von Michael Thalheimer waren entsprechend hoch. Kannte man Schauspielinszenierungen von ihm, so war klar, dass er seinen reduzierten Regiestil sicher auch in der Oper einsetzen würde. Die extrem nüchterne und bewegungsarme Realisierung dieses von Leidenschaft geprägten Werkes war dann aber doch eine große Enttäuschung.

Die Bühne wird dominiert von einer Wand mit 260 Lampen, die dem Handlungsablauf folgend manchmal stark, manchmal schwächer leuchten, im dritten Akt fiel eine aus. Dass man die Lampen gezählt hat, und den Ausfall der einen bemerkt hat, lässt Rückschlusse auf den Spannungsgehalt der Inszenierung zu, der gegen Null tendiert. Über weite Strecken meint man, sich in einer konzertanten Aufführung zu befinden, und ist überrascht, wenn sich auf einmal doch eine (oft nicht schlüssige) Interaktion ereignet, wie das Aufschneiden der Pulsadern der Liebenden während ihres Duetts, das aber folgenlos bleibt.

Die Statik und inhaltliche Leere des Bühnengeschehens färbte leider ein wenig auf das Dirigat des scheidenden GMD Runnicles ab. Seine Tempi gerieten teilweise sehr breit und gefährdeten den Spannungsbogen.

Orchester und Chor waren bestens disponiert und schufen für die Solisten eine solide Basis.

TRISTAN UND ISOLDE, Premiere am 1.11.2025 in der Deutschen Oper Berlin © Bernd Uhlig

Mit Spannung wurde das Rollendebüt von Elisabeth Teige erwartet. Ihr Sopran verfügt durchaus über das erforderliche Volumen für die Isolde, ihr Timbre ist ansprechend. Woran die Sängerin aber noch arbeiten muss, ist die Textbehandlung und die Phrasierung. Da wurde manches einfach verschluckt, bzw. verschenkt. Mit der Erfahrung von ein paar Aufführungen mehr, könnte Teige durchaus eine bedeutende Isolde werden, noch ist sie eher ein Versprechen.

Clay Hilley dagegen hat die Rolle des Tristan bereits deutlich verinnerlicht. Sein voluminöser Heldentenor scheint keine Ermüdungserscheinungen zu kennen, er ist textsicher und wortdeutlich. Von der Regie völlig allein gelassen gelingt ihm trotzdem ein berührendes Rollenporträt.

Sein treuer Diener Kurwenal ist bei Thomas Lehman bestens aufgehoben, sein kräftiger Bariton füllt die wichtige Rolle vorzüglich aus. Irene Roberts ist eine Brangäne von Format, ihr relativ heller Mezzosopran kontrastiert allerdings nicht optimal mit der Stimme ihrer Herrin Isolde. Bestechend gelingen ihr die Wachrufe, die sie aus einer Loge des Zuschauerraumes singt.

TRISTAN UND ISOLDE, Premiere am 1.11.2025 in der Deutschen Oper Berlin © Bernd Uhlig

Der König Marke Georg Zeppenfelds ist wie immer eine sichere Bank, sein Bassbariton strömt frei und ohne störendes Tremolo, seine beiden Monologe sind vokale Höhepunkte der Aufführung.

Am Ende werden Runnicles und die Sänger frenetisch gefeiert, lediglich das Regieteam wurde für hässliche Kostüme, ein ödes Bühnenbild und im Grunde fehlender Regie mit deutlichen Buh-Rufen abgestraft.

260 Lampen sind nun wirklich keine Inszenierung!

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