Klein aber fein, Tschaikowskys Schwanensee begeistert das Kieler Publikum

Schwanensee, Ballett von Yaroslav Ivanenko  Theater Kiel, Ballett Kiel, 13. Dezember 2024

Schwanensee beim Ballett Kiel: Vitalii Netrunenko (Prinz), Gulzira Zhantemir (Odette), Keito Yamamoto (Odile) und Amilcar Moret Gonzalez (Rotbart) (Foto: RW)

Das Kieler Publikum applaudierte den Tänzerinnen und Tänzern langanhaltend und begeistert. Es ist schon beachtlich, was Yaroslav Ivanenko mit seiner nur 19 Köpfe umfassenden Companie auf die Bühne zu bringen imstande ist. Die Konzentration auch auf klassische Werke hält das Ballett am Leben und kommt offenbar auch beim jungen Publikum gut an.

Schwanensee, Ballett von Yaroslav Ivanenko mit Szenen im 2. Akt nach Lev Ivanov

Ausstattung   Heiko Mönnich

Musik von Peter Tschaikowsky

Toneinspielung des Philharmonischen Orchesters Kiel unter der Leitung von Yura Yang

Theater Kiel, Ballett Kiel, 13. Dezember 2024


von Dr. Ralf Wegner

Viel Raum hat die Bühne des Kieler Opernhauses nicht. Das hat Vor- und Nachteile. Die Bühnenaufbauten können kostengünstiger erstellt werden, und es reichen auch 12 Schwäne (Ensemble und Mitglieder der Ballettakademie am Theater Kiel), um die Bühne zu füllen. Für die Tänzer scheint die begrenzte Fläche eher nachteilig zu sein, denn für die Sprünge und Drehungen steht nur eine kurze Anlaufdistanz zur Verfügung.
Trotzdem tanzten die Männer gut, vor allem Amilcar Moret Gonzalez als Zauberer Rotbart, der mit seinen 47 Jahren immer noch ein Vorbild an tänzerischer Intensität und vor allem an Ausdruckskraft ist. Das machte sich auch bei den von ihm geführten Pas de deux bemerkbar. Manches nahm er leichter, seine Spagatsprünge beeindruckten aber unverändert. Die Rolle des Prinzen tanzte Vitalii Netrunenko mit beeindruckenden Sprüngen, aber für mich mit noch zu wenig emotionaler Hingabe an die Partie.

Bei den Damen war es anders. Gulzira Zhantemir war eine ganz bezaubernde Odette, mit der man mitfiebern konnte. Und Keito Yamamoto (Odile) erwies sich beim Grand Pas de deux im dritten Akt mit ihren 32, zum Teil mehrfach gedrehten Fouettés als herausragende Odile. Auch die anderen Tänzerinnen beeindruckten mit ihrer über dem Technischen stehenden Darstellungskunst, beispielsweise die im dritten Akt auftretenden Prinzessinnen, die jede auf ihre Art begeisterten: Marina Kadyrkulova als ungarische, Leisa Martinez Santana als polnische, Sabina Faskhi als italienische und Virginia Tormachio als spanische Prinzessin. Die beiden ersten tanzten auch bei den Kleinen Schwänen mit, letztere beeindruckten als Große Schwäne.

Die 12 Schwäne beim Ballett Kiel, vorn die Großen Schwäne (Foto: RW)

Der Kieler Ballettdirektor hatte sich eine vom Original abweichende Rahmenhandlung ausgedacht, die vor allem der Partie des Zauberers Rotbart mehr Gewicht gab. Der erste Akt ähnelte dem Ballett Dornröschen. König (Yaroslav Ivanenko) und Königin (Olena Filipieva) präsentieren vor dem Hofe ihre neugeborene Tochter Odette. Diese wächst auf und wird bei der Feier ihrer Volljährigkeit mehr oder weniger willig von dem am Hof Zauberkünste vorführenden Rotbart in dessen Reich entführt. Dort herrscht offenbar dessen Tochter Odile.

Im zweiten Akt begegnet Odette dem Prinzen, er verspricht, sie durch Liebe zu erlösen und erhält von ihr eine Schwanenfeder. Bei der Vorstellung der heiratswilligen Prinzessinnen (dritter Akt) erscheint Rotbart mit seiner Tochter Odile, die der Prinz nach der Überreichung einer Schwanenfeder für seine geliebte Odette hält. Was nun folgt, kann Wunschdenken Entsprechen. Denn für mein Dafürhalten begehrten die Schwäne gegen Rotbart auf und vertreiben ihn. Odile wird mit dem Prinzen vereint, beide durchschreiten das Zauberverlies in eine andere Welt. Im fast apotheotisch wirkenden Schlussbild sind sie in Stein gemeißelt auf ewig vereint.

Der Kieler Ballettdirektor Yaroslav Ivanenko als König und Olena Filipieva als Königin (Foto: RW)

Das Kieler Publikum applaudierte den Tänzerinnen und Tänzern langanhaltend und begeistert. Es ist schon beachtlich, was Yaroslav Ivanenco mit seiner nur 19 Köpfe umfassenden Companie auf die Bühne zu bringen imstande ist. Die Konzentration auch auf klassische Werke hält das Ballett am Leben und kommt offenbar auch beim jungen Publikum gut an, wie wir feststellen konnten. Ein Manko sei allerdings erwähnt. Noch nach Beginn der Vorstellung wurden Besucher eingelassen, die sich dann durch im Parkett die Reihen auf ihre Plätze drängelten.

Dr. Ralf Wegner, 15. Dezember 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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