von Lothar und Sylvia Schweitzer (Text und Fotos)
Das Volksmärchen von den Bremer Stadtmusikanten ist Ihnen von Kindheit an wahrscheinlich bekannt. Können Sie auch die Zahl und Namen der Tiere ohne viel Nachdenken nennen? Wir haben deswegen auf ein Foto am Kopf unsres Feuilletons verzichtet. 1819 von den Brüdern Grimm veröffentlicht ist es von der literarischen Art eine Tierfabel, die als Gesindeerzählung das Problem der älter und weniger leistungsfähig werdenden Mägde und Knechte widerspiegelte und sozialutopische Wünsche förderte.
In der Hanse-Stadt Bremen begegnen wir an allen Ecken und Enden in den Schaufenstern und Einkaufspassagen unsren Lieblingen und sogar als Design einer Damenkleidung.
Neben dem offiziellen Standbild vor dem Rathaus fanden wir auch eine originelle Variante.
Leute behaupten, Hunde seien unmusikalisch, wenn sie zum Beispiel bei einem Violinspiel mit Heultönen „stören“. Aber die gegenteilige Deutung ist richtig. Heißt es doch in unserem Sprachgebrauch „mit den Wölfen heulen“.
Bei der Katze haben wir Bedenken, ob sie als Lyrikerin neben den anderen drei dominierenden Stimmen mithalten kann.
Keine Sorgen brauchen wir uns beim Hahn zu machen. Er repräsentiert gleichsam den Cantus firmus, der je nach Muttersprache „kikeriki“, „chicchirichì“ (italienisch), „kukuryku“ (polnisch), „cock-a-doodle-do“ (englisch), oder „cocorico“ (französisch) gehört wird.
Die ehemalige Künstlerkolonie Worpswede, in der nicht dramatische Gebirgslandschaften, sondern stille Moorlandschaften als Ideal galten, liegt achtzehn Kilometer von Bremen entfernt, als Straßenstrecke sind dies dreißig Kilometer.
Die Worpsweder Einwohner ließen es auf sich nicht ruhen, bis ihnen der Bildhauer Christoph Fischer 1996 die „Worpsweder Dorfmusikanten“ aufstellte.
„Modell“ standen Tiere der unmittelbaren Umgebung. Die Qualität ihres Gesangs ist nicht so überzeugend. Das Schwein scheint der Bass und das stärkste Tier der Gruppe zu sein, wenn gleich es von dem Schaf niedergedrückt wird. Sein Grunzen wird zwar im Amerikanischen lachender gehört, in etwa „griffy“, wie wir in einem Recital von Samuel Ramey bei einem Lied über Tiere vernommen haben. Das Blöken des Schafs wirkt eintöniger und weniger farbenreich als das Bellen. Von Kaninchen haben wir nie einen Laut zu Ohren bekommen – sie fauchen und knurren nur, wenn sie wütend sind – und das Gurren der Taube ist eher mit einem Rezitativ zu vergleichen.
Bei allem Lokalpatriotismus sagen wir ihnen keine Karriere wie den Bremer Stadtmusikanten voraus.
Lothar und Sylvia Schweitzer, 26. Juli 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Schweitzers Klassikwelt (c) erscheint jeden zweiten Dienstag.
Lothar und Sylvia Schweitzer
Lothar Schweitzer ist Apotheker im Ruhestand. Gemeinsam mit seiner Frau Sylvia schreibt er seit 2019 für klassik-begeistert.de: „Wir wohnen im 18. Wiener Gemeindebezirk im ehemaligen Vorort Weinhaus. Sylvia ist am 12. September 1946 und ich am 9. April 1943 geboren. Sylvia hörte schon als Kind mit Freude ihrem sehr musikalischen Vater beim Klavierspiel zu und besuchte mit ihren Eltern die nahe gelegene Volksoper. Im Zuge ihrer Schauspielausbildung statierte sie in der Wiener Staatsoper und erhielt auch Gesangsunterricht (Mezzosopran). Aus familiären Rücksichten konnte sie leider einen ihr angebotenen Fixvertrag am Volkstheater nicht annehmen und übernahm später das Musikinstrumentengeschäft ihres Vaters. Ich war von Beruf Apotheker und wurde durch Crossover zum Opernnarren. Als nur für Schlager Interessierter bekam ich zu Weihnachten 1957 endlich einen Plattenspieler und auch eine Single meines Lieblingsliedes „Granada“ mit einem mir nichts sagenden Interpreten. Die Stimme fesselte mich. Am ersten Werktag nach den Feiertagen besuchte ich schon am Vormittag ein Schallplattengeschäft, um von dem Sänger Mario Lanza mehr zu hören, und kehrte mit einer LP mit Opernarien nach Hause zurück.“
Schweitzers Klassikwelt 65: Unsere Begegnungen mit Ochsen auf Lerchenau
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