Eine musikalische Trilogie in Budapest, Teil 2: Elisabeth Leonskaja spielt Brahms’ Klaviersonaten meisterlich

Serie: Eine musikalische Trilogie in Budapest, Teil 2: Brahms Klaviersonaten  Budapest Music Center, 20. April 2024

Elisabeth Leonskaja © Marco Borggreve

Das reiche Musikleben von Budapest lockt mich immer wieder, der Stadt einen Besuch abzustatten. Auch diesmal hat sich der Ausflug gelohnt, mit drei Abenden in drei Spielstätten.

Johannes Brahms
Drei Klaviersonaten op. 1, op. 2 und op. 5

Elisabeth Leonskaja, Klavier

Budapest Music Center, 20. April 2024

von Dr. Rudi Frühwirth

Der Klavierabend am zweiten Tag hat die leise Enttäuschung des Vortags mehr als wettgemacht. Elisabeth Leonskaja, die „Grand Dame“ des Klaviers, wenn ich so sagen darf, spielte die drei Klaviersonaten von Johannes Brahms. Sie sind alle frühe Werke und merklich den großen Vorbildern Beethoven und Schumann verpflichtet. Die ersten beiden sind viersätzig, die dritte sogar fünfsätzig. Man könnte sie also durchaus als Symphonien für Klavier bezeichnen, sowohl im Umfang wie auch im musikalischen und formalen Aufbau.

Leonskajas Interpretation ist in allen Aspekten verehrungswürdig. Der variantenreiche, manchmal höchst delikate, dann wiederum kräftig donnernde Anschlag; die Sensibilität, die sich in subtilen Temporückungen offenbart; die Gestaltung der kontrastierenden Themen; der dynamische Aufbau der Spannung, das Halten und wieder Ausklingenlassen: das ist pianistische Kunst, die ihresgleichen sucht.

Wenn ich einer der drei Sonaten den Vorzug geben müsste, dann der dritten, dem op. 5. Sie kann als Huldigung des Komponisten an den auch von mir hoch verehrten und geliebten Robert Schumann aufgefasst werden. Der erste Satz ist ritterlich, in den für Schumann typischen punktierten Rhythmen; der zweite Satz schlicht und liedhaft; der dritte ein mächtig ausgreifendes Scherzo mit einem an Schubert erinnerndem Trio; der vierte ein melancholisches bis düsteres Intermezzo, hierin nicht unähnlich dem vierten Satz der gleichfalls fünfsätzigen Dritten Symphonie von Schumann, der “Rheinischen”; und schließlich der fünfte und letzte Satz mit dem energischen Hauptthema, dem wunderschönen Seitenthema und der höchst virtuosen Coda. Am Ende sagte ich mir ergriffen und begeistert: schöner als die Leonskaja kann das kaum jemand spielen.

Die Zugabe, der letzte Satz von Mozarts Klaviersonate KV 576, machte das Glück vollkommen. So zart, so unprätentiös, so himmlisch leicht ist er wohl selten zu hören.

Ein wunderbarer Abschluss eines großen Abends mit einer großen Künstlerin! Das Publikum dankte ihr mit reichem, einhelligen Beifall.

Dr. Rudi Frühwirth, 29. April 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Philip Glass, „Les Enfants Terribles“ Eiffel Arts Center, Budapest, 19. April 2024

Budapest Festival Orchestra Cristian Măcelaru, Rudolf Buchbinder  Wolkenturm, Grafenegg, 24. August 2023 

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