Cristian Măcelaru hinterlässt mit Brahms einen besten Eindruck

Wolkenturm, Grafenegg, 24. August 2023 

Johannes Brahms: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 in d-moll op. 15
Johannes Brahms: Symphonie Nr. 1 in c-moll op. 68

Rudolf Buchbinder, Klavier

Budapest Festival Orchestra Cristian Măcelaru
Cristian Măcelaru, Dirigent


von Herbert Hiess

Widrige Umstände machten es möglich, dass das treue Grafenegger Publikum das Budapest Festival Orchestra im Abstand von fast einer Woche noch einmal hören konnte und das in veränderter Konstellation.

Da das angesetzte Konzert mit Lahav Shani und dem Israel Philharmonic Orchestra aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen sein soll, fand Rudolf Buchbinder als Ersatz eben das Budapest Festival Orchestra.

Am 18. August 2023 konnte das Ensemble im Wolkenturm nicht wirklich brillieren: Budapest Festival Orchestra, Iván Fischer, Selina Ott, Trompete Wolkenturm, Grafenegg, 18. August 2023 – Klassik begeistert (klassik-begeistert.de)

Bei diesem Konzert, das rein im Zeichen des Komponisten Brahms stand, war neben dem Solisten Rudolf Buchbinder erstmals der rumänische Dirigent Cristian Măcelaru im Rahmen des Festivals zu erleben – und er hinterließ absolut beste Eindrücke.

Zu Beginn war das erste Klavierkonzert zu erleben, das Brahms fast als Symphonie mit Klavierbegleitung konzipiert hat. Dieses Werk ist ein Wechselbad der Gefühle und der Dynamik. Beginnt es mit einem gewaltigen Fortissimo (an diesem Abend leider nicht so sehr!), wechselt es dauernd zwischen Dur und Moll, zwischen Fortissimo und Pianissimo.

Mit einer Dauer von fast 50 Minuten ist es ein gewaltiges Œuvre und tatsächlich hochgradig symphonisch instrumentiert. Pianistisch lässt es keine Schwierigkeiten aus; man sagt, dass es eigentlich für „Männerhände“ komponiert wurde. Der Solist und Festivalintendant brillierte hier auf schon gewohnte Weise – offenbar gibt es bei diesem Werk für ihn keine Hürden.

Dirigent und die Budapester waren an diesem Abend auf jeden Fall auf weit höherem Niveau als in der Vorwoche. Für die „Vollendung“ reichte es absolut nicht aus. Schon allein der d-moll-Akkord, der einer Explosion gleichen sollte, war hier zu sanft und uninteressant. Dennoch in weiterer Folge konnten Măcelaru, das Orchester und vor allem der Solist sehr beeindrucken. Wenn der Dirigent insgesamt nicht alles verhetzt hätte, wäre der Abend ein Ereignis gewesen.

Wunderbare solistische Leistungen im Orchester (vor allem Oboe, Horn, Klarinette) und eine prägnante Phrasierung des Maestros machten eine hochbeeindruckende Aufführung daraus. Egal ob bei Fortissimostellen oder beim zartesten Pianissimo (mit Dämpfern bei den Streichern im langsamen Satz), Măcelaru achtete immer auf größtmögliche Transparenz und auf Kontraste, wobei das Orchester da nicht immer mithielt.

Die ersten beiden Sätze sind übrigens in 6/4 komponiert; der Finalsatz ist fast ein klassisches Rondo. Buchbinder zeigte sich auch hier hochvirtuos und führte letztlich zu einem grandiosen (wenn auch etwas verhetzten) Finale.

Nach lange anhaltendem Applaus bedankte sich Buchbinder mit einem exzellent gespielten Impromptu von Franz Schubert (Es-Dur, op. 90 Nr. 2).

Typisch Brahms ging es nach der Pause gleich mit einem 6er-Takt weiter (hier mit 6/8), nämlich mit Brahms berühmter ersten Symphonie. Hier kann man Orchester und Dirigenten auch nur die besten Noten ausstellen; vor allem das Oboensolo im zweiten Satz war außergewöhnlich. Ansonsten wie beim Klavierkonzert sauber phrasiert, dynamisch interessant abgestuft und bestens zusammengehalten.

Schade, dass in Richtung Finale hin zu sehr aufs Tempo gedrückt wurde. Die feierliche Schlusspassage von Trompeten und Posaunen kam hier gar nicht zur Geltung. Schade darum. Auch der Paukist hätte sich hier noch mehr dem Gesamtklang des Orchesters anpassen sollen.

Măcelaru ist aktuell Chef des Orchesters National de France und ein durchaus interessanter Dirigent. Obwohl er als Jahrgang 1980 nicht mehr so jung ist, kann man in getrost als Neuentdeckung werten. Und man würde ihm wünschen, dass bei ihm etwas mehr Ruhe einkehren könnte und er die Musik genießen kann und das Publikum natürlich auch!

Herbert Hiess, 25. August 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Philharmonia Orchestra London, Santtu-Matias Rouvali, Christian Tetzlaff, Violine Wolkenturm, Grafenegg, 20. August 2023

Estonian Festival Orchestra, Paavo Järvi, Rudolf Buchbinder, Klavier Wolkenturm, Grafenegg, 17. August 2023 

Dvořák, Bartók und Mahler im letzten Programm der Saison, WDR Sinfonieorchester Cristian Măcelaru, Dirigent Kölner Philharmonie, 16. Juni 2023

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