Das Slow Burn-Ensemble in Linie (Foto: Kiran West)
Ballettabend mit Werken von Aszure Barton und William Forsythe
Uraufführung und Premiere in Hamburg, 8. Dezember 2024
Ein Renner wird dieses Stück bei dem noch nicht Neumeier-entwöhnten Hamburger Publikum wohl eher nicht. Man kann ja demnächst nach Stuttgart fahren. Dort wird bereits mit der Heimkehr John Neumeiers an das Stuttgarter Staatsballett geworben.
Teil 1: Slow Burn
Choreographie: Aszure Barton
Kostüme: Michelle Jank, Licht: Tanja Rühl
Musik von Ambrose Akinmusire
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Leitung Simon Hewett
Musikalische und choreographische Uraufführung, 8. Dezember 2024
Teil 2: Blake Works V (The Barre Projekt)
Choreographie und Bühne: William Forsythe
Kostüme: William Forsythe und Howard Merlin
Musik vom Band: James Blake
Staatsoper Hamburg, 8. Dezember 2024 PREMIERE
von Dr. Ralf Wegner
Die farbsatte Uraufführung von Aszure Barton
Und wieder ein handlungsfreier Mehrteiler; diesmal nach dem Uraufführungsstück von Aszure Barton genannt: Slow Burn. Übersetzt mit Langsames Brennen, auch Glühen. Und nicht nur der kreisförmig ausgeleuchtete Bühnenboden glühte in Rot-Orange, auch die Kostüme der Tänzerinnen und Tänzer. Zunächst schien es, als ob neben den beiden als Weise Frauen titulierten Ersten Solistinnen Silvia Azzoni und Madoka Sugai nur Tänzerinnen eingesetzt würden, erst später schälte sich eine Mischung beider Geschlechter heraus.
Weitere eingesetzte Tänzerinnen und Tänzer bildeten Kreise oder fanden sich zu Gruppen zusammen. Sie umringten und hoben die Weisen Frauen, die sich mehrfach mit Wohlgefühl in die sie auffangende Gruppe fallen ließen. Unterstützung fanden beide immer wieder durch Lormaigne Bockmühl (Freude) und Daniele Bonelli (Empathie).
Offenbar befand man sich in einem überirdischem Elysium und gab sich schönen graphisch-mathematischen Formen hin. Anfangs beeindruckten die Strukturen und Bewegungsmuster. So robbten 20 gelb-orange gekleidete Tänzerinnen und Tänzer entlang der Kreislinie und erzeugten so den Eindruck einer Drehscheibe. Silvia Azzoni und Madoka Sugai bezeugten durch häufigeres Kopfwackeln ihr Alter bzw. ihre Weisheit, waren aber sonst körperlich noch sehr fit. Manche Formation der Gruppe erinnerte an wurm- oder schlangenartige Bewegungsmuster, häufiger bestachen auch rechteckige Formen oder gerade Linien, sei es in Reihe nebeneinander gelegen oder in Linie sitzend mit gleichartigen Oberkörperhaltungen oder Armstreckungen.
Das Bewegungsrepertoire entwickelt sich konform zur neu von Ambrose Akinmusire komponierten Musik, manches erinnerte an Gustav Mahler. Trotz aller musikalischen und choreographischen Schönheit trat mit der Zeit ein Ermüdungseffekt ein.
Tanz an der Stange: Die Premiere von William Forsythe
Forsythes Stück war nur halb so lang und deutlich dynamischer. Im Mittelpunkt stand die Ballettstange, an der sich die Solisten nacheinander mehr oder weniger kurz verschiedenen Übungen hingaben. Das sah alles elegant aus, und die Tänzerinnen und Tänzer hatten offensichtlich ihre Freude daran. Aus der entfernten Publikumssicht, wir saßen in Reihe 23, stand vor allem das Ratespiel, wer gerade seinen Miniauftritt hatte, im Vordergrund. Eine Entwicklungslinie erschloss sich mir nicht.
Die im Publikum gehörten Meinungen hinterher umschlossen eine große Bandbreite, von „ziemlich doof“ bis „ganz toll“. Mag sich jeder sein eigenes Urteil bilden. Ein Renner wird Slow Burn bei dem noch nicht Neumeier-entwöhnten Hamburger Publikum wohl eher nicht werden.
Man kann ja demnächst nach Stuttgart fahren. Dort wird mit dem Heimkehrer John Neumeier an das Stuttgarter Staatsballett geworben, denn mit der Stuttgarter Erstaufführung von Anna Karenina kehre er zurück zu seinen Anfängen in Stuttgart. Wir blicken neidisch in die Württembergische Hauptstadt, vom 14. März bis zum 17. Mai wird Neumeiers Meisterwerk dort insgesamt 11 Aufführungen erleben.
Dr. Ralf Wegner, 9. Dezember 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Stuttgarter Staatsballett, Novitzky / Dawson Staatsoper Stuttgart, 4. Oktober 2024
Haben in der letzten Ballettwerkstatt schon einen Eindruck bekommen. Fanden auch das erste Stück sehr langweilig: Nur Gepose bzw. Ringelpitz mit Anfassen. Und das zweite nur im Vergleich zum ersten besser. Bin mal gespannt, wie lange es noch fast ausverkaufte Vorstellungen wie zu Neumeiers Zeiten gibt. Oder es wird schnell bergab gehen wie bei der Oper. Bei Bühne frei wurde nur das Parkett verkauft, die 2. Bühne frei Vorstellung unter Simone Young war noch ausverkauft. Bei dem Weltstar Lise Davidsen im Januar wird auch nur Parkett u. 1. Rang angeboten. Quo Vadis Hamburgische Staatsoper ? Zu Liebermanns Zeiten war Hamburg = Oper ! Und damals war von einem 2. Opernhaus keine Rede.
Hartmut Funke