Sommereggers Klassikwelt 122: Rosa Ponselle zum 125. Geburtstag – eine Ikone der Gesangskunst

Sommereggers Klassikwelt 122: Rosa Ponselle zum 125. Geburtstag,  Klassik-begeistert.de

Ihre Stimme war von einem ungewöhnlichen Farbenreichtum, der ihr ein weites Spektrum von Rollen ermöglichte.

 von Peter Sommeregger

Die am 22. Januar 1897 geborene Rosa Melba Ponzillo, Tochter italienischer Einwanderer in die USA, hatte eine lange und ausgesprochen ungewöhnliche Karriere. Mit ihrer älteren Schwester Carmela trat sie als junges Mädchen in Varietés als die „Ponzillo-Sisters“ auf. Ein Talent-Scout wurde auf die beiden Schwestern aufmerksam, Rosa wurde direkt an der Metropolitan Opera ausgebildet, wo sich Enrico Caruso für sie einsetzte und ihr zu dem Debüt an seiner Seite in Verdis „Troubadour“ am 15. November 1918 verhalf.

Schnell eroberte sich die Sängerin ein hauptsächlich italienisches Repertoire, in dem sie ihre technisch ausgezeichnete Stimme, die vollendete Triller singen konnte, aber auch über die tieferen Register verfügte, gekonnt einsetzen konnte. Trotz ihres wachsenden Ruhms sang Rosa Ponselle ausschließlich an der Metropolitan Opera in New York und bei den traditionellen Gastspielen des Instituts in anderen amerikanischen Städten. Sie sang während 19 Spielzeiten an diesem Haus 22 verschiedene Rollen in über 300 Vorstellungen und galt als die absolute Primadonna. Erstaunlicherweise sang sie keine einzige Partie von Puccini und Wagner, obwohl sie für die Schallplatte einige Stücke dieser Komponisten aufnahm.

In der Spielzeit 1935/36 nahm sie die Carmen in ihr Repertoire auf, hatte damit aber nicht den erwarteten Erfolg. Als man ihr 1937 den Wunsch verwehrte, als Cileas „Adriana Lecouvreur“ aufzutreten, verließ sie das Haus im Unfrieden und hat es angeblich nie wieder betreten.

Erst in den 1930er Jahren hatte sie verschiedentlich in England und Italien gastiert. Auch als Konzertsängerin war Rosa Ponselle höchst erfolgreich.

Ihr Rückzug von der Bühne 1937 mag auch ihrer Heirat mit dem Industriellen Carle A. Jackson geschuldet sein, mit dem sie anschließend in der Villa Pace in Baltimore lebte. Diese Ehe wurde aber 1949 wieder geschieden.

Anfang der 1950er Jahre richtete sich die Sängerin ein Aufnahmestudio in ihrer Villa ein, in dem zahlreiche Schallplatten entstanden, die Ponselles Stimme in ungebrochener Frische konserviert haben. Ihre Stimme war von einem ungewöhnlichen Farbenreichtum, der ihr ein weites Spektrum von Rollen ermöglichte. Von Koloraturpartien bis zur Carmen reichte das große Repertoire dieser Künstlerin. Ab 1954 übernahm sie die Direktion der Civic Opera in Baltimore und war  auch als Pädagogin tätig. Zu ihren Schülern zählten spätere Berühmtheiten wie Beverly Sills, Sherrill Milnes und James Morris. Rosa Ponselle starb am 25. Mai 1981 in Baltimore.

Ihre unverwechselbare Stimme ist uns auf zahlreichen Schallplatten erhalten, die die Virtuosität der Künstlerin für uns nachhörbar macht. Es existieren sogar zwei komplette Opernaufnahmen mit ihr: eine „Carmen“ und eine „Traviata“, live 1936 in der Metropolitan Opera mitgeschnitten. Einige wenige Einspielungen machte sie auch mit ihrer Schwester Carmela, die als Mezzosopran ebenfalls erfolgreich auftrat.

Rosa Ponselle gilt bis heute als eine der Ikonen der Gesangskunst, ihre Schallplatten lassen erahnen, wie sehr sie die Opernszene ihrer Zeit dominierte.

Peter Sommeregger, 18. Januar 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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