Sommereggers Klassikwelt 131: Erinnerungen an Eberhard Waechter

Sommereggers Klassikwelt 131: Erinnerungen an Eberhard Waechter,  klassik-begeistert.de

Foto: pinterest.de

von Peter Sommeregger 

In dieser Woche sind es bereits 30 Jahre, dass der Bariton Eberhard Waechter völlig unerwartet einem Herzinfarkt erlag. Waechter, der erst 62 Jahre alt war, hatte  kurz zuvor seinen Traum erfüllen können, und wurde zusammen mit Ioan Holender Direktor der Wiener Staatsoper.

In den Jahrzehnten davor war Waechter eines der prominentesten Ensemblemitglieder des Hauses und war aus der Wiener Opernszene nicht wegzudenken. Der in Wien geborene Sänger entstammte einem alten Adelsgeschlecht, das aber seine Titel in Österreich nicht mehr führen durfte.

Nach einem Studium an der Wiener Musikhochschule debütierte er nach einem kurzen Engagement an der Wiener Volksoper bereits 1955 an der Staatsoper am Ring, der er bis zu seinem Tod verbunden blieb. Sein markantes Timbre und sein wandlungsfähiger, kräftiger Bariton ermöglichten ihm ein ungewöhnlich breites Spektrum an Partien, die von Mozart bis Wagner, von Verdi und Puccini bis Alban Berg reichten. Auch zeitgenössischen Komponisten war Waechter nicht abgeneigt, so übernahm er Partien in Opern von Dallapiccola, Frank Martin und Menotti. In Gottfried von Einems „Besuch der alten Dame“ feierte er in der männlichen Hauptrolle bei der Uraufführung 1971 einen wahren Triumph.

In den 1950er und 60er Jahren wurde Waechter von beinahe sämtlichen bedeutenden Opernhäusern eingeladen, er sang an Nordamerikanischen Häusern ebenso wie am Teatro Colón in Buenos Aires, bei den Bayreuther und Salzburger Festspielen war er Stammgast. Sein Amfortas, Kurwenal und Wolfram waren neben Bayreuth auch an der Wiener Oper zu hören. Mit dem Grafen in Figaros Hochzeit und dem Don Giovanni von Mozart fand der Kavaliersbariton seine Glanzrollen, in denen er weltweit Erfolg hatte, und die selbst noch auf der Schallplatte seine erotische Ausstrahlung spürbar machen.

An der Wiener Oper erfüllte man Wächter jeden Rollenwunsch und er genoss große Popularität. Verständlich, dass er in seinen späteren Jahren seine Gastspieltätigkeit einschränkte, schließlich musste sich der Sänger nichts mehr beweisen. In den Operetten von Johann Strauß feierte er Triumphe, aber auch seine Rollen in Opern von Richard Strauss zählten zu seinen großen Erfolgen, wie der Mandryka in „Arabella“, der Jochanaan in „Salome“, der Graf in „Capriccio“ und der Orest in „Elektra“. Einen späten großen Erfolg brachte ihm die Titelrolle in Verdis „Simon Boccanegra“ein.

Auch die großen Plattenfirmen erkannten frühzeitig das Potential Eberhard Wächters. Unter Giulini spielte er den Don Giovanni und Figaro-Grafen ein, seine Bayreuther und Salzburger Auftritte sind zum größten Teil in Live-Mitschnitten dokumentiert, ebenso Aufführungen von der Wiener Staatsoper.

Wächter war ein Allrounder, der sich vom Barock bis zur Moderne stilsicher behauptete, seine Einspielung des Brahms-Requiems unter Karajan, sein Wozzeck unter Christoph von Dohnányi und die amüsante Verfilmung von Menottis „Das Telefon“ mit Anja Silja sind in ihrer Intensität bis heute Maßstab. Waechter ließ frühzeitig erkennen, dass die Direktion der Staatsoper sein Traumberuf wäre. An dessen Erfüllung konnte er sich leider nur wenige Monate erfreuen.

Alte Arkaden, crypt_33 Eberhard Waechter, (c) wikipedia.com

Bei einem Spaziergang im Wienerwald mit seiner Frau am 29. März 1992 ereilte ihn der tödliche Herzinfarkt. Seine letzte Ruhe fand er unter den Kolonnaden des Wiener Zentralfriedhofs in der ehrwürdigen Gruft seiner adeligen Vorfahren. Dem Wiener Opernpublikum wird er unvergesslich bleiben.

Peter Sommeregger, 30. März 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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