Sommereggers Klassikwelt 149 : Ljuba Welitsch, die unvergleichliche Salome

Sommereggers Klassikwelt 149 : Ljuba Welitsch, die unvergleichliche Salome  klassik-begeistert.de 31. August 2022

von Peter Sommeregger

Am 1. September sind es bereits 26 Jahre, dass Ljuba Welitsch in Wien nach längerer Krankheit gestorben ist.

Die gebürtige Bulgarin studierte in Sofia und Wien, in Graz debütierte sie 1936 am dortigen Opernhaus. Von 1937 bis 1945 waren die weiteren Stationen Hamburg und München. 1942 war sie an der Wiener Volksoper engagiert, wo sie ihre erste Salome von Richard Strauss sang. 1945 wurde sie an die Wiener Staatsoper verpflichtet, wo sie bereits 1944 in einer Festaufführung zu Strauss’ 80. Geburtstag die Salome verkörperte.

Inzwischen hatte sich die Sängerin ein breites Repertoire erarbeitet, das sowohl aus lyrischen Partien, wie der Musetta in Puccinis „La Bohème“, als auch dramatischen Rollen wie Tosca oder die Donna Anna in Mozarts „Don Giovanni“ bestand. Sie gastierte bei den Salzburger Festspielen, bei jenen in Glyndebourne, ebenso am Londoner Opernhaus Covent Garden. Auch in anderen großen Opernhäusern war sie als Gast zu hören.

Im Jahr 1949 debütierte sie an der New Yorker Met, ebenfalls als Salome. Bis 1952 sang sie an dem Haus in 52 Aufführungen neben der Salome die Aida, Tosca, Donna Anna und Rosalinde in einer englischen Fledermaus. Ihr besonderes Markenzeichen war der blühende, sinnliche Ton ihres berückenden Timbres.

Schallplatten wurden zu jener Zeit noch relativ wenige produziert, noch beherrschte die Schellack-Platte den Markt. Zur Freude der Verehrer der Welitsch tauchten aber in späteren Jahren immer mehr Live-Mitschnitte mit der Künstlerin auf, so dass heute doch erfreulich viele Tonträger von ihrer unverwechselbaren Stimme vorhanden sind. Besonders wertvoll sind die Mitschnitte von zwei Salome-Aufführungen an der Met unter Fritz Reiner von 1949 und 1952. Sie dokumentieren, dass Welitsch eine Idealbesetzung dieser Rolle war.

Geschont hat sich die Sängerin in jenen Jahren nicht, was zu einem schnellen Verschleiß ihrer Stimme führte. Sehr pragmatisch verlegte sie sich daraufhin auf die Operette und brachte ihr ausgeprägtes komisches Talent in eine Filmkarriere ein. Herbert von Karajan besetzte sie noch in seiner Londoner Rosenkavalier-Einspielung als Marianne Leitmetzerin, der sie mit ihrer unverwechselbaren Stimme Profil gab.

Privat war die Welitsch nicht wirklich gut bestrahlt. Eine frühe Ehe mit einem Schauspieler zerbrach schon nach kurzer Zeit, nach dem Ende ihrer Bühnenkarriere heiratete sie den erheblich jüngeren Wiener Verkehrspolizisten Karl Schmalvogel, aber auch diese Ehe endete mit einer Scheidung.

Ich erinnere mich an eine Aufführung von Donizettis „Regimentstochter“ an der Wiener Volksoper, in der die Welitsch in der Sprechrolle der Herzogin auftrat. Als sie die Bühne betrat, erhielt sie stehende Ovationen des Publikums, so populär war die Sängerin in Wien geblieben.

Viele alte Fans hielten der Sängerin die Treue und kümmerten sich um sie bis zu ihrem Tod 1996. Ihr Biograph Norbert Ernst Benke, dem wir eine gut recherchierte, umfangreiche Biographie verdanken, entwarf auch den Grabstein für das Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof. Der war gut gemeint, ist geschmacklich aber zumindest gewöhnungsbedürftig. Aber der gute Wille zählt auch in diesem Fall.

Peter Sommeregger, 31. August 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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