Sommereggers Klassikwelt 163: Jascha Heifetz, DER Geiger des 20. Jahrhunderts

Sommereggers Klassikwelt 163: Jascha Heifetz, DER Geiger des 20. Jahrhunderts  klassik-begeistert.de

Foto: Jascha Heifetz, Carnegie Hall 1947, wmplayer 2013-04-16

von Peter Sommeregger

Vor 35 Jahren, exakt am 10. Dezember 1987 verstarb in seiner amerikanischen Wahlheimat der Geigenvirtuose Jascha Heifetz. Obwohl das 20. Jahrhundert reich mit Geigern der Extraklasse gesegnet war, kann man Heifetz doch als denjenigen bezeichnen, dessen Ausstrahlung und Wirkung bis heute präsent geblieben ist.

Geboren wurde Heifetz am 2. Februar 1901 in Vilnius, das damals noch zum russischen Kaiserreich gehörte. Sein Geburtsjahr betreffend tauchten später Zweifel auf, man vermutet, dass die Eltern das erfolgreiche Wunderkind um mindestens zwei Jahre jünger erscheinen lassen wollten. Der Sohn eines professionellen Geigers wurde anfangs vom Vater unterrichtet, dieser erkannte aber bald die Überlegenheit des Sohnes und ließ ihn von dem bekannten Pädagogen Leopold Auer weiter ausbilden. Bereits im Alter von sechs Jahren trat das Wunderkind mit dem Violinkonzert von Mendelssohn erfolgreich öffentlich auf. Im Jahr 1912 gastierte er bereits in Berlin und Leipzig, in Berlin konzertierte er mit den Berliner Philharmonikern unter Arthur Nikisch.

Die Familie wanderte noch vor der Oktoberrevolution nach den USA aus, wo Heifetz noch im gleichen Jahr sein umjubeltes Konzertdebüt in der New Yorker Carnegie Hall gab. In der Folge entwickelte sich seine Karriere rasant, er unternahm mit verschiedenen Orchestern und Dirigenten Tourneen, die ihn praktisch in der ganzen Welt bekannt machten.

Heifetz war auch einer der ersten Medienstars. Das neue Medium Schallplatte sicherte sich den jugendlichen Ausnahmekünstler, bereits zwei Wochen nach seinem Konzertdebüt in der Carnegie Hall spielte Heifetz die ersten Stücke für die Victor Talking Machine (später RCA Victor) ein. Das war der Beginn einer Jahrzehnte dauernden Zusammenarbeit, in der unzählige Aufnahmen entstanden, die den Virtuosen weltweit bekannt machten.

Foto: de.Wikipedia.org

Heifetz, der über eine brillante Technik verfügte, war ein gnadenloser Perfektionist und legte für sich selbst die strengsten Maßstäbe an. Manche unterstellten ihm eine gewisse Kälte in der Interpretation, ein Eindruck, der wohl durch die stilistische und technische Makellosigkeit zu erklären ist.

In seinen reiferen Jahren unterrichtete Heifetz auch, an der Universität von Südkalifornien hatte er eine Professur für Geige von 1959 bis 1983 inne. Weltweite Auftritte und seine zahlreichen Schallplatten machten ihn weltweit zu einer Berühmtheit. Zweimal überlebte er massive Verletzungen: 1953 wurde er bei einem Gastspiel in Jerusalem von einem Fanatiker attackiert, weil er ein Werk von Richard Strauss gespielt hatte, 1959 brach er sich bei einem Sturz die Hüfte, und wäre beinahe an der daraus resultierenden Infektion gestorben.

Seine Laufbahn bzw. sein öffentliches Auftreten beendete Heifetz im Jahr 1972, nach dem er sich an der rechten Schulter verletzt hatte. Vor seinen Schülern und im privaten Kreis spielte er aber weiter.

Das Violinkonzert von Korngold, heute ein häufig gespieltes Werk, wurde von ihm 1947 uraufgeführt. Heifetz besaß mehrere kostbare Geigen, darunter eine Stradivari, sein bevorzugtes Instrument war aber eine Geige Guarneris.

Weniger erfolgreich war der große Geiger in seinem Privatleben. Beide seiner Ehen endeten mit einer Scheidung. Er verfügte wohl über einen trockenen Humor, überliefert ist seine Antwort auf die Frage, warum er manchmal auch Kompositionen von Zeitgenossen aufführte: „Einmal um sie abzuhalten, weiter zu komponieren, zweitens um mich daran zu erinnern, wie gut Beethoven ist.“

Nach seinem Tod 1987 wurde Heifetz kremiert, seine Asche auf seinen Wunsch ins Meer gestreut. Der Welt ist er in unzähligen Aufzeichnungen seines virtuosen Geigenspiels erhalten geblieben.

Peter Sommeregger, 7. Dezember 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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