Man will gar nicht glauben, dass der beliebte Sänger in dieser Woche bereits seinen 86. Geburtstag feiert, so präsent sind seine Leistungen auf vielen Opernbühnen und in Konzerten immer noch.
von Peter Sommeregger
Der Name Kollo hat in Berlin schon seit zwei Generationen einen guten Klang. Sein Großvater Walter Kollo wurde 1878 in Ostpreußen noch unter dem Namen Kollodzieyski geboren. Nach einem Musikstudium in Königsberg ging er nach Berlin, wo er rasch als Komponist von Operetten und Revuen bekannt wurde. Zusammen mit Paul Lincke gilt er als Schöpfer der Berliner Operette, viele seiner Lieder entwickelten sich zu wahren Ohrwürmern.
Sein Sohn Willi Kollo, 1904 geboren, trat schon als Kind in die Fußstapfen seines Vaters und wirkte ebenfalls als Komponist, besonders aber als Textdichter. So schien der Weg seines Sohnes René vorgezeichnet. Dieser strebte anfangs aber eine Laufbahn als Schauspieler an. In jungen Jahren spielte er in einigen Jazzbands und wollte eigentlich Musicalsänger werden.
Zur Finanzierung seiner Ausbildung sang er auch Schlager und hatte damit unerwartet großen Erfolg. Seine deutsche Version des Hits „Hello Mary Lou“ eroberte die Hitparaden. Schließlich hatte ihn aber doch der Ehrgeiz gepackt, und er studierte klassischen Operngesang. Nach einem ersten Engagement in Braunschweig sang er längere Zeit an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf. Danach entwickelte sich seine Karriere rasant.
Bei den Bayreuther Festspielen trat er erstmals 1969 als Steuermann im „Fliegenden Holländer“ auf, es folgten später die großen Partien wie Tannhäuser, Siegfried und Tristan. Bei dem permanenten Mangel an Wagner- Tenören öffneten sich ihm auch bald international die Türen aller Opernhäuser. London, Wien und schließlich die New Yorker Met engagierten ihn und er stieg so zu einem der gefragtesten Sänger seiner Generation auf. Sein Repertoire gestaltete er vielfältig, er wollte nicht nur als Wagner-Sänger wahrgenommen werden. So wagte er sich mit großem Erfolg auch an Benjamin Brittens „Peter Grimes“. Die damals noch bedeutendere Tonträger-Industrie beschäftigte ihn ebenfalls gut, unter Marek Janowski wirkte er in dessen Dresdner Ring-Einspielung mit, Erich Leinsdorf nahm mit ihm Korngolds „Tote Stadt“ auf. Georg Solti besetzte ihn als Bacchus in seiner „Ariadne auf Naxos“ und als „Tannhäuser“, und unter dem gestrengen Carlos Kleiber nahm er den Tristan für die Schallplatte auf.
Daneben war sich Kollo auch nie für die leichtere Musik zu schade, in diversen Fernsehshows konnte man ihn auch in Operettenrollen erleben, das Familienerbe schlug letzten Endes doch auch bei ihm durch. Bis in die 1990er Jahre sang er das schwere Heldentenor-Fach, an der Deutschen Oper Berlin konnte man ihn häufig als Tannhäuser und Tristan erleben.
Mit der Übernahme des so genannten Metropol-Theaters im Berliner Admiralspalast scheiterte er nach dem Ende der DDR, Sänger waren noch selten gute Intendanten.
Selbst nach seinem 80. Geburtstag gab es immer wieder Auftritte von Kollo, bevorzugt in Berlin, wo der Name Kollo allein schon Interesse erweckt. So erfolgreich René Kollo als Künstler war, so problematisch gestaltete sich sein Privatleben. Kollo hat insgesamt vier Kinder aus zwei Ehen, die beide scheiterten. Lebensfreude und Lebensmut des sympathischen Künstlers scheint das aber nicht beeinträchtigt zu haben.
Man darf zum 86. gratulieren, und noch viele weitere wünschen!
Peter Sommeregger, 21. November 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen.‘ Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.