Sommereggers Klassikwelt 236: Paul Sacher ging als Mäzen in die Musikgeschichte ein

Sommereggers Klassikwelt 236: Paul Sacher ging als Mäzen in die Musikgeschichte ein  klassik-begeistert.de, 21. Mai 2024

Büste von Paul Sacher (1906-1999) 1971. Schola Cantorum Basiliensis, Leonhardstrass 6, Basel. Von Alexander Zschokke (1894-1981)

von Peter Sommeregger

 Am 26. Mai dieses Jahres ist der 25. Todestag Paul Sachers, des bedeutenden Schweizer Musikers und Mäzens. Zum Zeitpunkt seines Todes galt er als der reichste Mann der Schweiz, was dem in gutbürgerliche Verhältnisse in Basel Geborenen nicht an der Wiege gesungen wurde.

Früh konzentrierte sich Sacher auf sein musikalisches Talent, studierte u.a. bei Felix Weingartner. Noch während seiner Studienzeit begründete er das Basler Kammerorchester, später den Basler Kammerchor. 1933 rief er die Schola Cantorum Basiliensis als Lehr- und Forschungsinstitut für Alte Musik ins Leben, die sich 1954 mit Musikschule und Konservatorium Basel zur Musik-Akademie der Stadt Basel vereinigte.

Bestimmend für seinen weiteren Lebensweg war die Heirat mit Maja Hoffmann. 1934 heiratete Sacher die Witwe des Pharma-Industriellen Emanuel Hoffmann, der Hauptanteilseigner des Konzerns Hoffmann-La Roche gewesen war. Dem Ehepaar standen nahezu unbegrenzte Mittel zur Verfügung, die sie großzügig für die Förderung zeitgenössischer Komponisten einsetzten.

Die Liste der geförderten Komponisten, mit denen Sacher zum Teil lebenslange Freundschaften verbanden, liest sich wie das who’s who der europäischen Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Zu ihnen zählten Igor Stravinsky, Béla Bartók, Arthur Honegger, Bohuslav Martinů , Paul Hindemith und Richard Strauss, um nur die Bedeutendsten zu nennen. Béla Bartóks „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ und Richard Strauss’ „Metamorphosen“ sind die berühmtesten Werke, die in Sachers Auftrag entstanden.

Sachers Ehefrau Maja hatte aus ihrer ersten Ehe zwei Kinder mitgebracht, die Verbindung mit Sacher blieb aber kinderlos. Seine insgesamt drei Kinder stammen aus außerehelichen Beziehungen. Seine beiden Töchter hatte er mit einer angeheirateten Gräfin Faber-Castell, sein Sohn trägt den Namen Georg Schmid. Seine Ehe hatte trotzdem Bestand, was wohl der Großzügigkeit seiner Ehefrau zuzuschreiben ist.

Neben seiner Dirigententätigkeit, seinem Engagement in zahlreichen Ämtern war Sacher nicht zuletzt Jahrzehntelang Vorsitzender des Aufsichtsrates des bedeutenden Pharma-Unternehmens Hoffmann-La Roche. Obwohl Sacher sich in erster Linie als Musiker sah, füllte er auch diese Aufgabe äußerst erfolgreich aus. Sacher hielt sich auch an den Grundsatz der Unternehmerfamilie „Reden ist Silber, Schweigen ist Roche“.

Paul Sacher 1906–1999

Bereits 1973 hatte Paul Sacher eine Stiftung in seinem Namen begründet. Darin befindet sich nicht nur sein persönlicher Nachlass, eingebracht wurden auch mehrere angekaufte Nachlässe, wie jene von Igor Stravinsky und Anton Webern. Die Stiftung finanziert auch die wissenschaftliche Erschließung der Nachlässe, sowie Publikationen und Forschungsprojekte. Seit Sachers Tod ist Georg Schmid, der leibliche Sohn Sachers, Präsident des Stiftungsrates.

Paul Sachers Ehefrau Maja starb im Jahr 1989, Sacher am 26. Mai 1999, beide erreichten das hohe Alter von jeweils 93 Jahren. Das Ehepaar ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie große Vermögen auch für die Förderung künstlerischer Projekte eingesetzt werden können, was im Fall Sacher auch mit größter fachlicher Kompetenz geschah. Paul Sacher hat sich damit praktisch unsterblich gemacht.

Peter Sommeregger, 21. Mai 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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