Sommereggers Klassikwelt 259: Mit dem Namen Trnina kann man nicht Karriere machen

Sommereggers Klassikwelt 259, Milka Ternina  klassik-begeistert, 6. November 2024

von Peter Sommeregger

Die am 19. Oktober 1863 in Kroatien geborene Sängerin Milka Trnina begann bereits frühzeitig mit der Ausbildung ihrer Stimme. Zuerst studierte sie in ihrer Heimat, ab 1882 beim damals wohl berühmtesten Gesangslehrer, Joseph Gänsbacher in Wien. Ihr Bühnendebüt als Amelia in Verdis „Maskenball“ fand bereits 1882 in Zagreb statt.

Schnell eroberte sich die junge Sängerin die Bühne, nach Stationen in Leipzig, Graz und Bremen gelangte sie 1889 an die Münchner Hofoper, die bis zum Ende ihrer Karriere ihre künstlerische Heimat blieb. Der Name Trnina war aber außerhalb ihrer Heimat ein Problem, das sie mit dem einfachen Einfügen des Buchstaben e löste, und als Milka Ternina eine Weltkarriere erreichte.

Ihre Stimme dürfte ein dramatischer bis hochdramatischer Sopran gewesen sein, jedenfalls sang sie ein entsprechendes Repertoire, wie Isolde , Brünnhilde und den Fidelio. 1899 wurde sie als Kundry für die Bayreuther Festspiele verpflichtet. Da sie diese Rolle im Jahr 1900 auch an der Metropolitan Opera in New York sang, verstieß sie damit gegen die damals noch gültige Schutzfrist für das Werk, und wurde daher nicht mehr nach Bayreuth engagiert. Am Londoner Covent Garden Opera House war sie bei der dortigen Erstaufführung die Tosca Puccinis, ebenso bei der amerikanischen Erstaufführung an der New Yorker Met.

Von der Künstlerin existieren keine offiziellen Tonaufnahmen, aber unter den berühmten Mapleson-Zylindern, die Fragmente von Aufführungen der Met enthalten, existiert ein kurzer Ausschnitt aus dem Liebesduett Tristan-Isolde vom 13. März 1901, auf dem Ternina mit dem berühmten Tenor Jean de Reszke zu hören ist.

Über das Privatleben Terninas ist wenig bekannt, aber in der Literatur über Thomas Manns Ehefrau Katia findet man deutliche Hinweise, dass deren Vater, Alfred Pringsheim, ein jahrelanges, offen geführtes Verhältnis mit Milka Ternina hatte.

Die Sängerin trat bis 1906 an zahlreichen bedeutenden Opernbühnen auf, musste sich dann aber abrupt zurückziehen, nachdem eine Lähmung der Gesichtsmuskulatur weitere Auftritte unmöglich machte. Ab 1909 unterrichtete sie am New Yorker College of Music, später kehrte sie in ihre kroatische Heimat zurück, wo sie am Konservatorium von Zagreb unterrichtete und ihr Wissen an die nächste Generation weitergab. Der Dirigent Arturo Toscanini, der mit ihr seit den New Yorker Tagen befreundet war, besuchte sie dort mehrfach, wobei ihm Ternina ihre besten Schülerinnen präsentierte. So erregte die junge Zinka Milanov Toscaninis Aufmerksamkeit, der er zu einer kometenhaften Karriere an der Metropolitan Opera verhalf.

Milka Ternina starb am 26. Mai 1941 in Zagreb, wo sie auch ihre letzte Ruhestätte fand. In ihrer Heimat ist sie unvergessen, und Opernfreunden mit historischem Wissen ist sie auch keine Unbekannte.

Peter Sommeregger, 5. November 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt 258: Caroline Unger klassik-begeistert.de, 29. Oktober 2024

Sommereggers Klassikwelt 257: Hilde Rössel-Majdan klassik-begeistert.de, 23. Oktober 2024

Sommereggers Klassikwelt 256: Luise Helletsgruber klassik-begeistert.de, 16. Oktober 2024

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert