Elbenita Kajtazi Foto: Marie-Luise Calvero (c)
Staatsoper Hamburg: Ein Rückblick in drei Teilen
Sängerisch übertrafen die Opern-Aufführungen der Hamburgischen Staatsoper des Jahres 2022 mit 8,3 von 10 möglichen Punkten jene des Jahres 2019 mit 7,9 Punkten. Hohen Anteil daran hatte die Sopranistin Elbenita Kajtazi, der die sängerische Krone für das Jahr 2022 gebührt. Rückblickend auf die letzten 60 Jahre erwies sich Christoph von Dohnányis Intendanz mit durchschnittlich 9,0 Punkten als die beste und anders als heutzutage häufiger kolportiert, war die 10jährige Ära unter Simone Young nicht so schlecht wie von manchen gedacht (8,1 Punkte).
Eine Langzeitbewertung von Dr. Ralf Wegner
Im Jahr 2022 war wieder alles erlaubt, die Oper durfte alle Plätze vergeben. Trotzdem trugen wir im Saal stets unsere FFP3-Maske und erlebten so insgesamt 61 Vorstellungen, darunter zwei Konzert-, 22 Opern- und 37 Ballett-Aufführungen; vor allem in der Hamburgischen Staatsoper, aber auch auf Kampnagel, auf dem Rathausmarkt sowie in Dresden, Leipzig, Berlin, Hannover, Essen und Dortmund.
Was waren die Höhepunkte des Jahres: In der Oper die Violetta-Interpretation der Sopranistin Elbenita Kajtazi, die noch überzeugender sang und spielte als ihre ebenfalls herausragenden Vorgängerinnen wie Pretty Yende und Aida Garifullina, auch befeuerte sie starke Partner wie Stephen Costello als Alfredo und Artur Ruciński als Germont zu Höchstleistungen. Außerdem riss Kajtazi als Manon das Publikum zu Jubelstürmen hin mit einem sich an ihr steigernden Benjamin Bernheim als Des Grieux.
Beide Aufführungen können als musikalische Sternstunden in die Annalen der Hamburgischen Staatsoper eingehen. Kajtazi war auch an herausragenden Aufführungen von Turandot (mit Gregory Kunde als Calaf und u.a. Guanqun Yu als Liù) und einer quietschbunten Carmen beteiligt. Zu erwähnen ist außerdem eine superbe Catherine Foster als Elektra. Im Februar gab es noch einen mit u.a. Pavlova, Lezhneva und Nurgeldiyev hervorragend besetzten Don Giovanni. Klaus Florian Vogt sang zudem Tannhäuser und Florestan. Die sängerische Krone für 2022 gebührt aber eindeutig dem Hamburger Ensemblemitglied Elbenita Kajtazi.
Sängerisch übertrafen die Opern-Aufführungen der Hamburgischen Staatsoper des Jahres 2022 mit 8,3 Punkten einer Zehnpunkteberwertung jene des letzten Jahres mit vollem Angebot (2019) von nur 7,9 Punkten.
Opernzettel sammle ich seit 1963, auch mit eigenen Bewertungen, vorwiegend der gesanglichen Darbietungen, auf einer Skala von 0 bis 10. Objektivität wurde damit nicht angestrebt, denn die Auswahl der Stücke fand in der Regel unter dem Aspekt der Bekanntheit der Sängerinnen und Sänger statt, also wegen deren sängerischer und darstellerischer Fähigkeiten. Gut besetzte Aufführungen sind damit in dieser Bewertung überrepräsentiert. So erklären sich auch die im Durchschnitt der 60 Jahre mit 8,3 Punkten relativ hoch bewerteten Vorstellungen in der Hamburgischen Staatsoper. Zum Vergleich: Im Frühjahr 1968 in München gesehene Vorstellungen erreichten eine Durchschnittswertung von 8,5 Punkten, Aufführungen in Berlin (1968-1871) 8,3 Punkte.
Intendant | Jahre | Anzahl | 10 Pkt. | Mittelw. |
Rolf Liebermann | (1963)-1973 | 84 | 18% | 8,3 |
August Everding | 1973-1977 | 45 | 42% | 9,0 |
Christoph von Dohnányi | 1977-1984 | 75 | 45% | 9,0 |
Kurt Horres | 1984 (3 Monate) | 12 | – | – |
Rolf Liebermann | 1985-1988 | 27 | 41% | 8,7 |
Peter Ruzicka | 1988-1997 | 121 | 26% | 8,6 |
Albin Hänseroth | 1997-2000 | 50 | 14% | 8,1 |
Louwrens Langevoort | 2000-2005 | 54 | 0% | 7,5 |
Simone Young | 2005-2015 | 148 | 19% | 8,1 |
Georges Delnon | 2015-(2022) | 94 | 17% | 7,8 |
Anzahl der gesehenen Aufführungen sowie Bewertung der sängerischen Leistungen unter den jeweiligen Intendanten nach einer 0-10 Skala
Dr. Ralf Wegner, 30. Dezember 2022, klassik-begeistert.de
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