Das Publikum ehrt Orchester und Chor mit stehenden Ovationen

Giacomo Puccini, Turandot, lyrisches Drama in drei Akten  Staatsoper Hamburg, 10. April 2024

Liang Li (Timur), Gregory Kunde (Calaf), Ewa Płonka (Turandot) (Foto RW)

Im Haus befand sich viel jugendliches Publikum. Eine richtige Entscheidung der Opernleitung. Man muss den jungen Leuten das Beste bieten, nur dann kommen sie vielleicht wieder und entwickeln genügend Resilienz bei minder herausragenden Aufführungen.

Turandot, lyrisches Drama in drei Akten
Musik von Giacomo Puccini, Finale komplettiert von Franco Alfano

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
musikalische Leitung  Daniele Callegari

Chor: Eberhard Friedrich
Inszenierung: Yona Kim
Bühnenbild: Christian Schmidt, Kostüme Falk Bauer

Staatsoper Hamburg, 10. April 2024


von Dr. Ralf Wegner

Nach dem gesanglich verunglückten Troubadour zählte diese Turandot-Aufführung neben der Tosca und dem Zweiakter Cavalleria rusticana/Pagliacci zu den drei gesanglich wirklich herausragenden Vorstellungen während der italienischen Opernwochen an der Hamburgischen Staatsoper.

Vor allem war dieses auf Gregory Kunde zurückzuführen, der als Calaf mit permanenter, nicht nachlassender Strahlkraft überzeugte. Von Anfang an zeigte er volle Leistung und beeindruckte mit farbreicher, auch im Piano klingender Stimme ebenso wie in den häufigen Aufschwüngen zum stählernen glanzvollen Forte, nicht nur bei dem Gassenhauer Nessun dorma am Anfang des dritten Aktes (den Schlusston hat er bei früheren Aufführungen schon länger gehalten), sondern auch bei den durchaus stimmlich fordernden Passagen im ersten Akt.

Gregory Kunde © Chris Gloag

Ewa Płonka hat als Turandot deutlich weniger zu singen, sie beginnt mit ihrer Eingangsarie In questa reggia ja erst, als die Oper schon halb vorbei ist. Ihre Stimme klingt jugendlich, ohne ein bei den Sängerinnen dieser Partie häufig störendes Vibrato. Sie verfügt auch über eine schöne Mittellage, die allerdings weniger zum Einsatz kommt. Zumeist bewegt sich die Partie der Turandot im Bereich der Schreigrenze, die sich bei kaum einer Sängerin besonders gut anhört. Bei Płonka gewöhnt man sich an das kristallin hell wirkende Forte, zumal es zur Rolle des eisumgürteten weiblichen Scheusals passt.

Denn Turandot lässt nicht nur die um sie werbenden Prinzen hinrichten und Liù foltern, sondern plant in dieser Inszenierung von Yona Kim auch zielgerichtet den Messermord an Calaf: Einer der drei Minister überreicht Turandot nach Liùs Hinscheiden den Dolch, mit dem sich diese zuvor getötet hatte. Mit einem solchen Ende hatte Calaf nicht gerechnet. Kunde sah man sein Erschrecken und seine Verwirrung ob dieser perfiden Liebeshingabe der Angebeteten am Ende der Oper an.

Calafs Vater Timur war mit Liang Li herausragend besetzt. Mit strahlkräftigem Bass forderte er seinen Sohn auf, von der Rätselprüfung zu lassen und besang schließlich sehr bewegend den Tod seiner Sklavin Liù. Diese wurde, vom Publikum viel bejubelt, von Adriana González herzergreifend gesungen. Aber die Sängerinnen der Liù ergreifen eigentlich immer, das liegt wohl an ihrem treuherzigen Opfertod.

Das Turandot-Ensemble  (Foto: RW)

Die Partien der die Handlung etwas in die Länge ziehenden Minister Ping, Pang und Pong wurden mit großem Erfolg beim Publikum von Frederic Mörth, Daniel Kluge und Florian Panzieri gesungen. Jürgen Sacher erwies sich mit leicht zittriger Stimme, aber nobler Darstellung als glaubwürdiger uralter Kaiser Altoum und Chao Deng überzeugte als Mandarin, der schließlich Turandot auf Wink des Kaisers zu Calaf in die Ewigkeit schickte.

Großer Jubel gebührte dem herausragenden Chor, des Weiteren galten stehende Ovationen dem Orchesterspiel unter Daniele Callegari. Im Haus befand sich viel jugendliches Publikum. Offenbar war zahlreichen Schulklassen noch die Gelegenheit gegeben worden, diese bedeutende Oper mit der wohl bekanntesten Arie der Opernliteratur von einem der wenigen Großen im heutigen Tenorgeschäft dargeboten zu bekommen: Von Gregory Kunde. Eine richtige Entscheidung der Opernleitung. Man muss den jungen Leuten das Beste bieten, nur dann kommen sie vielleicht wieder und entwickeln genügend Resilienz bei minder herausragenden Aufführungen.

Dr. Ralf Wegner, 11. April 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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