Fotos © Arnold Schönberg Center
Anlässlich des Internationalen Frauentags
Vilma von Webenau (1875-1953)
Sonate für Violoncello und Klavier (vor 1949)
Streichquartett (nach 1920)
Klavierquartett e-Moll (vor 1912)
Razumovsky-Quartett:
Anna Kandinskaya, Violine
Matthias Adensamer, Violine
Alexander Znamenskiy, Viola
Tobias Stosek, Violoncello
Nataša Veljković, Klavier
Irene Suchy, Moderation und Gespräch
Elisabeth Kappel, Autorin „Arnold Schönbergs Schülerinnen“
Arnold Schönberg Center, 8. März 2024
von Dr. Rudi Frühwirth
Vilma von Webenau war vermutlich die erste Privatschülerin Arnold Schönbergs. Wie fast alle seiner Schülerinnen geriet sie trotz eines umfangreichen Werks von hoher musikalischer Qualität in Vergessenheit.
Das Arnold Schönberg Center hat nun am Internationalen Frauentag dankenswerter Weise ein Konzert mit drei ihrer Werke angesetzt, die von ihrem Rang als Komponistin klares Zeugnis ablegen.
Nach einleitenden Worte der Moderatorin Irene Suchy hörten wir zunächst eine Sonate für Violoncello und Klavier. Die Sonate ist das einzige gedruckte Kammermusikwerk Webenaus und erschien 1949. Wann sie komponiert wurde, ist nicht mehr festzustellen. Klanglich erinnert die Sonate an Debussy, die interessanten Modulationen und dynamisch fortschreitenden Harmonien wie auch die motivischen Entwicklungen sind wohl eher dem Einfluss des Lehrers Schönberg zuzuschreiben. Die Interpretation durch die Pianistin Nataša Veljković und den Cellisten Tobias Stosek ließ keinen Wunsch offen.
Es folgte ein Gespräch der Moderatorin mit der Musikwissenschafterin Elisabeth Kappel, die im Jahr 2019 einen Monographie über Schönbergs Schülerinnen verfasst hat. Auch sie betonte, wie wenig über das Leben Webenaus bekannt ist, vermutlich aus mangelndem Interesse, aber auch auf Grund der dürftigen Quellenlage. Glücklicherweise blieb ein großer Teil ihres musikalischen Schaffens im Autograph erhalten und ist in der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt.
Das zweite Stück vor der Pause war ein Streichquartett, entstanden vor 1920. Die drei kurzen Sätze sind klanglich raffinierte Stimmungsbilder, die mit der traditionellen Quartettform nicht viel gemeinsam haben. Wieder gefielen mir die kühnen harmonischen Fortschreitungen, die zwar unkonventionell, aber doch sehr organisch wirken. Das Razumovsky-Quartett wurde dem Werk in allen Facetten gerecht.
Nach der Pause war das gewichtigste Stück des Abends zu hören, das Klavierquartett in e-Moll, entstanden vor 1912. Formal entspricht das Werk durchaus der Tradition der Gattung. Vor allem der Klavierpart ist recht virtuos angelegt. Wie zum Teil auch in den vorangegangenen Stücken beginnen und enden die Sätze erstaunlich konventionell, während sich dazwischen die volle Kreativität der Komponistin entfaltet.
Der erste Satz ist eine modifizierte Sonatenform. Nachdem vom Klavier vorgetragenen Hauptthema in e-Moll bringt das Streichtrio sogleich ein zweites in G-Dur. Durchführung wie Reprise fesseln durch einen schier unerschöpflichen Reichtum an melodischen und harmonischen Wendungen.
Der zweite Satz ist ein Adagio, eingeleitet von der Viola mit einer wunderschönen Melodie in A-Dur, die einige Male wiederkehrt, kontrastiert von lebhafteren Zwischenspielen.
Der dritte Satz ist weniger ein Scherzo als ein recht gemütlicher Ländler in der Art Schuberts, mit einem originellen Trio in geradem Takt.
Der letzte Satz beginnt mit einem einfachen, volksliedhaften Motiv, das dann im weiteren Verlauf mit dem für die Komponistin typischen Einfallsreichtum permanenten Umarbeitungen und Variationen unterworfen wird. Das Werk endet in strahlendem E-Dur.
Dem perfekten und expressiven Zusammenspiel der drei Mitglieder des Razumovsky-Quartetts mit der Pianistin dankte herzlicher Beifall.
Dr. Rudi Frühwirth, 11. März 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Das Konzert wurde aufgezeichnet und kann bis auf Weiteres in YouTube gehört und gesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=V8FAGe7Z1Lw.
Ich kann nur empfehlen, diese Gelegenheit wahrzunehmen und zu Unrecht verschollene Musik kennenzulernen!
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