Auch wenn schön gesungen wird, Bellinis Oper Norma will mir nicht gefallen

Vincenzo Bellini, Norma  Staatsoper Hamburg, 20. Februar 2024

Olga Peretyatko (Norma), Angela Brower (Adalgisa), Anna-Maria Torkel (Clotilde) (Foto: RW)

Olga Peretyatko punktete mit schöner, warmer Mittellage und sauber ausziselierten Piani, auch war sie schallstark genug für die dramatischen Forteausbrüche, geriet hierbei aber stimmlich auch an ihre Grenzen. Ihr dunkel timbrierter Sopran harmonierte perfekt mit dem helleren Klang der US-Amerikanischen Mezzosopranistin Angela Brower (Adalgisa). Marcelo Álvarez sang einen routinierten Pollione.

Norma
lyrische Tragödie in zwei Akten
Musik von Vincenzo Bellini

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
musikalische Leitung: Paolo Arrivabeni

Inszenierung: Yona Kim, Bühnenbild: Christian Schmidt, Kostüme: Falk Bauer

Staatsoper Hamburg, 20. Februar 2024

von Dr. Ralf Wegner

Mit dieser Oper werde ich mich wohl nie anfreunden. Schon die Ouvertüre wirkt banal. Bellini hat zwar durchaus Melodisches für die Sängerinnen und Sänger dieser Oper komponiert wie Normas berühmte Casta Diva-Arie, ihre Duette mit Adalgisa, auch das Terzett beider mit Pollione oder auch das Finale mit (fast) allen Beteiligten und dem Chor. Mir fehlt aber bei all dem der emotionale Tiefgang, die musikalisch profunde Auslotung der Gefühle, auf die sich Verdi so meisterhaft verstand. Schließlich hinterlässt Bellinis Melodik fast einen klebrig, überzuckerten Beigeschmack. Auch die schwerfällige, retardierende, immer wieder durch übles Kriegsgeschrei unterbrochene Liebeshandlung ermüdet mit der Zeit.

Die gallische Priesterin Norma wird mitsamt beider Kindern von dem römischen Feldherrn Pollione zugunsten der jüngeren Priesterin Adalgisa verlassen. Adalgisa, in Unkenntnis der Vorgänge, offenbart sich Norma, die ihr verzeiht, selbst als sie erfährt, dass Pollione der Angebetete ist. Pollione und Adalgisa werden von den Priesterinnen im Heiligtum aufgespürt und sollen geopfert werden. Aber Norma bekennt sich schuldig und stirbt den Feuertod.

Seungwoo Simon Yang (Flavio), Hubert Kowalczyk (Oroveso), Marcelo Álvarez (Pollione) (Foto: RW)

Über die mit sadistischen Quälereien gespickte Inszenierung will ich mich nicht noch einmal auslassen, auch nicht über den bunkerartigen, doppelstöckigen Container, in dem Norma ihre Kinder versteckt.

Aber zum Gesang: Olga Peretyatko punktete mit schöner, warmer Mittellage und sauber ausziselierten Piani, auch war sie schallstark genug für die dramatischen Forteausbrüche, geriet hierbei stimmlich aber auch an ihre Grenzen. Ihr dunkel timbrierter Sopran harmonierte perfekt mit dem helleren Klang der US-amerikanischen Mezzosopranistin Angela Brower (Adalgisa). Marcelo Álvarez sang einen routinierten Pollione. So ganz in die Rolle des Fieslings eintauchen wollte er aber auch nicht.

Herausragend besetzt waren die Nebenpartien mit Hubert Kowalczyk als Normas Vater Oroveso und mit kräftigem, schönen Klang Anna-Maria Torkel in der kleinen Rolle der Dienerin Clotilde. Weiterhin war es eine Freude, dem erst 26-jährigen südkoreanischen Tenor Seungwoo Simon Yang zuzuhören, der mit metallischem Kern und genügend Stimmschmelz den Freund Polliones namens Flavio sang. Leider hatte er nur wenig Noten, man hätte gern mehr von ihm gehört. Vielleicht wäre er später einmal ein herausragender Pollione.

Die Damen und Herren vom Chor (Foto: RW)

Dr. Ralf Wegner, 21. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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